Mit den Anlagen verschwindet in diesem Jahr der erste Teil der umstrittenen Bahnstrecke von Reinheim nach Groß-Bieberau.
REINHEIM/GROSS-BIEBERAU. Der erste Teil der Bahnstrecke zwischen Reinheim und Groß-Bieberau – inzwischen auch „Gersprenztalbahn“ genannt – wird wohl in diesem Jahr verschwinden. Das Kreisbauamt hat der Mitteldeutschen Hartstein-Industrie als Besitzerin die Genehmigung erteilt, die Verladeanlagen am ehemaligen Groß-Bieberauer Bahnhof zu entfernen. Somit startet der Abriss der zuletzt heiß diskutierten Strecke zumindest in einem ersten Teilbereich.
Innerhalb der kommenden drei Jahre muss der Abbruch der Anlagen erfolgen, teilt Kreissprecherin Annika Schmid mit. So lange gilt die Abbruchgenehmigung. Laut Dr. Jürgen Aretz vom Vorstand der MHI soll es aber nicht so lange dauern: „Im Laufe des Jahres“, sagt er, „wir sind gerade dabei, ein Unternehmen zu suchen. Wann wir den Auftrag erteilen können, steht aber derzeit noch nicht fest.“ Eine kurzfristige Angelegenheit werde es jedenfalls nicht.
Der möglichen Reaktivierung der Strecke, die derzeit aus einigen Nachbarkommunen und vor allem von Interessenverbänden wie der Odenwaldbahn-Initiative gefordert wird, stehe dies nicht im Weg, betont Aretz. Auch der Groß-Bieberauer Bürgermeister Edgar Buchwald (SPD) erklärt, dass es bei dem Abriss der Verladeanlagen zunächst darum gehe, das Gelände am ehemaligen Bahnhof „ordnungsgemäß herzustellen“. Heißt: Dort sollen neue Gebäude entstehen, die Brache soll verschwinden. Die Strecke sei zwar stillgelegt, allerdings noch lange nicht entwidmet. Das bedeutet, dass die Trasse freigehalten werden muss. Egal, ob dort noch Gleise liegen oder nicht. Selbst, wenn die Gleise einmal entfernt sein werden, müsste dies der Fall sein. Laut Buchwald kein Problem. „Wir wollen die Trasse nicht auf Teufel komm raus loswerden“, sagt er, „wir können auch einen Grünstreifen dort einplanen, um sie freizuhalten.“ Freilich gibt es eine einstimmige Resolution aus dem Groß-Bieberauer Parlament, die sich gegen eine Reaktivierung ausspricht. Demnach ist die Entwidmung dieser Strecke das erklärte Ziel der Stadt Groß-Bieberau.
Ein Ziel, das gerade in den Nachbarkommunen und bei den Interessenverbänden auf Widerstand stößt. Am Dienstagabend war das Thema auch Gegenstand von Diskussionen im Reinheimer Parlament. DKP und Reinheimer Kreis hatten beantragt, die Entwidmung abzulehnen und sich die Option der Reaktivierung so offen zu halten. Der Antrag wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Stattdessen wurde ein Antrag der SPD beschlossen, zunächst eine Stellungnahme der Darmstadt-Dieburger Nahverkehrsorganisation (Dadina) abzuwarten, ob sich der Betrieb einer Gersprenztalbahn als Ergänzung zur Odenwaldbahn überhaupt lohnen würde. Diese soll laut Dadina bis zum Sommer vorliegen. Bei der zurückliegenden Sitzung war zu dem Thema kein Beschluss gefasst worden. Nun gibt es ihn. „Dieser Antrag greift für uns zu kurz“, sagte DKP-Fraktionsvorsitzender Arno Grieger. Und Hans Friedrich Kammer bezeichnet den Nahverkehr als „stille Reserve“, die gebraucht werde, weil der Straßenverkehr seit Abplanung der Nordostumgehung in Darmstadt kaum mehr erweitert werden könne. „Wir sollten die Gersprenztalbahn nicht leichtfertig versenken“, sagte er. Bei der Pfungstadtbahn habe die Reaktivierung vor acht Jahren auch funktioniert, sagte er.
Stillgelegt ist die Strecke seit 31. März 2018. Nun wurde die Genehmigung erteilt, die Verladeanlagen zu entfernen. Der nächste Schritt wäre die Entwidmung, die allerdings noch nicht beantragt ist. Beantragt ist laut Dieter Ohl vom Regierungspräsidium noch nicht mal der Abbruch der Gleise. Somit werden diese wohl vorerst noch liegen bleiben.