Der Eselhof Binzig in Wald-Michelbach kämpft um sein Überleben. Wegen des Lockdowns gibt es derzeit keine Eselwanderungen mehr. Ein Spendenaufruf zieht Hoffnung nach sich.
WALD-MICHELBACH. Bei Esel Emil und seinen vier Freunden ist der Corona-Speck nicht zu übersehen. Normalerweise bewegen sie sich viel und gehen an den Wochenenden mit Gästen wandern, doch im Lockdown müssen die Esel auf dem Hof bleiben.
Das bedeutet schwere finanzielle Einbußen für Natascha Glosauer und ihre Tiere auf dem Eselhof Binzig in Wald-Michelbach. Bereits im ersten Lockdown von März bis Mai durfte Glosauer keine Touren anbieten und hatte somit keinerlei Einnahmen durch die Eselwanderungen.
Im zweiten Lockdown sieht die Situation nicht besser aus. Seit November gibt es keine Wanderungen mehr. Da es sich bei den Eselwanderungen um einen Nebenerwerb handelt, bekommt Glosauer für die Esel keine staatliche Unterstützung. Doch auch ihren Hauptberuf als Schulbegleiterin kann die Wald-Michelbacherin momentan nicht ausführen. Das Geld, mit dem sie die Esel versorgen kann, wird knapp.
"Alles, was bei uns übrig ist, bekommen die Esel", sagt Glosauer. Erst 2019 begann sie mit den geführten Touren, Rücklagen konnte sie somit keine schaffen. Außerdem verdient sie an den Wanderungen kaum etwas. "Die Esel verdienen sich ihr Taschengeld selbst", erläutert sie. Mit den Einnahmen der Wanderungen kann sie normalweise Futter und Pflege der Tiere zahlen. Hinzu kommen immer wieder Tierarztbesuche und Reparaturen von Stall und Zäunen, die beispielsweise von Wildschweinen kaputtgemacht wurden. Neuerdings kauen die Esel auch an der Futterkrippe aus Holz. Auch vor den Balken, die den Stall stützen, machen die Esel nicht Halt. Das angefressene Holz hat Glosauer mit weiteren Stämmen und Metal verstärkt. Ein Provisorium, bis sie neue Balken bekommt.
Lange hatte die Wald-Michelbacherin versucht, es aus eigener Kraft zu schaffen. Ende Januar konnte Glosauer die Situation nicht mehr alleine stemmen. Mit einem Hilferuf auf Facebook und auf der eigenen Homepage machten sie und ihr Partner Dieter Kessel auf die Situation auf dem Eselhof aufmerksam. "Das hat mich viel Überwindung gekostet", gesteht Glosauer. Innerhalb von kürzester Zeit gab es so viele Geld- und Sachspenden, dass sie zwei Tage lang mit dem Beantworten von Mails beschäftigt war. Manche brachten Futter für die Esel auf den Hof. Auch von der Kaninchenwerkstatt in Grasellenbach, die Nahrung für Nagetiere herstellt und vertreibt, gab es eine Futterspende.
"Ich bin unglaublich dankbar für die Hilfen", sagt Glosauer. Was ohne die Spenden passiert wäre, das möchte sie sich gar nicht ausmalen. "Ich hätte wahrscheinlich einen oder zwei Esel hergeben müssen", sagt sie, "das hätte ich nicht gekonnt." Für die Monate Februar und März habe sie nun genug Reserven - vorausgesetzt, es passiert nichts Unerwartetes. Doch der weitere Verlauf des Lockdowns und der Corona-Regelungen bleibt ungewiss. Anders als das Futter lassen sich die Kosten für Tierarztbesuche, Hufschmied oder Reparaturen nicht kalkulieren.
Glosauer und Kessel hoffen deshalb, dass es im Frühjahr wieder weitergehen kann. "Die Esel laufen normalerweise nicht eng beieinander. Wir könnten auch mit einzelnen Haushalten oder Familien spazieren gehen", sagt sie. Obwohl die Tiere eine Weide mit zwei Hektar Fläche haben, auf der sie sich austoben können, ist ihnen langweilig. "Die sind neugierig und freuen sich, wenn Leute kommen", so Glosauer. Nur von Zeit zu Zeit geht die Wald-Michelbacherin momentan mit ihren Eseln und ihrer Familie spazieren. Dabei wird sie häufig komisch angeschaut und muss erklären, dass es sich nicht um eine kommerzielle Führung handelt.
Mehr Informationen zum Eselhof und über die Möglichkeit zu spenden gibt es im Internet auf www.eselwandern-odenwald.de.