Werben um die Fachkräfte der Zukunft

Seit 2009 beteiligt sich der Kreis Bergstraße an der Strategie Olov. Die Abkürzung steht für „Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit bei der Schaffung und Besetzung...

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HEPPENHEIM. Seit 2009 beteiligt sich der Kreis Bergstraße an der Strategie Olov. Die Abkürzung steht für „Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit bei der Schaffung und Besetzung von Ausbildungsplätzen in Hessen“. Olov wird von der hessischen Landesregierung und von der EU finanziert. Am Übergang von der Schule in den Beruf sollen junge Menschen möglichst genau vermittelt werden. Am Dienstag wurde im Landratsamt in Heppenheim eine Vereinbarung unterzeichnet, in der fünf Oberziele formuliert sind.

Es gibt junge Leute, die wissen genau, was sie nach dem Ende der Schulzeit werden wollen. Andere sind orientierungslos, brechen Studium oder die Berufsausbildung ab. Der Bergsträßer Landrat Christian Engelhardt (CDU) sagte, wozu das führt: Für den Einzelnen kann eine Fehlentscheidung zu einem dramatischen Einschnitt in der Biografie führen. Für die Gesellschaft wird es teuer, wenn Menschen ohne Ausbildung von den Sozialsystemen aufgefangen werden müssen.

„Wegen des demografischen Wandels und weil immer mehr junge Leute studieren, ist es für die Unternehmen wichtig, die Jugendlichen zu erreichen“, sagte der Landrat. Olov soll helfen, die Kontakte zu knüpfen. Im Vergleich finden die jungen Leute, die nach der Jahrtausendwende geboren wurden, in Deutschland paradiesische Zustände vor. Die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz (CDU) nannte Zahlen, die das belegen. Während in anderen EU-Ländern bis zu 25 Prozent aller Bürger unter 25 Jahre arbeitslos sind, herrscht im Kreis Nachwuchsmangel. 2016 waren 23 Personen unter 25 Jahre als arbeitslos gemeldet. Das entspricht einem Anteil von einem Prozent.

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Die „regionale Olov-Strategie“, die in Heppenheim unterzeichnet wurde, ist laut Hermann Riebel und Karin Weißhaar vom Jugendamt eine Art Masterplan. Riebel und Weißhaar sind die beiden regionalen Olov-Koordinatoren. Im Masterplan wird unter anderem festgelegt, dass Berufs- und Studienorientierung an den Schulen zu einer Art Pflichtfach wird. Die Schulen müssen ihre Konzepte dem Staatlichen Schulamt in Heppenheim vorlegen, und die fächerübergreifende Berufsorientierung wird auf die Gymnasien ausgedehnt. Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf werden gefördert. Es werden Daten erhoben, die Auskunft geben über die Zahl der Schulabgänger und die Zahl der jungen Leute, die eine Berufsausbildung oder ein Studium beginnen.

Durch verbesserte Öffentlichkeitsarbeit soll erreicht werden, dass Beruf und Studium als gleichwertig anerkannt werden. Torsten Heinzmann (IHK Darmstadt) beschrieb den „Trend zur Akademisierung“, der der Industrie zu schaffen macht. Es fehle nicht viel, und die Unternehmer müssten von Haus zu Haus gehen, um Bewerber für ihre Ausbildungsplätze zu finden. „Deshalb ist Olov ein wichtiges Netzwerk“, sagte er. Ähnlich klang die Beschreibung des Problems durch Bernd Sieber von der Handwerkskammer Rhein-Main. Weil viele Akademiker erwarten, dass auch die Kinder studieren, sei es schwer, Nachwuchs zu finden. Dabei sei das deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem durchlässig und flexibel. Wolfgang M. Drecher (Vereinigung der hessischen Untenehmerverbände) und Ursula Krebs (Bildungswerk der hessischen Wirtschaft) berichtete von Ausbildungsinformationstagen, von Speed-Dating, von „Nächten der Ausbildung“, mit denen dem Nachwuchsmangel begegnet wird.

Drecher gab zu bedenken, dass ein Industriefacharbeiter bis zu 3000 Euro pro Monat als Anfangsgehalt verdient, während eine Grundschullehrerin mit 2000 Euro zufrieden sein muss. Susanne Berneit und Alexandra Nütten von der Arbeitsagentur sowie Rainer Kilian, Leiter des Staatlichen Schulamtes, lobten Olov als Netzwerk, um sämtliche Akteure an einen Tisch zu bekommen.

Die Arbeitsagentur will sich an die Eltern wenden. Für Dienstag, 23. Mai, soll nach Heppenheim zu einer Informationsveranstaltung eingeladen werden.