Daumen raus braucht’s nicht mehr: Mörlenbach sieht in Mitfahrerbänken die moderne und praktische Form des Trampens.
MÖRLENBACH. (red). Wie komme ich ohne Auto von Mörlenbach nach Mumbach? Ganz einfach, so die Verwaltung: „Indem ich mitgenommen werde.“ Wo früher der Tramper mit Daumen raus am Straßenrand noch ein gewohntes Bild war, stehen an den Verbindungsstraßen zu den Ortsteilen nun die neuen Mitfahrbänke.
So idyllisch das Leben auf dem Land ist, so umständlich kann es eben werden, wenn man es ohne Auto bestreiten muss. Für Jugendliche und Senioren, aber auch für Familien, die sich kein Auto leisten können, kann selbst ein Einkauf im Nachbardorf zur logistischen Herausforderung werden. Sie sind angewiesen auf Freunde, Verwandte und Nachbarn oder auf den – kaum vorhandenen – öffentlichen Nahverkehr. Auch wenn abends oder am Wochenende kein Bus mehr fährt, sind die Mitnahmebänke nach Einschätzung der Verwaltung eine sinnvolle Alternative zu Taxi oder längerer Wanderung.
Die Idee der Mitfahrbänke gibt erst seit ein paar Jahren und wurde in der Mörlenbacher Gemeindevertretung Ende 2019 aufgegriffen. Es erfolgte die Suche nach Förderprogrammen und deren Beantragung. Gefördert wird das Projekt letztlich durch den Bund, das Land Hessen und die Interessengemeinschaft Odenwald im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative Agrarstruktur und Küstenschutz.
Das Prinzip der Mitfahrbank ist einfach: Praktisch im Minutentakt fährt jemand von Mörlenbach nach Ober-Mumbach, Weiher oder Bonsweiher beziehungsweise von Weiher nach Vöckelsbach. Und genauso oft fährt wieder jemand zurück. An den Verbindungsstraßen in diese Ortsteile stehen die Bänke in den Farben des Gemeindelogos mit einem roten Schilderpfosten und Hinweis auf den Zielort.
So kann jeder, der an der Bank vorbei in die richtige Richtung fährt, spontan entscheiden, ob er heute einen Mitfahrer mitnehmen möchte oder lieber nicht. In der Regel kennt man sich ja sogar „vom Sehen“. Oder man möchte einfach dem wartenden Mitmenschen einen Gefallen tun.
Wie kommt man dann wieder zurück? Ganz einfach: Zu jedem Ziel gibt es auch eine „Gegenbank“ in dem entsprechenden Ortsteil. Von da aus nimmt einen, mit ein bisschen Geduld und Glück, dann jemand anders wieder mit zurück nach Mörlenbach.
Haftungsrechtlich sei die Mitnahme dieser „modernen Tramper“ im Übrigen durch die Kfz-Haftpflichtversicherung des Autobesitzers im Falle eines Unfalls gedeckt, wie Nachfragen der Verwaltung bei einem Versicherungsträger bestätigten. Zum Abschluss weist die Verwaltung darauf hin, dass bei der Mitnahme einer Person nach wie vor das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Fahrzeug erforderlich ist.