Die Dämmerung hat schon eingesetzt, aber am Ende eines sonnigen Vorfrühlingstags liegt noch ein zauberhaftes Licht auf der Fassade von Schloss Lichtenberg. Unten, auf einem...
LICHTENBERG. Die Dämmerung hat schon eingesetzt, aber am Ende eines sonnigen Vorfrühlingstags liegt noch ein zauberhaftes Licht auf der Fassade von Schloss Lichtenberg. Unten, auf einem Parkplatz im ehemaligen Städtchen, wo einmal ein Stadttor stand, versammeln sich die Teilnehmer einer geschichtsträchtigen Fackelwanderung um den Amtmann Graf Bernhard von Waldeburg, der einst für die Landgrafen von Hessen die Geschäfte auf dem Schloss leitete.
Für das hohe Alter der historischen Figur sieht Bernd Dürrwald recht frisch aus. Er ist einer der Fischbachtaler Geopark-Begleiter vor Ort und erklärt: „Die Sache mit dem Amtmann haben wir zum ersten Mal zum Tag des offenen Denkmals im vergangenen Jahr gemacht. Das ist sehr gut angekommen, und deshalb wollten wir das wiederholen, aber in einer neuen Form. So sind wir auf die Idee mit der Fackelwanderung gekommen.“
Niemals eingenommen, nun bedeutendes Denkmal
Während sich das Abendlicht auf der Fassade des Schlosses nach und nach verliert, gibt Dürrwald den Teilnehmern – überwiegend Familien aus dem Fischbachtal selbst – eine Einführung in die Geschichte des mächtigen Gebäudes, das zu den wenigen Landmarken des Landkreises Darmstadt-Dieburg von überregionaler Bedeutung gehört: Einst Burg, deren Anfänge unbekannt sind, später zum Schloss umgebaut, niemals eingenommen, jetzt bedeutendes Denkmal.
Dann werden die Wachsfackeln ausgegeben. Erste Station ist nicht das Schloss, sondern das Bollwerk, das derzeit eingerüstet ist und als Baustelle nicht bestiegen werden kann. Gleichwohl bietet auch der Pfad am Fuß des Batterieturms eine ausgezeichnete Sicht auf die mächtigen Baukörper gegenüber.
Das Schloss ist das nächste Ziel. Der Begriff „Wanderung“ vermittelt eine zu gewaltige Vorstellung der eher kurzen Distanzen dieses auf eine Stunde angelegten Abendspaziergangs. Es geht allerdings gelegentlich Treppen runter und wieder rauf, und gegen Ende ist mancher Teilnehmer ganz schön außer Puste.
Aber es gibt viele Rastpunkte voller Informationen. Gleich am Aufgang zum Schloss, vor dem Torbogen, geht es um die Wasserversorgung, für die letztlich der weiter talwärts plätschernde Eselsbrunnen genutzt wurde. Klar: Die Lasttiere waren Esel. Noch vor Erreichen des Schlosshofs zweigt die Route links ab zu den sichtbaren Resten der Befestigungsmauern und Schanzen. Direkt vor der hoch aufragenden Außenmauer des Schlosses erläutert der „Amtmann“ den Umbau von der Burg zum Renaissanceschloss, das auch als komfortabler Witwensitz diente.
Buchsbaum säumt die Wege durch den ehemaligen Kräutergarten vor der Südfassade des Renaissanceschlosses. Alle halten von dort Ausschau nach dem Lärmfeuer, das auf der gegenüberliegenden Talseite bei Nonrod lodern soll. Aber es ist wohl noch nicht angezündet worden.
Historisch geht’s jetzt in den dreißigjährigen Krieg, in dem das Schloss sicherer Zufluchtsort des Adels vor Landsknechten und Pest war, während ringsum die kleinen Dörfer verödeten. Vorletzte Station, letztes historisches Kapitel: die Verödung des Schlosses im 18. Jahrhundert, die romantische Renaissance des Renaissance-Baus im 19. Jahrhundert, und die Nutzung als Touristenherberge im beliebten Luftkurort Lichtenberg. Dann endet der Spaziergang bei den All-Inclusive-Landsknechtshappen im Gewölbesaal.