Sie sehen aus wie andere Menschen auch, doch sie sind ein wenig anders, denn sie tragen etwas in ihrem Körper: einen kleinen Defibrillator. Das Wunderding, das die meisten nur...
LAMPERTHEIM. Sie sehen aus wie andere Menschen auch, doch sie sind ein wenig anders, denn sie tragen etwas in ihrem Körper: einen kleinen Defibrillator. Das Wunderding, das die meisten nur als größere Version zur Wiederbelebung kennen, haben manche Menschen oberhalb ihres Herzens eingepflanzt. Es gibt kleine Stromstöße bei Herzrhythmusstörungen, hat also lebensrettende Funktion. Auch Lampertheimer haben einen „Defi“. Mindestens vier, denn diese sind in einer Selbsthilfegruppe aktiv.
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Monika Arras ist gerade mal 47 Jahre alt, doch ohne den kleinen Begleiter kann sie nicht mehr leben. Die Lampertheimerin hat Vorhofflimmern, der Defi gleicht ihre Herzrhythmusstörungen aus. Ihre Krankheit hat einen ellenlangen Namen, den sich niemand merken kann. Er steht auf einem Zettel, den sie immer bei sich trägt, damit ein Arzt im Notfall weiß, wie es um die Lampertheimerin steht.
Kleine Anstrengungen als unüberwindbare Hürde
„Es ist ein Gendefekt, den ich von meinem Papa geerbt habe. Der starb 1991 im Alter von 41 Jahren. Die Obduktion ergab als Todesursache Herzrhythmusstörung“, erzählt Monika Arras. Sie und ihre Schwester fielen mit Anfang 30 ab und zu um, auch da wussten die Ärzte nicht, warum. Als im September 2008 ihre Schwester mit nur 35 Jahren starb, nahm sich Professor Schimpf im Mannheimer Klinikum der Sache an. Er verglich das Blut von Monika Arras mit dem ihrer Schwester und dem ihres Vaters. So fand er den Gendefekt heraus und empfahl der 47-Jährigen den Defi.
Gesund und fit ist Monika Arras deswegen nicht. Als sie sich vor einiger Zeit mal sehr aufregte, fiel sie unweit ihres Hauses in der Bismarckstraße um. Leider wussten Menschen, die das sahen, nicht, was los ist, und taten das Falsche, nämlich nichts. Das fand die Lampertheimerin sehr traurig. „In so einem Fall muss man doch immer den Notarzt rufen und die Atmung kontrollieren.“ Monika Arras gibt unumwunden zu, dass sie psychologische Betreuung braucht, um ihr Schicksal zu akzeptieren. Denn wie lange der Defi sie schützt, weiß man nicht. Und dennoch versucht sie, ihr Leben zu genießen. Als sie im November 2017 las, dass eine Defi-Selbsthilfegruppe im Heppenheimer Kreiskrankenhaus gegründet werden soll, war sie sofort mit von der Partie. Sie ist sogar die Sprecherin der Gruppe und engagiert sich für die mehr als 30 Mitglieder auf vielfältige Weise. Ihr Mann Christian Putterer fährt sie nicht nur zu allen Terminen der Gruppe, sondern baut auch die Infostände auf.
Constanze Rozek unterstützt Monika Arras bei organisatorischen Dingen, vor allem rund ums Internet. Die 42-Jährige ist erst vor Kurzem nach Lampertheim gezogen. Der Grund: Hier fand sie mit ihrem Mann eine Wohnung, in die man mit einem Aufzug gelangt. Denn für die Defi-Trägerin Constanze Rozek stellen schon kleinste Anstrengungen teilweise unüberwindbare Hürden dar. „Mit 20 Jahren hatte ich eine Grippe, die aufs Herz ging. Der Arzt bemerkte die Herzmuskelentzündung nicht, erst die Folgeschäden mit der Herzinsuffizienz“, erzählt Rozek. Dann lag sie fast zwei Jahre lang im Krankenhaus, die Ärzte meinten, sie dürfe sich nicht bewegen und benötige eine Herztransplantation. „In einer anthroposophischen Klinik baute man mich wieder auf. Dann lebte ich ganz gut vor mich hin, bis ich mit 30 Jahren einen Defi bekam“, erinnert sich die gebürtige Karlsruherin. Im letzten Jahr hatte sie eine Operation zwecks Wundverbesserung, denn die Defi-Wechsel hatten ihre Spuren hinterlassen. In der Folge versagten die Nieren, sodass sie nun zur Dialyse muss. Zeitweise stand sie auf der Hochdringlichkeitsliste für Herztransplantationen. Inzwischen sind ihre Herzwerte besser, sie steht auf der normalen Transplantationsliste. Hoffnung auf ein neues Herz hat sie nicht, es gebe zu wenige Organspenden.
Monika Arras und Constanze Rozek versuchen, das Beste aus ihrem Leben zu machen. Gerade weil soziale Kontakte bei längeren Krankengeschichten auf der Strecke bleiben, ist ihnen die Defi-Selbsthilfegruppe „Die mit Herz“ wichtig. „Wir tauschen uns aus und merken so, dass wir nicht alleine sind“, meint Constanze Rozek.