Bald mehr Solaranlagen in Bergsträßer Altstädten?

Das Land Hessen will Solaranlagen auf denkmalgeschützten Häusern erlauben. Das könnte den Anblick der Heppenheimer Altstadt verändern.

Das Land Hessen hat eine neue Richtlinie zu Solaranlagen an denkmalgeschützten Häusern erlassen. Wie die Kommunen und die Kreisverwaltung dazu stehen.

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KREIS BERGSTRAßE. „Wir sind bei der Energieversorgung in einer Zeitenwende: Die Folgen der Abhängigkeit von fossilen Energien stehen uns drastisch vor Augen. Und die Klimakatastrophe zeitigt Jahrhunderthochwasser und Dürreperioden in erschreckender Regelmäßigkeit“, sagt Angela Dorn (Grüne), Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst. Deshalb wurde im Oktober eine Richtlinie für Denkmalbehörden erlassen, die besagt, dass Solaranlagen auf oder an denkmalgeschützten Gebäuden in der Regel zu genehmigen sind. Das könnte sich nun auch in einigen Städten des Landkreises und ihren historischen Altstädten bemerkbar machen und das Stadtbild deutlich verändern.

Deutliche Zunahme der Anfragen auf Errichtung von Solaranlagen

Bereits in den vergangenen Jahren, aber insbesondere mit Beginn der Energiekrise, sei eine deutliche Zunahme der Anfragen auf Errichtung von Solaranlagen, überwiegend Fotovoltaikanlagen, bei der Unteren Denkmalschutzbehörde zu verzeichnen gewesen, berichtet Alexander Pfaehler, Sprecher des Landkreises Bergstraße. „Grundsätzlich begrüße ich die neuen Regelungen“, so Landrat Christian Engelhardt (CDU). „Sie ermöglichen und erleichtern es Eigentümerinnen und Eigentümern, PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden zu errichten. Dadurch wird die Gesamt-Energiemenge, die über Fotovoltaikanklagen im Kreis generiert werden könnte, gesteigert. Das wiederum kann dazu beitragen, dass die im Klimaschutzkonzept des Kreises angestrebte Energiewende gelingt.“

Ähnlich positiv nehmen auch die Kreisstadt Heppenheim sowie Bensheim, die größte Stadt des Kreises, die Änderung auf. „Wir sind am Thema dran“, erklärt Heppenheims Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU). Gespräche gebe es dazu auch mit der Denkmalbehörde und der Bauaufsicht des Kreises Bergstraße. „Wir sehen eine Notwendigkeit für die Altstadt, über alternative Energien nachzudenken.“ Doch am Ende sei das immer eine Einzelfallentscheidung. Gerade nicht sichtbare Ecken würden sich für Anlagen anbieten.

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In den vergangenen Monaten gab es viele Anfragen beziehungsweise Hinweise bei der Stadt, dass Immobilienbesitzer gerne PV-Anlagen auf den Dächern der Altstadthäuser installieren würden. Bislang waren diese jedoch wegen der bisherigen Regelungen ins Leere gelaufen. Wenn nun das Land Hessen Solaranlagen auf denkmalgeschützten Häusern zulassen will, müsste die Stadt die Altstadtsatzung anpassen. „Wir wollen natürlich den Marktplatz nicht mit Anlagen zupflastern“, so Burelbach. „Aber wir sind offen für das Thema.“

In Bensheim berichtet Umwelt- und Baudezernentin Nicole Rauber-Jung (CDU) ebenfalls von Hausbesitzern, die an einer PV-Anlage interessiert wären. „Unser Eindruck ist allerdings, die meisten Hausbesitzer wissen, dass bei ihrem denkmalgeschützten Gebäude bisher eine PV-Anlage nicht möglich ist“, so die Erste Stadträtin. Durch die geänderte Rechtslage rechnet man nun damit, dass sich die Nachfrage erhöhen wird. „Aus Sicht einer Klima-Kommune begrüßen wir die neue Regelung ausdrücklich. Und wir sind sicher, dass sich in den allermeisten Fällen eine zufriedenstellende Balance zwischen Klimaschutz und Denkmalschutz herbeiführen lassen wird.“

Wie groß die Nachfrage ist und was sich tatsächlich umsetzen lässt, wird sich wohl in den kommenden Monaten zeigen. „Die An- oder Aufbringung von Solaranlagen ist zwar baugenehmigungsfrei, bedarf jedoch bei Kulturdenkmälern, bei Gebäuden innerhalb von Gesamtanlagen (Ensembles) und bei Gebäuden in der Umgebung von Kulturdenkmälern einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung“, so Pfaehler.

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Beeinträchtigungen historischer Stadtbilder sollen minimiert werden

Die neue Richtlinie bedeute nicht, dass alle Anträge auf Anbringung einer Solaranlage zu genehmigen seien. „Berücksichtigt werden muss unter anderem, dass die Konflikte zwischen den Erfordernissen des Klimaschutzes, dem Denkmalschutz und dem optischen Erscheinungsbild von Dachlandschaften weiter zunehmen. Es ist nicht zu verleugnen, dass durch die Errichtung von Solaranlagen insbesondere in Altstädten, trotz Steuerung durch die Denkmalbehörden historische Stadtbilder verändert werden.“ Bei eingehenden Anträgen wird deshalb im Einzelfall geprüft werden, ob eine „erhebliche Beeinträchtigung des Kulturdenkmals beziehungsweise der Gesamtanlage vorliegt“.

Die Denkmalbehörde soll dann die Antragsteller beraten, wie Beeinträchtigungen minimiert werden können, sodass das Vorhaben genehmigt werden kann. Positiv wirken nach Angaben des Kreises Solarmodule, die wenig einsehbar auf untergeordneten oder eingerückten Dachflächen, auf Gauben oder auf Nebengebäuden platziert sind. Auch die Gestaltung spielt eine Rolle: eine matte Oberfläche ohne sichtbare Gitternetzstruktur, keine farblich abgesetzten Rahmen und eine farbliche Anpassung an die Dacheindeckung sind von Vorteil. Außerdem sollten die Module geschlossen in einer klaren geometrischen Form angeordnet sein.

„Optimal sind sogenannte Indachlösungen“, erklärt der Kreis. „Hierbei sind die Solarmodule in die Dachfläche bündig eingepasst und ersetzen die Ziegeleindeckung. Auch Module, die die Formate von Ziegeln aufnehmen und ebenfalls in die Dachhaut integriert werden, sind auf einem Kulturdenkmal sehr vorteilhaft.“.