Darum ist Bauen und Wohnen in Dieburg so teuer

Auf den sechs Parzellen im Dieburger Osten, auf denen zuvor das alte Hallenbad stand, wurde der Quadratmeter im Bieterverfahren für mehr als 800 Euro verkauft. Die Bodenpreise sind in Dieburg zuletzt explodiert, was der Grund fürs teure Bauen und Wohnen ist.                 Foto: Jens Dörr

Die Stadt ist aus vielen Gründen attraktiv, das Flächenangebot jedoch klein. Vor allem die Bodenpreise machen derzeit den Unterschied, erläutert ein ansässiger Makler.

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DIEBURG. Es liegt nicht lang zurück und scheint doch aus einer völlig anderen Zeit: Zwischen 1996 und 2009 fielen die Bodenpreise in Dieburg kontinuierlich, wurde Bauland günstiger. Selbst zwischen 2010 und 2016 blieb der Bodenrichtwert noch konstant. Seither sind die Preise aber explodiert und um rund die Hälfte gestiegen. Seit diesem Jahr liegt der Bodenrichtwert in den meisten Ecken des Mittelzentrums bei 600 Euro aufwärts. In erster Linie sorgen diese extremen Quadratmeter-Preise dafür, dass sich in der Gersprenzstadt immer weniger Normalverdiener den Traum vom Eigenheim erfüllen können.

Auf der Suche nach der ganzen Antwort, weshalb das Wohnen und Bauen in der ehemaligen Kreisstadt im Ostkreis-Vergleich besonders teuer ist, stößt man zunächst auf eigentlich erfreuliche Gründe: Verkehrstechnisch ist Dieburg mit vielen Buslinien, den Bahnlinien gen Darmstadt, Aschaffenburg und Frankfurt (auch ohne S-Bahn-Verlängerung von Ober-Roden gen Süden) und seiner Lage an den Bundesstraßen 26 und 45 sehr gut angebunden.

Wenig neue Grundstücke auf dem Markt

Dieburgs Firmen, vor allem im Industriegebiet-Nord, aber auch der Einzelhandel, die vielen Arztpraxen, Schulen und Behörden (Stadtverwaltung, Landratsamt, Amtsgericht, Finanzamt) bieten mehr als 7000 Arbeitsplätze unterschiedlicher Art – viel für eine Kleinstadt von kaum 16.000 Einwohnern, selbst im Frankfurter Speckgürtel. Auch die Einkaufsmöglichkeiten sowie die kulturellen und sportlichen Optionen (Freibad, Hallenbad, Schlossgarten) fallen dank des hohen Pro-Kopf-Steueraufkommens deutlich üppiger aus als in den meisten vergleichbaren Kommunen.

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Zudem kam seit dem Wohngebiet am Hochschul-Campus keine nennenswerte Zahl an neuen Grundstücken mehr auf den Markt. Bei nur wenigen veräußerten Arealen fallen einzelne hohe Flächenpreise beim künftigen Bodenrichtwert besonders stark ins Gewicht. Aktuelles Beispiel: 2021 verkauften Investoren auf dem Boden des ehemaligen Hallenbads im Osten der Stadt sechs Grundstücke für Einfamilienhäuser im Bieterverfahren. Am Ende standen mehr als 800 Euro pro Quadratmeter, was seinen Anteil am jetzt so stark gestiegenen Richtwert hat.

Auch der Dieburger Makler Stefan Blank, der seit 1988 Immobilien verkauft, stellt heraus: „Die Differenz fürs Bauen und Wohnen zwischen Dieburg und anderen Kommunen, etwa Richtung Odenwald, geht über den Bodenpreis.“ Die Baukosten selbst unterschieden sich derweil kaum. Gerade Bauträger hätten „in den vergangenen Jahren zu fast jedem Preis gekauft. Dadurch ist der Privatmann kaum noch zum Zug gekommen.“

Baurecht schaffen dauert lang

In Dieburg dauert die Schaffung von Baurecht im Süden und Westen der Stadt aus Sicht vieler potenzieller Häuslebauer überdies deutlich zu lang, was die Knappheit zementiert. Blank macht die Nachfrage wie folgt plastisch: „Wenn wir ein Grundstück zum Bodenrichtwert anbieten, sind 100 bis 500 Anfragen binnen einer Woche realistisch.“ Für Makler sei das nur scheinbar paradiesisch, der zugrunde liegende Mangel auch für sie unbefriedigend.

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Ein bisschen Entspannung im Dieburger Grundstücks- und damit Immobilienmarkt könnte nicht nur mehr Angebot durch neue Baugebiete schaffen, wobei die Hoffnung neben der schnellen, aber überschaubar großen Entwicklung eines Areals am Messeler Weg zunächst vor allem auf „Dieburg Süd“ ruht. Ein anderer Faktor könnte ausufernde Baupreise jetzt etwas dämpfen: die seit Frühjahr deutlich steigenden Zinsen auf Baukredite, die die zuletzt so günstigen Finanzierungen schwieriger machen. Wobei das jene, die den Löwenanteil an Haus und Grund auf Pump bezahlen (müssen), nur wenig trösten dürfte.