Norbert Bürgers Bühnenfigur „Bürger from the Hell“, hat den Kleinkunstpreis Lorscher Abt gewonnen. In einem „sehr starken Feld“ von vier Wettbewerbern setzte sich...
LORSCH. Norbert Bürgers Bühnenfigur „Bürger from the Hell“, hat den Kleinkunstpreis Lorscher Abt gewonnen. In einem „sehr starken Feld“ von vier Wettbewerbern setzte sich der Musik-Komiker im Theater Sapperlot knapp durch, wie Juror Dr. Arne Kapitza weniger als eine Stunde vor Mitternacht verkündete.
Bürgers skurrile Performance ragte aus den vier je 20-minütigen Beiträgen der Finalisten schon durch die Versuchsanordnung heraus: Ein sichttlich verklemmter Typ nestelt unbeholfen an den Utensilien für sein E-Gitarren-Solo. Dieses wiederum führt reihum Musikstile ad absurdum, zum Vergnügen des Publikums. „Rockmusik ist mein Leben“, sagt der Mann mit dem streng zurückgegelten Haar, bevor er sie zur Sau macht: „Baby“ und „Fucking under the bridge“ sowie „No money, no bunny“ – das muss als Textbeitrag genügen. Zwischendrin macht der studierte Musiker neben Standard-Riffs ordentlich Betrieb auf der Gitarre.
Künstler teilen sich das Preisgeld
Später führt er Techno mithilfe einer „Loop machine“ als behämmerte Musik vor, für die eine Ansammlung unangenehmer Geräusche genügt. Noch später ist Country dran, wofür der „Bürger aus der Hölle“ seine Gitarre mit einem Miniventilator traktiert.
Noch besser gefällt dem Publikum – nicht der Jury – der gediegene Gesang von Julia von Miller. Mit ihrem tapfer dem leicht verstimmten Klavier trotzenden Partner Rorbert Probst verbindet die Münchnerin in Liedern der 1920er bis 1940er Sprachakrobatik mit falschem Pathos und kriegt sogar die Kurve zum Austragungsort: „Der Lorscher Abt ist nicht zum Schnarchen da“, betextet sie den Schlager „Die Nacht ist nicht zum Schlafen da“.
Ihre Kunst ist freilich auf längere Strecke (jedenfalls mehr als 20 Minuten) berechnet wie die des Leipziger Kabarettisten Michael Feindler. Bis sein fein ausgedachter Text an eine Pointe gelangt, kann eine Weile vergehen; dann aber kommt es mit Wucht übers Publikum: „Hättest Du im richtigen Moment nicht gesprochen, wäre Dein Genick jetzt nicht gebrochen.“ Nach der Parole „Wer stets mit Ironie erbricht, gehört noch nicht zur Unterschicht“ folgt zum Finale ein bierernstes Statement gegen gegliederte Schulsysteme – tapfer. Comedian Matthias Jung, dem die Jury den vierten Platz zuerkannt hat, hat Handfesteres zu Pubertierenden im Angebot, in deren Zimmern er „Bettwanzen mit Asthma“ nachweist. Zwei schöne Gesten gibt es zum Schluss: Die Preisträger stückeln das Preisgeld von 2800 Euro zu gleichen Teilen. Und Lorschs Bürgermeister Christian Schönung verkündet, der Magistrat empfehle den Gremien, den Lorscher Abt jährlich mit einer vierstelligen Summe zu unterstützen.
Von Christian Knatz