Sieg vor dem Bundesverfassungsgericht im Fall Guru
Stärkung für die Pressefreiheit: Die VRM reichte Verfassungsbeschwerde ein. Auf oberster Instanz ist nun entschieden: Über Andreas Hortmann durfte so berichtet werden.
Karlsruhe/ Mainz/ Darmstadt-Dieburg. In der Berichterstattung über die sektenähnliche Gemeinschaft um „Psycho-Guru” Andreas Hortmann ist das „Darmstädter Echo” in seinem Recht auf Pressefreiheit verletzt worden. Dieses Urteil hat das Bundeserfassungsgericht in Karlsruhe nach einer Verfassungsbeschwerde der Herausgeberin der Zeitung, die VRM Medien, am Freitag veröffentlicht. Konkret geht es bei der Entscheidung um den Artikel „Aussteiger packen aus: So geht es in der Guru-Gemeinschaft zu”, der im September 2020 erschienen ist und um einen darauf folgenden Rechtsstreit.
In Lichtenberg im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg siedelten sich Anhänger einer sektenähnlichen Gemeinschaft rund um den Psychologen Andreas Hortmann an. Vor einigen Jahren zog das selbsternannte „Sprachrohr Gottes“ von Wiesbaden nach Südhessen. In dem 450-Seelen-Dorf regte sich starker Widerstand dagegen, eine Bürgerinitiative wurde gegründet. Christina Kolb und Thomas Bach vom „Darmstädter Echo” berichteten ausführlich über die Vorkommnisse, bis hin zum Wegzug Hortmanns vor einem Jahr. In dem Artikel, in dem es nun vor dem Bundesverfassungsgericht ging, kam ein ehemaliges Mitglied der sektenähnlichen Gemeinschaft zu Wort. Dieses führte an, dass sich Hortmann als „Vertreter von Gott und der absoluten Wahrheit” sehe. Es gebe in der Gemeinschaft eine Petz- und Denunziationskultur.
Andreas Hortmann sah seine Persönlichkeitsrechte verletzt – zu Unrecht
Eine Aussteigerin sagte, dass Andreas Hortmann den Staat ablehne und sich seine Seminargebühren in bar bezahlen lasse. Darin sah Hortmann in seinen allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Er klagte auf Unterlassung der Berichterstattung. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main gab ihm recht.
Die VRM wehrte sich gegen die Entscheidung. Das Bundesverfassungsgericht befand nun, dass die Berichterstattung zulässig war. Die Presse müsse in ihrer Berichterstattung wiedergegebene Meinungen anderer Personen in der Regel nicht begründen. Vermische sich – wie hier – in einer wiedergegebenen Aussage eine Meinung mit einer Tatsachenbehauptung, sei die Berichterstattung mit einer „hinreichenden Tatsachengrundlage” zulässig. Das OLG muss nun neu über das Verfahren entscheiden.
„Durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sehen wir uns in unserem Vorgehen bestätigt und begrüßen die Entscheidung als ein wichtiges Signal und einen großen Erfolg für das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit”, kommentiert Joachim Liebler, Geschäftsführer und Herausgeber der VRM GmbH & Co. KG, das Urteil. „Diese letztinstanzliche Entscheidung wirkt zudem ermutigend und bestätigend auf die beharrliche und qualitätsvolle redaktionelle Arbeit der Kolleginnen und Kollegen – gegen Widerstände und im Dickicht komplexer presserechtlicher Sachverhalte. Ein guter Tag und ein gutes Ergebnis für den Journalismus in Deutschland.“
Auch Dr. Christian Russ, der Anwalt, der die VRM im Fall Hortmann vertrat, zeigte sich erfreut über die Entscheidung: „Sie ist von erheblicher Bedeutung für die Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland”, kommentiert der Jurist. „Der Verlag bekam nun beim höchsten deutschen Gericht Recht: Die Entscheidung stärkt die Pressefreiheit, weil sie festschreibt, dass die Presse die innere Einstellung von Personen bewerten und einschätzen darf, ohne Unterlassungsansprüchen der Betroffenen ausgesetzt zu sein.”