Eine Fülle unterschiedlicher Termine füllt den Kalender der evangelischen Kirche im Lutherjahr. Die lukullisch-kulturelle Feier des Reformationsjahrs im evangelischen...
GROSS-ZIMMERN. Eine Fülle unterschiedlicher Termine füllt den Kalender der evangelischen Kirche im Lutherjahr. Die lukullisch-kulturelle Feier des Reformationsjahrs im evangelischen Gotteshaus wird den rund 70 Gästen sicher lang in Erinnerung bleiben. Neben dem kulinarischen Ausflug ins Mittelalter schlüpfte ein Akteur leibhaftig in die Rolle des Reformators: Der Schauspieler Christian Klischat brillierte als Dr. Martin Luther.
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Natürlich ist alles Fiktion, aber so ähnlich könnte es sich im Hause Luther zugetragen haben. Wenn etwa Gemahlin Katharina von Bora den Gatten und seine zahlreichen Besucher mit schmackhaften Speisen verwöhnte. Rund 70 Besucher nehmen an massiven Tischen Platz. Der gesamte Kirchenraum musste diesem „Bühnenbild“ weichen.
Das Personal trägt Speisen auf. Und während sich die Besucher an herzhaftem Bauernbrot, Gänseschmalz, Eintopf und Würzwein gütlich tun, harrt man des Auftritts des großen Reformators. Die Saiten einer Laute (gespielt von Stephan Klischat) erklingen, als der Gastgeber auftritt.
Luther nimmt einen kräftigen Zug aus dem Weinkrug. Und stimmt eine seiner berühmten Tischreden an. Wie die Perlen eines lauen Sommerregens dringen Luthers Worte an seine Zuhörer. Schließlich ergießt sich eine Kaskade, einem Wasserfall gleich, über das ahnungslose Publikum. Das Charisma des Darstellers ist unmittelbar einnehmend. Derb, polternd, mal frivol und zynisch, mal flüsternd, weise, lässt er den großen Kirchenmann auferstehen. Die Präsenz Luthers gleicht einem Feuerwerk.
Christian Klischat, Schauspieler am Staatstheater Darmstadt, interpretiert die Person Luthers mit einer Intensität, die Wirklichkeit und Fiktion verwischt. Die Auswahl der berühmten Texte entlarvt nicht nur den Reformator. Sondern auch einen Querdenker, einen modernen, sinnlichen Menschen: „Wein und Weiber bringen manchem Herzensleid – doch wollen wir deshalb den Wein weg gießen?“ und „Man darf das Weib nicht anders behandeln als sein eigen Fleisch!“. Trotz veralteter Sprache begeistert die bildhafte Rhetorik. Versüßt wird die Begegnung mit Dr. Martin Luther von zeitgenössischen Speisen und Getränken.
„Bei Luthers gab es kein Arme-Leute-Essen“, erklärt Manuela Bodensohn. Die Gemeindereferentin ist Impulsgeberin des Abends, den man so in der evangelischen Kirche noch nie erlebte. Eine Hommage an den Reformator, die man mit allen Sinnen kosten durfte.