Mehr Bewegung im Kinder-Alltag

Kinder sollen sich im Alltag mehr bewegen. Dafür beginnt im Kreis Bergstraße ein Pilotprojekt. Archivfoto: dpa

Kreis Bergstraße stellt mit der Uni Heidelberg ein Pilotprojekt mit Kindergärten auf die Beine. Ziel ist mehr Bewegung im Alltag der Kinder und damit mehr Gesundheit.

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KREIS BERGSTRAßE. Sie können nicht mehr auf Bäume klettern, rückwärts laufen oder einer geraden Linie folgen: 25 Prozent der Vorschulkinder im Kreis Bergstraße leiden an starken Auffälligkeiten der Feinmotorik, 15 Prozent sind es bei der Grobmotorik. Ganze zehn Prozent der Kinder sind übergewichtig – „besorgniserregend“ nennt die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz die Ergebnisse der letzten Schuleingangsuntersuchung, die eine deutliche Verschlechterung aufgezeigt hat.

Dagegen soll nun etwas unternommen werden: Gemeinsam mit dem Institut für Sport und Sportwissenschaften der Universität Heidelberg hat der Kreis Bergstraße das Pilotprojekt „Bewegter Kindergarten“ auf die Beine gestellt. Ziel des Projektes ist es, Bewegung wieder stärker in den Alltag der Kinder zu integrieren. Dafür werden etwa 20 Minuten lange, angeleitete Bewegungszeiten in den teilnehmenden Kindergärten etabliert.

Die Krankenkassen schlagen Alarm

„Für die Übungen werden dabei fast ausschließlich Alltagsgegenstände benutzt – etwa Joghurtbecher – damit die Kinder die Übungen auch zuhause mit Opa in der Küche nachmachen können“, erklärt Sportwissenschaftler Reimar Bezzenberger, der das Konzept mitentwickelt hat.

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Vorbild ist ein ähnliches Projekt in Niedersachsen, in Hessen ist man damit aber Vorreiter. „Die Krankenkassen schlagen inzwischen Alarm. Wenn nichts unternommen wird, kommen auf die Gesellschaft finanzielle Schäden zu. Unsere Ansicht ist, dass ein Präventionsprogramm deutlich günstiger ist“, erklärt Dr. Michael Müller, Sportwissenschaftler der Universität Heidelberg.

Um das Gütesiegel „Bewegter Kindergarten“ zu erlangen, müssen die Erzieherinnen der Einrichtung eine zweitägige Fortbildung besuchen, auf der sie die Übungen kennenlernen und Tipps zur Anwendung erhalten. Die erste findet bereits Anfang November statt. Der Andrang ist groß: „Wir haben bereits 68 Anmeldungen erhalten – damit hätten wir nie gerechnet“, so Stolz. Besonders aus dem Raum Lampertheim sei großes Interesse bekundet worden. Kein Wunder, denn das Problem, betonten die beiden Sportwissenschaftler, habe auch eine räumliche Dimension: „Im Odenwald – das vermuten wir zumindest – ist das Problem weniger schlimm ausgeprägt, weil die Kinder im ländlichen Raum noch eher auf Bäume klettern und im Garten spielen können.“

Um die Wirksamkeit des Programms zu messen, soll es regelmäßig evaluiert werden – etwa durch eine „Fitnesslandkarte“, für die in den Kindergärten einmal jährlich einfache Motoriktests durchgeführt werden sollen. Eine weitere Idee, die in Zukunft noch in das Programm aufgenommen werden soll, sind außerdem Kooperationen zwischen lokalen Sportvereinen und Kindergärten.