Ob Flüchtlingscontainer in Roßdorf oder auch Papierfabrik in Eberstadt: Vier junge Männer könnten die Feuer gelegt haben. Einer davon ist angeblich sogar Feuerwehrmann.
Darmstadt-Dieburg. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft verzeichnen gemeinsam einen großen Ermittlungserfolg, der für einige Erleichterung in den Kommunen im Korridor zwischen Darmstadt und Groß-Umstadt entlang der Bundesstraßen 426 und 26 sorgen dürfte: Die südhessischen Polizeibeamten haben vier Tatverdächtige festgenommen, die für zahlreiche Brände im Landkreis Darmstadt-Dieburg sowie für den Brand einer Papierfabrik in Eberstadt in Frage kommen. Dass einer der Verdächtigen, ein 22 Jahre alter Mann aus Roßdorf, dabei Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr sein soll, erinnert an einen Fall aus Groß-Zimmern vor zwölf Jahren: Damals gab es auch eine Serie von Brandstiftungen, schließlich erhängte sich ein 17-Jähriger und gab in seinem Abschiedsbrief drei Taten zu. Ihm ging es damals darum, den Zusammenhalt innerhalb der Feuerwehr zu stärken.
Im aktuellen Fall waren zwei der Beschuldigten, 23 und 25 Jahre alt, bereits am 18. Mai nach dem Brand eines Autos in Roßdorf auf frischer Tat festgenommen und einem Haftrichter vorgeführt worden. Seit Samstag, 27. Mai, und Freitag, 2. Juni, befinden sich auch ihre mutmaßlichen Mittäter, ein 18-Jähriger aus Groß-Umstadt und der 22 Jahre alte Mann aus Roßdorf, in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht Darmstadt hatte auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehle wegen des dringenden Tatverdachts der Brandstiftung in mehreren Fällen gegen alle Festgenommenen erlassen. Derzeit schweigen die Verdächtigen, erklärt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Darmstadt, Robert Hartmann, auf Anfrage dieser Redaktion. „Ein politisches Motiv können wir aber schon ausschließen“, sagt Hartmann.
Für wie viele Brände sind die Männer verantwortlich?
Seit Beginn des Jahres 2023 kam es vor allem in den Ortschaften Roßdorf (14. Mai), Reinheim (29. März), Gundernhausen (11. Februar und 13. Mai), Groß-Umstadt (27. März) und Ober-Ramstadt (26. Februar) immer wieder zu Bränden von Holzstapeln, Scheunen, Lagerhallen, Baumaterial und Fahrzeugen. Insbesondere der Vollbrand einer noch unbewohnten Container-Anlage für Flüchtlinge Ende April in Roßdorf sowie der Brand der Papierfabrik Anfang Mai in Eberstadt hatten für Aufsehen gesorgt und die Bevölkerung laut Polizei „stark verunsichert“. Bis Ende Mai dieses Jahres zählt die Kripo Darmstadt mehr als zehn Brände, für die die Festgenommenen als Täter in Betracht kommen. Der geschätzte Gesamtschaden beläuft sich auf mehrere Millionen. Genauere Schätzungen gibt es noch nicht, weil es so viele unterschiedliche Brände waren. Glücklicherweise kamen bei den Taten keine Personen zu Schaden. Ausgeschlossen sei es nicht, dass auch noch weitere Taten auf die Konten der vier jungen Männer gehen, so Oberstaatsanwalt Robert Hartmann. „Wir prüfen das gerade“, sagt er.
Aufgrund ihrer akribischen Ermittlungsarbeit und der Auswertung an den jeweiligen Brandorten waren die Kripobeamten auf die Spur der Tatverdächtigen gelangt, die mutmaßlich in wechselnder Beteiligung agierten. Ein großer Dank der Polizei gilt auch den Zeugen, deren Hinweise und sofortige Verständigung unter anderem in die unmittelbare Festnahme zweier Beschuldigter nach dem Brand eines BMWs in Roßdorf mündete.
Männer sind nicht vorbestraft
Bei den Wohnungsdurchsuchungen der Verdächtigen stellten die Ermittler Beweismittel sicher. So gelangten die Ermittler etwa in den Besitz der Mobiltelefone. Daraus ließ sich schon einiges ableiten, erklärt Hartmann und nennt als Stichwort „digitalforensische Spuren“. „Infolge der fortlaufenden und intensiven Ermittlungen verdichteten sich zunehmend die Indizien und führten schlussendlich zu den Festnahmen der beiden mutmaßlichen Mittäter aus Roßdorf und Groß-Umstadt“, drückt dies die Polizei aus.
Die Staatsanwaltschaft geht derzeit davon aus, dass die Täter sich mit dem Auto jeweils zu den Tatorten oder zumindest in die Nähe davon begeben hatten. In Roßdorf war schon der Verdacht aufgekommen, dass sie mit dem Rad unterwegs sein könnten, weil alle Tatorte an einem Radweg lagen.
Vorbestraft sind alle Tatverdächtigen bislang nicht. Bislang schweigen sie zu den ihnen vorgeworfenen Taten. Das habe in der Regel mit der anwaltschaftlichen Vertretung zu tun, erklärt Hartmann. In der Regel ist dies zu Beginn ein Pflichtverteidiger. „Meistens ist es dann so, dass die Anwälte raten, zu Beginn mal nichts zu sagen“, erklärt Hartmann. Das könne sich aber durchaus noch ändern.