Hass im Netz: Mühltalerin wird zur Zielscheibe

Mühltals Bürgermeisterkandidatin Dr. Linda Frey hat Hass und Hetze gegen ihre Partei auf Facebook erfahren.
© Christina Kolb

Grünen-Politikerin Dr. Linda Frey kandidiert für das Amt der Bürgermeisterin in Mühltal. Sie schildert, wie sie mit Diffamierung in den Sozialen Medien umgeht.

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Mühltal.Mit zunehmender Digitalisierung gibt es auch immer mehr Hass und Hähme im Netz. Diffamierungen im Internet richten sich nach Angaben des Weißen Rings, einer Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität, oft gegen Minderheiten, etwa Menschen mit Migrationshintergrund, Homosexuelle oder Behinderte. „Unter enormen Anfeindungen leiden auch Politiker und Amtsträger“, teilt der Weiße Ring mit.

Anfeindungen gehen gegen die Partei

Aufgrund ihrer politischen Funktion hat auch Dr. Linda Frey bereits Diffamierungen im Netz zu spüren bekommen. Seit 2020 ist sie Mitglied der Grünen in Mühltal, unter anderem Vorsitzende des Haupt- und Finanzausschusses sowie Ortsverbandsvorsitzende. Jetzt kandidiert sie um das Amt der Bürgermeisterin in Mühltal. Seitdem ist sie auch auf Facebook vertreten. „Die Anfeindungen gingen in meinem Fall nicht persönlich gegen mich als Bürgermeisterkandidatin, sondern immer gegen meine Partei“, erzählt sie. Von den Administratoren der „Mühltal-Gruppe“ auf Facebook werden beispielsweise Podcasts von und mit ihr oder Artikel, die Mühltal und die Grünen betreffen, gepostet. Da sei es schon häufig vorgekommen, dass in den Kommentaren unter den Posts Nutzer Hass-Botschaften wie „Scheiß Grüne, ihr macht unser Land kaputt“, oder „Ihr Ärsche, euch Grünen ist zu verdanken, dass die Spritpreise in Deutschland so hoch sind“ hinterlassen, erzählt sie. Dabei sei es um Kommunalpolitik, beispielsweise um die Schwimmbadpreise in der Gemeinde gegangen, und nicht um Bundespolitik.

Bürgermeisterkandidatin geht gelassen mit den Anfeindungen um

Wie geht sie damit um, wenn Falschmeldungen über ihre Partei gepostet werden? Anfangs, schildert Frey, sei es ihr noch persönlich nahe gegangen, wenn die Leute in der der 3500-Personen zählenden Facebook-Mühltal-Gruppe gegen die Grünen, gegen Frauen oder Radfahrer gepöbelt hätten. Sie hat die Posts eigenhändig gelöscht. Auch wenn die Hass-Kommentare nie gegen ihre Person gerichtet waren, hat sie sich indirekt betroffen gefühlt und innerlich aggressiv gemacht. Beruhigt hat sie jedoch die Feststellung: „Kommentare haben prinzipiell ein sich selbst verstärkendes Phänomen“, sagt Linda Frey und ergänzt: „Fängt einer einmal an negative Bemerkungen zu schreiben, gehen alle in diese Richtung, das gleiche gilt aber auch für positive Rückmeldungen – auch da ziehen alle nach.“

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Zunächst habe sie noch versucht, die Anfeindungen gegen sich oder die Grünen inhaltlich zu erklären. „Aber das funktioniert nicht“, sagt Frey. Selbst dann nicht, wenn offensichtlich Fake News in den Kommentaren verbreitet wurden. „Dies war der Fall, als eine Nutzerin behauptet hat, man dürfe Wahlplakate nicht an Verkehrsschildern anbringen. Das gilt zwar in vielen anderen Städten und Gemeinden, in Mühltal ist das jedoch erlaubt“, erklärt Linda Frey. Mittlerweile versuche sie, die Anfeindungen gelassen zu nehmen. „Wenn man sich klar macht, dass die User eigentlich keine Argumente haben, kann man eigentlich eher Mitleid haben.“

Jedoch sieht auch Linda Frey durch den Hass und die Anfeindungen im Netz die Demokratie in Gefahr. „Es verhindert ausgewogene Diskussionen beziehungsweise macht sie fast unmöglich, dabei wäre ein Austausch auf Augenhöhe wichtig.“

Hass greift Demokratie an

Das bestätigt der Weiße Ring: „Hass greift die Säulen der Demokratie an: Er drängt Politiker aus den Parlamenten, er verleidet Bürgern das Ehrenamt, er sprengt Diskussionen im Internet.“ Schon jetzt belegten Studien, dass die zunehmenden Beleidigungen und Bedrohungen im Netz die Meinungsfreiheit beschädigen.

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„Privat hätte ich mich auf Facebook längst abgemeldet“, sagt Frey. Auch ihren Parteimitstreitern, von denen einige wenige mal auf die Hasskommentare im Netz geantwortet hätten, schreiben lieber gar nichts mehr. „Es ist ihnen einfach zu blöd, aus diesem Grund sind die Grünen kaum auf Facebook unterwegs, es bringt nichts außer Anfeindungen“, sagt die Bürgermeisterkandidatin.