Zeitloser Charme: Die Kutsch in Lindenfels ist die älteste noch existierende Diskothek im Kreis Bergstraße. Foto: Katja Gesche

Das „Ye Old Carriage Inn“ in Lindenfels, besser bekannt als „Kutsch“, feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Die Kutsch begeistert vor allem mit dem nostalgischen Flair der Dorfdisco.

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LINDENFELS. In dem kleinen Burgstädtchen Lindenfels befindet sich mit „Ye Old Carriage Inn“ die älteste noch existierende Diskothek im Kreis Bergstraße. Den Menschen in der Region, die seit 50 Jahren in die Lindenfelser Burgstraße pilgern, ist sie geläufiger unter dem Spitznamen „Kutsch“. Der Name „Ye Old Carriage Inn“, zu Deutsch die alte Kutsche, stammt von Studenten aus Schottland. Sie wurden dazu durch eine Kutsche im Gebäude motiviert, auf deren Kutschbock bis heute die DJs Platz nehmen.

Gefeiert wurde das Jubiläum mit den üblichen Angeboten der Diskothek und einer Verlosung mit allerlei Preisen. Zudem wurde die Arbeit von Kutsch-Betreiber Matthias Arras mit einer Auszeichnung des Deutschen Hotel- und Gastronomieverbandes Dehoga gewürdigt. Christine Friedrich, Geschäftsführerin der Dehoga-Geschäftsstelle Südhessen, und der Lindenfelser Dehoga-Ortsvorsitzende Volker Löwer überreichten die Urkunde.

Matthias Arras ist seit 1998 Betreiber der Kutsch. Mit ihm kehrte die Disco wieder zurück in den Schoß der Nachfahren der Familie Gärtner, die sie 1968 ins Leben gerufen hatte. Zwischen 1983 und 1998 führten Ralf Colin, Uwe Trumpfheller und Fritz Strössinger die Diskothek. Große Umbrüche gab es nicht; die Dorfdisco hat bis heute ihren zeitlosen Charme erhalten.

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Eine Diskothek im Stadtkern bedeutet auch Diskussionen mit Anwohnern. Das habe sich mittlerweile entschärft, meint Arras. „Das größte Problem sind die Leute, die vor der Disco stehen und Krach machen, nicht die Musik drinnen.“ Ein guter Schachzug sei es gewesen, die Öffnungszeiten bis drei Uhr zu verlängern. „So strömen nicht alle um Punkt eins aus der Kutsch und feiern draußen weiter.“ Auch seien über die Jahrzehnte hinweg viele neue Bürger in die Nachbarschaft der Disco gezogen, die wussten, worauf sie sich einlassen. „Das Problem existiert überall, wo es Kneipen oder Diskotheken in der Innenstadt gibt. Es soll was los sein in der Stadt, aber es soll bitteschön nicht laut sein.“

Arras hat über die Jahre hinweg Veränderungen beim Publikum beobachten können. „An Freitagen sind teilweise die gleichen da, die schon vor 30 oder 40 Jahren da waren.“ Das jüngere Publikum komme eher zu besonderen Events wie Livekonzerten. „Aber die Zeiten, als Jugendliche oder junge Erwachsene drei Mal in der Woche in die Disco gingen, sind vorbei“, seufzt Arras. Insgesamt hat die Besucherzahl nachgelassen. „Doch die, die kommen, bleiben länger und konsumieren dann auch mehr.“ Kam das Kutsch-Publikum früher meist aus Lindenfels und den Nachbargemeinden, reisen heute viele von weiter her an.

Nostalgisches Flair ohne Chi-Chi

Gäste aus Michelstadt, Erbach oder auch Groß-Gerau sind keine Seltenheit. „Die wollen in eine Disco, wo es ist wie früher.“ Die Gäste von außerhalb sind begeistert vom nostalgischen Flair der Dorfdisco, wo man Chi-Chi vergeblich sucht und die Preise moderat sind. „Ich sage denen dann, solche Discos gab es bei euch auch. Aber ihr seid nicht mehr hingegangen, dann haben sie geschlossen.“

Die Kutsch hingegen hat ausgeharrt, als vor allem in den 1990er Jahren die Dorfdiscos im vorderen Odenwald reihenweise ihre Pforten schlossen. „Wir sind noch nie mit dem Trend gegangen“, sagte Arras mit einem Schmunzeln. Und immer wieder finden neue Gesichter ihren Weg in die Kutsch, um freitagabends wie vor Jahrzehnten die Hüften zu AC/DC, Aretha Franklin oder Red Hot Chili Peppers zu schwingen.