
Im Interview spricht Landrat Christian Engelhardt (CDU) unter anderem über Klimaanpassung, die Überwaldbahn und den Fachkräftemangel.
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Herr Engelhardt, wäre im Herbst keine Landtagswahl, sondern eine Landratswahl. Würden Sie nochmal antreten?
Ich würde auf jeden Fall wieder antreten. Mir macht meine Aufgabe extrem viel Freude, es ist vielseitig und interessant. Ich bin gerne draußen bei den Leuten, aber ich mache auch hier im Büro meine Arbeit gerne. Außerdem gibt es viel zu tun. Ich habe so viel auf dem Tisch, so viel noch vor an Dingen, die am Laufen, die in der Vorbereitung sind. Ich habe das Gefühl, ich kann gar nicht aufhören. Beispielsweise betrifft das den Bereich Schule oder auch Mobilität. Aber auch aktuelle Herausforderungen wie die Flüchtlingskrise. Mich interessiert das Lösen dieser Herausforderungen. Da kann ich mir nicht vorstellen, zu sagen: Jetzt kümmere ich mich nicht mehr darum.
Wo sehen Sie denn derzeit die größten Herausforderungen?
Unsere größte Herausforderung, die uns als Gesellschaft und als Verwaltung treffen wird, ist der Fachkräftemangel. Das wird eine Dimension annehmen, die sich viele noch nicht vorstellen können. Kann der Staat richtig arbeiten, mit alldem, worauf sich Bürger verlassen? Das sah man beispielsweise zuletzt im ÖPNV. Da sind Züge ausgefallen, weil das Fachpersonal gefehlt hat. Stellen Sie sich vor, der Fachkräftemangel in der Abfallentsorgung oder im Rettungswesen verschärft sich. Dort ist es bereits zunehmend eine Herausforderung. Wir können uns Fachkräftemangel eigentlich gar nicht leisten. Wir weiten beispielsweise den ÖPNV weiter aus, das machen wir auch gerne, und brauchen mehr Fachkräfte, aber gleichzeitig fehlen diese. Die Antwort darauf ist aus meiner Sicht in ganz großem Maß Automatisierung und Digitalisierung, weil wir keine Menschen stricken können. Gerade die Chancen, die Technik bietet, müssen wir einsetzen.
Das ist aber nicht das einzige Thema, das den Landkreis herausfordert...
Ein großes Thema ist nach wie vor die Flüchtlingssituation. Wir merken, wie sehr das auf die Gemütslage unserer Gesellschaft schlägt. Wie sehr das aber auch von manchen genutzt wird, um zu spalten. Auf lange Sicht ist natürlich auch die Klimaveränderung ein großes Thema. Die wird uns viel Hirnschmalz und Veränderungen abverlangen.
Zunächst zurück zum Fachkräftemangel. Was macht der Landkreis, um seine Gründer zu halten?
Wir haben bei der jüngeren Generation „Z“ einen Fokus auf die Work-Life-Balance. Der Kreis hat hier viel zu bieten: Unsere Lage mit urbanen und ländlichen Gebieten ermöglicht ein großes Freizeitangebot. Wir müssen daran arbeiten, dass die Infrastruktur, das schulische Angebot und das Freizeitangebot stimmen und weiter ein hohes Niveau haben. Diese Generation kann sich aufgrund des Fachkräftemangels aussuchen, wo sie arbeitet. Ein Kriterium ist dann die Frage: Wo kann ich gut leben und arbeiten? Mir ist das Thema Schule so wichtig, weil ich weiß, wie viele junge Familien, wenn sie Wohnraum suchen, sich fragen, welche Angebote und Bildungschancen es für ihre Kinder gibt. Wir beraten mit der Wirtschaftsförderung sehr aktiv Unternehmen und Gründer. Es gibt hier im Landkreis keine Hochschule, daher müssen wir die Phase nutzen, in der Menschen die Hochschule abgeschlossen haben und die Familienphase ansteht.
Was kann der Kreis für die Attraktivität der Innenstädte tun?
Das ist tatsächlich mit der Städtebauplanung und dem Stadtmarketing Aufgabe der Städte und Kommunen. Wir können sie dabei begleiten. Die Wirtschaftsförderung hat auch eine Kommunalberatung. Als Kreis machen wir gemeinsam mit der IHK etwa bei Aktionen wie „Heimat shoppen“ mit und fördern das finanziell. Ich glaube aber, dass Innenstädte sich in ihrer Funktion weiterhin wandeln werden. Dass Innenstädte vor allem „Einkaufsmeilen“ sind, das hat sich ebenfalls in der Vergangenheit entwickelt. Ich glaube, dass der Trend zum Onlinehandel nicht rückgängig gemacht werden kann, weil es ein sehr effizientes System ist. Innenstädte werden wahrscheinlich wieder stärker gemischte Funktionen haben und vielleicht mehr Freizeitfunktionen bekommen, die das Shopping zum Erlebnis werden lassen. Wichtig ist, dass es ausreichend Möglichkeiten zum Aufhalten für die Freizeit gibt.
Auch Mobilität ist ein wichtiger Standortfaktor. Wie ist der Stand bezüglich der Überwaldbahn?
Es gibt den Wunsch aus einigen Kommunen, die Strecke für den ÖPNV zu reaktivieren. Dafür hatten wir den Vorschlag gemacht, eine Machbarkeitsstudie erstellen zu lassen. Die ist relativ teuer, insgesamt etwa 200.000 Euro. Die Finanzierung ist inzwischen größtenteils geklärt, nur eine etwaige Förderung durch das Land Hessen wird noch geprüft. Ich persönlich glaube aktuell, dass die Reaktivierung mit Blick auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis keinen Sinn ergibt. Ich bin aber offen dafür, wenn die Studie zu einem anderen Ergebnis kommt. Dieses werde ich akzeptieren. Und wenn es eine sinnvolle Maßnahme ist, werde ich mich auch dafür einsetzen. So eine Strecke reaktivieren Sie aber mit Blick auf die nächsten 30 oder 40 Jahre. Ich gehe davon aus, dass es in zehn Jahren bereits autonome Fahrzeuge als „Mobilität on Demand“ geben wird. Wenn Sie autonome Fahrzeuge haben, die Fahrgäste nicht nur von Station zu Station bringen, sondern in den Straßen abholen und dorthin bringen, wo sie hin wollen, dann glaube ich, ist es das überlegenere und wirtschaftlichere System.
Ein Blick auf das Wetter: Im August gab es bislang wenige sonnige Tage, auch der Juli war verregnet. Es gibt häufiger Starkregen, aber auch anhaltend massive Hitze und Trockenheit. Was tut der Kreis bezüglich der Klimaanpassung?
Das Klima ändert sich definitiv, das erleben wir. Neben der Reduzierung der Treibhausgase wird Klimaanpassung also immer wichtiger. Das heißt zunächst mal, dass wir etwa verstärkt Hitze und Starkregen-Ereignisse mitdenken müssen. Künftig sollen die Kreise die Hitzeaktionsplanung koordinieren. Bei uns hat diese Aufgabe das Klimamanagement um Reiner Pfuhl übernommen. Mit seinem Team koordiniert er die Hitzeaktionsplanung. Dort arbeiten viele Bereiche zusammen wie etwa das Gesundheitsamt für die Präventionsarbeit, die Gefahrenabwehr und das Bau- und Umweltamt. Auch im Bereich Landwirtschaft und Forstwirtschaft müssen wir uns mit den Arten, die hier leben, ans Klima anpassen. Manche Bäume können mit der Hitze und der Niederschlagsmenge nicht umgehen, unsere Wälder werden sich also verändern. Es muss auch ganz anders über Wasserspeicherung nachgedacht werden. Im Augenblick geht das Oberflächenwasser, wenn es viel regnet, im System verloren. In Regionen, in denen es schon lange trockener ist, gibt es riesige Regenwasserspeicher, also Zisternen, mit denen Niederschlagswasser für die Landwirtschaft genutzt wird. Wir müssen solche Maßnahmen durchdenken, weil wir das Wasser für die Landwirtschaft nicht komplett aus dem Grundwasser holen können. Da spielen der Kreis und die Flurbereinigung eine Rolle.
Wie steht es denn um den Hochwasserschutz?
Sofort nach den Ereignissen im Ahrtal hatte ich die Abteilung Gefahrenabwehr und den Gewässerverband Bergstraße gebeten, zu prüfen, welche Konsequenzen wir aus den Ereignissen ziehen. Das hat organisatorische Konsequenzen gehabt, aber auch bei der Vorhaltung von Materialien. Der Gewässerverband arbeitet jetzt mit mehr Daten, um bessere Prognosen treffen zu können, was etwa bei Starkregen- oder Hochwasser-Ereignissen in den Nebenläufen und den Tälern passiert. Daraus können dann Maßnahmen abgeleitet werden.
Sie sind viel in den sozialen Medien unterwegs, werden dafür häufiger auch belächelt oder kritisiert. Wie sehen Sie das?
Das ist Teil meines Amtsverständnisses. Früher hat man gesagt, man macht Politik „an den Straßen und auf den Plätzen“. Auch ich bin von morgens bis abends vor Ort und auf Terminen im Kreis unterwegs. Und ich berichte darüber, denn unsere Welt und auch die Herausforderungen, denen wir uns als Staat stellen müssen, sind so komplex geworden, dass es wichtig ist, sich Zeit zu nehmen, zu erklären und zuzuhören. Und dieser Dialog findet heute eben nicht mehr nur auf den Straßen und Plätzen statt, sondern zusätzlich noch auf „virtuellen Plätzen“ in den sozialen Medien.