Verlangt der Kreis Bergstraße zu viel von den Kommunen?

Im Landratsamt in Heppenheim gab es einen Stellenzuwachs. Ein Grund: die Pandemie-Bekämpfung. Archivfoto: Sascha Lotz

Das Regierungspräsidium verlangt vom Kreis Bergstraße ein sparsameres Wirtschaften, um die Städte und Gemeinden nicht so stark zu belasten. Was das Landratsamt zur Forderung sagt.

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KREIS BERGSTRASSE. Um seine Ausgaben zu decken, kassiert der Kreis Bergstraße von den Kommunen die Kreisumlage. Erhöhungen der Umlage führen immer wieder zur Kritik aus den Städten und Gemeinden. Für den Haushalt 2022 hat der Kreis den Hebesatz der Kreisumlage um 0,9 Prozentpunkte erhöht. Das klingt nach wenig, bedeutet aber für die Kommunen, dass sie deutliche Mehrausgaben haben und selbst sehen müssen, wie sie ihre teils knappen Finanzmittel verwenden.

Debatte über Kreisumlage

Zwölf der 22 Kommunen haben Ende 2021 Stellung zur Umlageerhöhung bezogen. Alle Stellungnahmen haben sich gegen eine Erhöhung ausgesprochen. Dabei wurde unter anderem auf die Ergebnisse der letzten Jahre, die dem Landkreis Rücklagen ermöglichten, verwiesen. Der Kreistag beschloss den Haushalt 2022 einschließlich der Umlageerhöhung im Dezember letzten Jahres mit den Stimmen der schwarz-grünen Koalition – alle anderen Fraktionen lehnten den Etat ab.

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In Lampertheim begann daraufhin eine Debatte über die Kreisumlage. Die FDP hatte in der Stadtverordnetenversammlung einen Prüfantrag gestellt, ob die Verwaltung den Klageweg gegen den Beschluss einschlagen solle. FDP-Fraktionsmitglied Thomas Bittner sah zwei Handlungsmöglichkeiten: eine Klage gegen den ergangenen Widerspruchsbescheid oder die politische Klärung des Themas unter Mithilfe des Hessischen Städtetags. Am Ende stimmten die Stadtverordneten bei zwei Enthaltungen für den Antrag. Somit wird nun unter Beteiligung des Städtetags die Erhöhung rechtlich geprüft. Sollte diese tatsächlich rechtswidrig sein, könnte die Stadt eine Klage erheben.

Nur auf wenig Verständnis stößt das Lampertheimer Aufbegehren gegen die höhere Kreisumlage in Heppenheim. „Die Erhöhung ist doch längst beschlossene Sache“, befindet Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU). Auch ihm seien die außerplanmäßigen Mehrausgaben alles andere als gelegen gekommen, ließ Burelbach schon bei den Beratungen des städtischen Doppelhaushalts 2022/23 im vergangenen Jahr durchklingen. In Heppenheim ist das Geld dank sprudelnder Einnahmen aus der Gewerbesteuer aber vorhanden.

Kommunen können Haushalt nicht ausgleichen

In den Bürstädter Gremien war die erhöhte Kreisumlage kein Thema – zumal der Haushalt 2022 kein großes Defizit aufweist. Die Stadt urteilt jetzt, dass die Höhe der Kreisumlage den städtischen Haushalt stark belastet. „Bei den aktuellen Preissteigerungen in jeglichen Bereichen sowie den Unsicherheiten aufgrund des Krieges in der Ukraine kann eine solch hohe Belastung enorm schwer wiegen.“ Erhöhungen sollten moderat ausfallen und den Städten frühzeitig mitgeteilt werden, um sie in den Haushaltsberatungen einbeziehen zu können. Die geplante rechtliche Prüfung sei aber ausschließlich Sache der Stadt Lampertheim.

Wasser auf die Mühlen der Kritiker war der Genehmigungsbescheid des Regierungspräsidiums (RP), der Aufsichtsbehörde des Kreises Bergstraße. Die Steigerung bei den Personalaufwendungen sei im Wesentlichen auf die erneute Ausweitung des Stellenplans – diesmal um 29,55 Stellen – zurückzuführen. Eine „restriktivere Bewirtschaftung“ sei zwingend geboten, so das RP. Es sollte hier künftig eine stärkere Zurückhaltung gezeigt werden. Angesichts der begrenzten Liquidität des Kreises sei die Erhöhung des Hebesatzes der Kreisumlage „nachvollziehbar und insoweit auch genehmigungsfähig“, so das RP. Fünf Kommunen könnten aber ihren Haushalt 2022 jahresbezogen nicht ausgleichen, voraussichtlich noch zwei weitere Gemeinden. „Weitere durch den Kreis bedingte Anspannungen sind daher grundsätzlich zu vermeiden“, schreibt die Aufsichtsbehörde. Der Landkreis müsse mit allen gebotenen Konsolidierungsmaßnahmen darauf hinwirken, die künftigen Belastungen ohne weitere Anhebung des Hebesatzes zu kompensieren. Eine Genehmigung der geplanten Anhebung 2024 um einen Prozentpunkt kann das RP derzeit nicht in Aussicht stellen. Der dauerhafte Haushaltsausgleich müsse das oberste Ziel bleiben, sodass die Übernahme neuer Aufgaben kritisch zu prüfen sei.

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Stellenzuwachs auch aufgrund der Pandemie

„Das RP hat die Erhöhung der Kreisumlage genehmigt und auch das Verfahren nicht beanstandet“, stellt das Landratsamt fest. Ob eine Erhöhung der Kreisumlage in den kommenden Jahren notwendig werde, sei jetzt noch nicht klar. „Die Coronavirus-Pandemie und der Ukraine-Krieg haben gezeigt, wie schnell die kommunale Ebene vor neuen Herausforderungen (finanzieller und personeller Art) stehen kann. Den aktuellen Inflationsraten, gerade im Baubereich, wird ebenso zu begegnen sein wie einem steigenden Sach- und Dienstleistungsaufwand. Dazu kommt eine angepasste Tarif-/Besoldungsentwicklung“, erklärt Landrat Christian Engelhardt (CDU). Weiterhin nennt er die künftige Finanzierung des ÖPNV und die Radverkehrsentwicklung oder die Krankenhausfinanzierung. Nicht vergessen werden sollte die Finanzierung des Landeswohlfahrtsverbandes – hier sei von einer weiteren Erhöhung auszugehen.

„Die Stellenzuwächse ergeben sich im Wesentlichen aus der Übernahme von Aufgaben, die den Kommunen aufgrund bundes- beziehungsweise landesgesetzlichen Regelungen auferlegt wurden und zum Teil auch neu auferlegt wurden – zum Beispiel auch im Rahmen der Pandemiebekämpfung“, betont Engelhardt. Grundsätzlich erwarte man für die kommenden Jahre eher, dass die Leistungen der Kreisverwaltung auf die Kernbereiche fokussiert werden müssten. Grund sei der Fachkräftemangel. „Wir werden eine etwaige Aufgaben-Priorisierung jedoch stets im Sinne der Bürger vornehmen und verstärkt noch mehr digitale Dienstleistungen zur Verfügung stellen.“