Immer noch kein Baurecht für Dieburger Finanzamt

Die alte, seit Jahren verwaiste und zunehmend verwahrloste Post in Dieburg, hier fotografiert von der Schießmauer aus. Auf dem Gelände soll nächstes Jahr der Bau des neuen Finanzamts beginnen. Foto: Jens Dörr

Die Ausschusssitzung zum neuen Dieburger Finanzamt ist an Technik und fehlenden Unterlagen gescheitert. Was weiterhin unklar bleibt und wie die Planung nun weiter geht.

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DIEBURG. Der Neubau des Finanzamts Dieburg auf dem ehemaligen Post-Gelände zwischen der Dieburger Schießmauer, dem Schlossgarten und der Konrad-Adenauer-Straße verzögert sich. Die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschuss wollten am Donnerstagabend stellvertretend für alle Stadtverordneten eigentlich den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan fassen und seitens der Stadt damit Baurecht schaffen. Dazu kam es aber nicht. Der Investor übte tags drauf Kritik und skizzierte den weiteren Zeitplan. Weiter offen ist, was nach dem Umzug der Behörde aus dem derzeitigen Hauptstandort der Finanzverwaltung in der Marienstraße wird.

Nach zehn Minuten war die Sitzung schon wieder beendet. Die Gründe: Zum einen funktionierten weder das digitale Ratsinformationssystem noch die Mandats-App, auf die sich die Stadtverordneten bei der Ausübung ihres Ehrenamts stützen, wenn es etwa um Beschlussvorlagen, Anträge, Gutachten geht. Vor allem aber wären nach Auskunft von Bürgermeister Frank Haus (parteilos) auch bei funktionierender Technik die Anlagen unvollständig gewesen, die der von Renée Exner (CDU) geleitete Ausschuss für seine Debatte und den Satzungsbeschluss benötigt hätte.

Im November wird weiter diskutiert

Haus nannte hier vor allem den angeblich fehlenden Mietvertrag zwischen der Investorengruppe Biskupek Scheinert Moog (Darmstadt), die den neuen Bürokomplex in Dieburg für die Finanzamt-Belange baut, und dem Land Hessen, das dort zum Dauermieter wird. Investor Ulrich Scheinert, am Abend selbst nicht anwesend, bestritt am Freitag jedoch, den Vertrag nicht geliefert zu haben. „Ich weiß auch nicht, wo das im Dieburger Rathaus immer verschwindet“, sagte er. Am Freitagvormittag habe man es der Stadt erneut geschickt.

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Ohne schriftliche Diskussionsgrundlage und genug Vorbereitungszeit vertagte das Gremium den Satzungsbeschluss zu diesem wichtigen Dieburger Bauprojekt auf die Stadtverordneten-Versammlung am 10. November. Damit kann erst weitere vier Wochen später Baurecht geschaffen werden. Scheinert kann den Bauantrag nun erst Mitte November zur Bearbeitung beim Kreisbauamt einreichen. Obwohl es sich um einen Sonderbau handelt, hofft der Investor weiter auf eine Baugenehmigung in den ersten Wochen 2023. Immerhin: Der Abrissantrag sei davon unberührt und schon genehmigt, der Abriss (auch des massiven Atombunkers unter dem Ex-Post-Objekt) solle im Frühjahr erfolgen.

Platz für 200 Mitarbeiter

Trotz der neusten Verzögerungen könnte es also mit der angestrebten Fertigstellung des neuen Finanzamts und dem Umzug der Behörde im Sommer 2024 noch klappen. Dann entsteht in Steinwurf-Weite zur Goetheschule und inmitten des Wohngebiets zusätzlicher Verkehr. Fast alle Stellplätze werden in einer Tiefgarage untergebracht. Das neue Finanzamt soll 200 Mitarbeitern Platz bieten, das Projektvolumen ist mit 25 Millionen Euro veranschlagt.

Dem alten Finanzamt, erst vor ein paar Jahren für Millionen saniert, droht der Leerstand. Das Land Hessen hält mit Plänen für die Nachnutzung der Immobilie in der Marienstraße noch hinterm Busch. Viele fürchten ein zweites Trauerspiel in bester Dieburger Innenstadt-Lage wie beim denkmalgeschützten alten Amtsgericht, das ebenfalls dem Land gehört und seit 2004 leer steht. Kritik aus der Bevölkerung gibt es am neuen Finanzamt-Standort vor allem deshalb, weil auf dem alten Postgelände viele den Bau dringend benötigter Wohnungen für wichtiger gehalten hätten. Zudem bewerten viele die Drohung des Landes, die Behörde aus Dieburg abzuziehen, wenn sie nicht exakt dieses Areal bekommt, als Bluff.