Fabian Schöne segelt zusammen mit seinen Bandkollegen auf prächtigen Klangwellen durch den Marstall.
HEPPENHEIM. Da fegte zum Finale der Reihe „Jazz im Marstall“ von Forum Kultur eine ordentlich steife Brise durch das alte Gemäuer: Fabian Schöne, aufgewachsen bei Flensburg und bekennender Küstenbewohner – auch wenn es ihn schon lange nach Mannheim verschlagen hat –, war mit seinem Quartett an die Bergstraße gekommen, im Seesack die erste CD „Cast off – Leinen los“, bei der auch der Ausnahmetrompeter Axel Schlosser, Solist der hr-Bigband, mitgemischt hatte: als „Special Guest“ und Satzpartner des Saxofonisten auf der Brücke ergab das ein fabelhaftes Duo, das auch bei Windstärke 10 volle Kraft voraus riskierte.
Aber immer mit einer Handbreit Wasser unterm Kiel: Dafür sorgte die Mannschaft mit László Szitkó (Piano), Friedrich Betz (Kontrabass) und Tobias Frohnhöfer (Schlagzeug), die mit ausgeklügeltem Drive den Steuerleuten ordentlich einheizten, aber auch reichlich Gelegenheit bekamen, ihre solistischen Qualitäten unter Beweis zu stellen. Schon beim Opener, dem Titelsong der CD, die am 12. Januar 2018 beim Label „Double Moon“ als Volume 71 der Reihe „Jazz Thing Next Generation“ erschienen ist, hatte das Quartett hart am Wind navigiert. Mit kraftvollem Sound, dabei beschwingt die gute Laune in der Zuhörerschaft fördernd, vermittelten die Musiker die Aufbruchstimmung zu neuen Ufern, die ein Debüt verspricht.
„Hiking Viking“ zum Beispiel – Wikinger mussten sein, die Freibeuter folgten später – beginnt mit wuchtigen Paukenschlägen von Tobias Frohnhöfer, bevor sich auch Axel Schlosser hinzugesellt und der Blechbläserdialog seine Strahlkraft entfaltet in einer langen, üppig ausgespielten Live-Version der Schöne-Komposition.
Der Bandleader hatte für das Album vorhandenes Material um eigens für die Aufnahme geschriebene Stücke und einen Coversong, „If I should lose you“ von Nina Simone, ergänzt, wobei die neun Tracks neben rhythmisch verzwicktem Beat bis zu Balladeskem reichen wie bei „Maria“, das mit einem spannenden Kontrabass-Intro einsetzt und sich zu andächtig-lyrischem Höhenflug aufschwingt.
„Skildpadden“, die Schildkröte (auch Fabian Schöne ist im Grenzland mit der dänischen Sprache in der Schule groß geworden), kommt dabei keineswegs bedächtig daher, sondern fordert die Rhythmusgruppe zu wirbelndem Einsatz heraus, und das macht besonders dem Drummer großen Spaß.
Die Interaktion des Quartetts, das sich erst 2016 zu Konzerten zusammengefunden hatte, war überhaupt bemerkenswert. Axel Schlosser hatte schon nach der CD-Einspielung den Hut gezogen vor seinen Kollegen und steuerte zum Live-Konzert auch eigene Stücke bei, wie „Mookin’ & Cookin’“ oder „Downdraft“, einem Ungemach bringenden Fallwind, den der Trompeter und Flügelhornist in hochdramatische Töne umgesetzt hatte.
Und dann kam „Black Flag“ von Fabian Schöne, die Band hisste den „Jolly Roger“, das Piratenbanner, und segelte noch einmal Volldampf voraus mit einer bombastischen Up-tempo-Nummer, bei der das bisher schon enthusiastische Publikum schier aus dem Häuschen geriet: ein begeisternder Abschluss einer „schönen, bemerkenswerten Saison“, wie Programmverantwortlicher Christoph Hussong Bilanz zog. Im Jahr zwei nach der Einführung des Online-Ticket-Systems hätte sich die Innovation bereits ausgezahlt, den Einzugsbereich beträchtlich erweitert und somit den Bekanntheitsgrad der Sparte Jazz wie gewünscht gesteigert.