Ansturm auf Kamine und Heizöfen

Nicht mehr nur Deko: Viele Menschen sehen in Kaminen und Öfen eine Alternative zum Heizen mit Erdgas oder Öl. Der Markt ist leergefegt, auch im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Archivfoto: dpa

Handwerker in Darmstadt-Dieburg können sich vor Aufträgen kaum retten. Während die Lieferzeiten immer länger werden, steigt inzwischen auch der Preis für Brennholz und Pellets.

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DARMSTADT-DIEBURG. Wegen der unsicheren Lage beim Gasimport aus Russland nach dem Angriffskrieg Wladimir Putins auf die Ukraine sorgen sich viele Menschen und suchen nach Alternativen beim Heizen. Doch Kamin- und Holzöfen sind bundesweit derzeit kaum zu bekommen, haben sehr lange Lieferzeiten.

Auch im Landkreis können sich Installateure und Kaminbauer kaum vor Aufträgen verunsicherter Kunden retten, die sich eine zusätzliche Heizmöglichkeit einbauen lassen wollen. Allerdings ist seit Jahresbeginn auch Holz zum Teil um 50 Prozent teurer geworden. Das gilt für Brennholz und Pellets.

Wartezeiten bis zu einem Jahr

„Mit Ausbruch des Krieges am 24. Februar ist die Nachfrage explodiert“, sagt Frank Eibisch, Sprecher des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK): „Die Menschen sind verunsichert oder gar verängstigt.“ Auslöser seien die sprunghaft gestiegenen Gas- und Heizölpreise und auch die Sorge, dass die Heizung im Winter kalt bleiben könnte. Der Verband kann dazu nur wenig Tröstliches vermelden. Einige Kunden würden ihren bestellten Ofen wohl nicht mehr vor Ende des nächsten Winters bekommen. Die Wartezeit liegt laut ZVSHK zum Teil bei einem Jahr.

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Dass es lange Wartezeiten gibt, bestätigen auch Ofenbauer-Betriebe aus der Region. So teilt Mario Harz („Ofenbauer Harz“) aus Frankenhausen per Bandansage am Telefon mit, dass er derzeit keine Aufträge annehmen könne, seine Bücher seien voll bis Juni 2023: „Der Markt ist komplett leergekauft.“ Erst ab Januar habe er wieder Kapazitäten. „In diesem Jahr arbeite ich Zusagen an Kunden ab, die ich schon lange gemacht hatte.“ Er habe vor Weihnachten für 60.000 Euro Material gebunkert: „Deshalb kann ich in diesem Jahr entspannt arbeiten.“

Specksteinofen: Zehn Kilo Holz reichen für 12 Stunden Wärme

Das Unternehmen „WohnKamine“ in Groß-Zimmern vertreibt nach Angaben von Paul Czajka nur Öfen eines finnischen Herstellers, die binnen acht Wochen lieferbar seien. Konventionelle Teile wie zum Beispiel aus Stahl hätten allerdings eine Lieferzeit von zwölf bis 13 Monaten.

Die Öfen aus Speckstein zeichneten sich nach Angaben des Geschäftsführers vor allem durch eine hohe Speicherleistung aus. „Zehn Kilo Holz sorgen für zwölf Stunden Wärme“, betont Czajka und lobt: „Holz ist ein nachwachsender Rohstoff und sorgt für nachhaltige Wärme.“

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Dass die Holzpreise so stark gestiegen seien, sorge allerdings für einen faden Beigeschmack. Kostete der Festmeter vor einem Jahr 120 Euro, so Czajka, müsse er nun 160 Euro dafür bezahlen: Dennoch wirbt er für Holzkamine: „Jeder sollte einen Holzkamin im Wohnzimmer haben – schon wegen des romantischen Effekts. Das ist wahrer Luxus.“

Lieferkette auch wegen Corona lahmgelegt

Viele importierte Teile kämen aus China, berichtet der Zentralverband Sanitär Heizung Klima. Aufgrund der immensen Nachfrage und personeller Schwierigkeiten wegen Corona seien aber auch in Deutschland produzierte Produkte von Lieferproblemen betroffen, so der ZVSHK und nennt als Beispiel die Schamotte – das feuerfeste Material, mit dem der Feuerraum des Ofens ausgekleidet wird. In Öl- und Gasbrennern seien inzwischen auch elektronische Teile verbaut, die zum Beispiel die Verbrennungsluft elektronisch steuern, erläutert Eibisch. Auch hier gebe es momentan Engpässe.

Wolfgang Sporer ist Geschäftsführer des in Erzhäuser Familienbetriebs „Sporer Kaminbau“. Auch er verzeichnet eine große Nachfrage nach Kaminen. „Die Leute denken, wir müssen mit Holz heizen, damit die Bude warm bleibt.“ Viele hätten sich auch im Internet umgesehen, so Sporer, würden dort aber oft belogen: „Die Firmen versprechen eine Lieferzeit von ein bis zwei Wochen, halten das aber nicht ein.“

Hohe Nachfrage auch bei Außenwand Schornsteinen

Auch bei „Iso Kamin“ in Griesheim ist laut Geschäftsführer Peter Kastl derzeit viel los. „Wir schieben Termine schon ins neue Jahr.“ Schwerpunkt des Betriebs mit drei Mitarbeitern sei allerdings der Schornsteinbau: „Das Ofengeschäft läuft so mit.“ Vermehrte Nachfrage gebe es derzeit nach Außenwand-Schornsteinen.

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Seit Anfang dieser Woche dürfte die Verunsicherung noch gestiegen sein: Am Montag schaltete Russland die Gaspipeline Nord Stream 1 für Wartungsarbeiten ab. Die Zwangspause soll nach zehn Tagen beendet sein. Doch im Westen rechnet man damit, dass es auch länger dauern könnte, bis wieder Gas aus Russland strömt. Manche argwöhnen sogar, dass Putin die Leitung gar nicht mehr öffnen könnte.

„Das befeuert die Nachfrage“, sagt dazu ZVSHK-Sprecher Eibisch, betont aber zugleich, dass Holzöfen allein nicht für ein Heizsystem ausreichten: „Das hat eher was mit Behaglichkeit zu tun.“