Hier wohnt es sich im Kreis Darmstadt-Dieburg bald teurer

Für Mieter und Wohnungseigentümer im Landkreis Darmstadt-Dieburg wird es teurer, denn viele werden mehr Grundsteuer B zahlen müssen. Foto: Patrick Pleul/dpa

Der Kreis bittet nach der Krise nun seine Kommunen zur Kasse – und die bald ihre Bürger? Was auf Hausbesitzer und Mieter in Darmstadt-Dieburg zukommen könnte.

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DARMSTADT-DIEBURG. Für Mieter und Wohnungseigentümer im Landkreis Darmstadt-Dieburg wird es teurer. Neben der ohnehin gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten zahlen viele künftig auch mehr Grundsteuer.

Für Mieter und Wohnungseigentümer im Landkreis Darmstadt-Dieburg wird es teurer, denn viele werden mehr Grundsteuer B zahlen müssen. Foto: Patrick Pleul/dpa

Dazu bei trägt der Haushalt für die Jahre 2022 und 2023, den die Koalition aus SPD und CDU in der jüngsten Sitzung des Kreistags beschlossen hat. Dieser sieht unter anderem vor, um das Minus des Kreises auszugleichen, den Gesamthebesatz für die Kreis- und Schulumlage um weitere 0,85 Prozentpunkte zu erhöhen. Heißt: der Kreis will mehr Geld von den Kommunen. Und die werden ihre Bürger zur Kasse bitten.

Dabei zählt der Landkreis zu denjenigen 21 Landkreise Hessens, der die höchste Kreisumlage hat. Kreisumlagen sind Zahlungen, die die Städte und Gemeinden leisten müssen, um den Finanzbedarf eines Landkreises ganz oder teilweise zu decken.

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Finanzielle Belastungsgrenze ist erreicht

Für die Erhöhung des Gesamthebesatzes, die ursprünglich sogar um 1,55 Prozentpunkte geplant war, hagelte es vorab nicht nur Kritik aus der Opposition. In einem gemeinsamen Brandbrief warnten die Bürgermeister des Landkreises davor, dass „die finanzielle Leistungsgrenze vieler Kommunen im Landkreis“ längst erreicht sei.

Konsequenzen aus der Erhöhung der Hebesätze, so die Bürgermeister weiter, könnten nicht nur die Streichung freiwilliger Leistungen sein – dazu zählen Kultur-, Seniorenangebote oder Vereinsförderung –, sondern auch Erhöhungen der Grundsteuer B. Diese ist eine wichtige Einnahmequelle der Gemeinden und die wichtigste Möglichkeit, die Gemeindesteuern zu beeinflussen. Die Grundsteuer B ist für Grundstücks- und Wohneigentum zu zahlen. Vermieter können sie über die Nebenkosten auf die Mieter umlegen.

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Welche der 23 Kommunen nun an welcher Stellschraube dreht? Sobald der Kreishaushalt vom Regierungspräsidium genehmigt ist, fängt man in den Rathäusern das Rechnen an. Gewarnt jedenfalls haben 22 der 23 Bürgermeister bereits, dass da etwas dräut.

Mieterbund: Wohnraum im Kreis kaum noch bezahlbar

Auch der Mieterbund Darmstadt-Region Südhessen rechnet damit, dass nun die Mieter im Landkreis noch stärker zur Kasse gebeten werden. Der Verein appelliert an die Städte und Gemeinden, die Hebesätze nicht zu erhöhen. „Angesichts der gestiegenen Energie- und weiterer Nebenkosten machen wir uns ernsthaft Sorgen, wie es sich dann noch Menschen, selbst Normalverdiener, leisten können, im Landkreis zu wohnen“, sagt Kyra Seidenberg, stellvertretende Geschäftsführerin des regionalen Mieterbunds.

Die Hebesätze liegen in den einzelnen Städten und Gemeinden des Kreises insgesamt auf einem hohen Niveau. Der durchschnittliche Hebesatz der 23 Kreis-Kommunen stieg 2022 gegenüber dem Vorjahr um zwölf Prozentpunkte auf 483 Prozent. Dieser Wert liegt knapp über dem hessischen Durchschnitt. Die Hebesätze klaffen allerdings im Kreis weit auseinander. Erzhausen und Messel stehen mit 630 und 600 Prozent an der Spitze im Kreis. In Alsbach-Hähnlein und Eppertshausen müssen die Steuerzahler mit jeweils 365 Prozent am wenigsten berappen (siehe Grafik). Je nach Größe des Hauses oder der Wohnung kann etwa die jährliche Grundsteuer in Erzhausen mehrere Hundert Euro über der in Eppertshausen liegen.

Der Bund der Steuerzahler Hessen kritisiert, dass nachdem es im vergangenen Jahr keine Erhöhungen im Landkreis gegeben habe, 2022 mit Erzhausen und Messel wieder zwei Kommunen an der Steuerschraube gedreht hätten. Erzhausen hob den Hebesatz der Grundsteuer B gegenüber dem Vorjahr um 180 und Messel um 93 Prozentpunkte. „Das sind erhebliche, massive Erhöhungen, die nicht dem Ziel entsprechen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, sagt Jochen Kilp, Experte für kommunale Finanzpolitik beim hessischen Steuerzahlerbund.

Die Gemeinde Erzhausen habe die Erhöhung gegenüber dem Steuerzahlerbund mit gestiegenen Ausgaben begründet, hauptsächlich für die Kinderbetreuung, für Personal sowie für Maßnahmen zur Digitalisierung und zum Klimaschutz.

Steuererhöhungen, die einseitig die Bürger belasteten sollten vermieden werden, so Kilp. „Wir fordern die Gemeinden nicht dazu auf zu verzichten, sondern Prioritäten zu setzen. Zu prüfen: Was müssen wir jetzt umsetzen und was kann später dran.“ Die kommunalen Finanzen müssten dauerhaft krisenfest gemacht werden, nach dem Motto: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“

Enorme Neuverschuldungen, die Konsolidierungserfolge der jüngeren Vergangenheit gefährdeten, müssten vermieden werden, so Kilp weiter. Kostspielige Neubauten zum Beispiel sollten angesichts der aktuellen Baukostenexplosionen besser hinten angestellt werden zugunsten nötiger Projekte, etwa Schulbausanierungen.