Erste Ergebnisse der Untersuchung: Einiges deutet darauf hin, dass die superleichte und superschnelle Maschine vom Typ Epic LT wie ein Stein vom Himmel fiel.
EGELSBACH. Zwei Rotorblätter ragen in die Luft - ein Mahnmal des Schreckens direkt neben dem Egelsbacher Flugplatz. Möglicherweise geben sie einen Hinweis darauf, warum am letzten Märzentag des Jahres 2019, hier auf einem Spargelacker zwischen Frankfurt und Darmstadt, drei Menschen sterben mussten.
Die einmotorige Turboprop-Maschine war am vergangenen Sonntag gegen 14 Uhr im französischen Cannes gestartet. Nach nicht einmal anderthalb Stunden Flugzeit meldete sich der Pilot bei der Deutschen Flugsicherung in Langen ab und bei den Fluglotsen im Egelsbacher Tower an.
Die sechssitzige Maschine war bei schönstem Frühlingswetter von Süden kommend entlang der Autobahn 5 geflogen, um dann von Westen die 1400 Meter lange Landebahn 08 anzusteuern. Wer nach Egelsbach will, muss auf Sicht fliegen. Denn mit rund 70 000 Flugbewegungen im Jahr ist er zwar der größte Verkehrslandeplatz Deutschlands, doch besitzt er keine Genehmigung zum Instrumentenflugbetrieb.
Das ist bei schlechtem Wetter ein bedeutender Mangel, spielte in diesem Fall aber keine Rolle. Wie die Sprecherin des Flugplatzes, Nina Lamprecht, bestätigte, hatte der Pilot der Epic LT ordnungsgemäß Funkkontakt mit dem Tower aufgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es nach Lamprechts Worten keinen Hinweis, dass irgendetwas nicht in Ordnung sein könnte.
Doch irgendetwas war nicht in Ordnung. Die Maschine stürzte ab, explodierte und brannte vollständig aus. Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung sichern seither Spuren, die Aufschluss über die Unglücksursache geben könnten. Sie werden unterstützt von Kollegen aus Russland, wo die Maschine registriert war, und aus den USA, wo der Hersteller des superleichten und superschnellen Flugzeugs sitzt.
"Ich denke, warum fliegt der so tief", schilderte eine Augenzeugin den Unfall. Sie hatte das Unglück in ihrem Kleingarten aus 30 Meter Entfernung beobachtet. Die Epic war nach ihrer Darstellung knapp über den Baumwipfeln geflogen. Andere Anwohner berichteten, dass die Maschine einen Schlenker gemacht und der Motor gestottert und aufgeheult habe. Die Schilderungen legen jedenfalls die Vermutung nahe, dass die Maschine kurz vor dem Ziel zu tief und zu langsam war - und einen Strömungsabriss hatte. Sie ist offensichtlich wie ein Stein vom Himmel gefallen und nicht, wie es bei einer Notlandung passiert wäre, über den Boden gerutscht. Darauf deuten auch die unversehrt gebliebenen Rotorblätter hin.
An Bord der Maschine waren Berichten aus Russland zufolge neben dem Piloten die russische Unternehmerin Natalija Filjowa und ihr Vater Valery Karachev. Die 55 Jahre alte Filjowa war Miteigentümerin der russischen Fluggesellschaft S 7 und eine der reichsten Frauen des Landes. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Wladislaw hatte sie aus einer kleinen Klitsche namens Sibir innerhalb von 20 Jahren die größte private Fluggesellschaft Russlands gemacht.
Wladislaw Filjow ist nach Informationen des Branchendienstes aerobuzz Hauptinvestor von Epic Aircraft, dem Hersteller des verunglückten Flugzeugs aus Kohlefaser-Werkstoffen, das von einer 1200 PS starken Propellerturbine angetrieben wird. Die maximale Reisegeschwindigkeit liegt bei 600 km/h, die Reichweite bei 3000 Kilometer. Bis heute hat die Maschine allerdings keine allgemeine Luftfahrtzulassung. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben jedoch zuversichtlich, noch in diesem Jahr eine Zulassung für den modifizierten Typ Epic 1000 zu bekommen, der für knapp drei Millionen Dollar angeboten wird.
Für den Betreiber des Flugplatzes ist das Unglück ein weiterer, schwerer Schock. In den vergangenen zehn Jahren gab es dort sechs Unfälle, bei denen zehn Menschen ums Leben kamen. Nach den Untersuchungen der Bundesstelle waren sie allesamt auf Pilotenfehler zurückzuführen.
Von Rainer H. Schlender