In Heppenheim wurden acht weitere Stolpersteine verlegt. Sie halten die Erinnerung wach an jüdische Bürger, die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet oder verfolgt...
HEPPENHEIM. In Heppenheim wurden acht weitere Stolpersteine verlegt. Sie halten die Erinnerung wach an jüdische Bürger, die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet oder verfolgt wurden. Der Kölner Bildhauer Gunter Demnig (69) war am Vormittag zunächst in Lorsch am Werk, bevor er jeweils vier dieser Messingblöcke auf dem Gehweg vor dem Haus Lorscher Straße 17 und vor dem Geschäft an der Friedrichstraße 34 in der Heppenheimer Fußgängerzone einließ. Dort lebten die Familien Baruch und Bach. Der Arzt Dr. Calvin Lutrin, ein Enkel von Leo und Rosa Bach, war mit seiner Frau Sandy aus den USA angereist, um bei der Verlegung dabei zu sein.
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60 Kommunalpolitiker, Vertreter der Kirchen, Gewerkschafter und Bürger der Stadt verfolgten bei strömendem Regen die feierliche Kunstaktion, die vom Verein „Stolpersteine Heppenheim – Erinnern für die Zukunft“ in die Wege geleitet wurde. Wie Sabine Fraune berichtete, hatte Michael Weil den Kontakt zu den Bach-Nachkommen hergestellt. Das Ehepaar Lutrin hält sich noch bis Freitag in Heppenheim auf. Am Mittwochvormittag waren die Gäste von Professor Karl Härter durch Heppenheim geführt worden, bevor sie sich in das Goldene Buch eintrugen.
Während Demnig die Steine an der Lorscher Straße verlegte, erinnerten Schüler des Starkenburg-Gymnasiums – Tamara Schön, Katharina Vieth und Dominik Serdani – an die Schicksale von Abraham, Dina, Helmuth und Erich Baruch, die dort bis 1936 wohnten. Abraham Baruch hatte 1913 die Heppenheimerin Dina Meyerhof geheiratet. In der Kleinen Bach führte er gemeinsam mit Alexander Goldschmidt das Mode- und Stoffgeschäft Goldschmidt & Baruch. Dianas Vater Emanuel Meyerhof hatte die ehemalige Synagoge gekauft, nachdem 1900 ein neues jüdisches Gotteshaus eingeweiht worden war. Abraham Baruch starb 1935. Ein Jahr später flüchtete seine Frau Dina mit den Kindern Erich und Helmuth nach Holland.
Helmuth Baruch kam 1945 im KZ Bergen-Belsen um
Helmuth wurde 1944 interniert, kam nach Auschwitz und anschließend in weitere Konzentrationslager. 1945 starb er in Bergen-Belsen. Dina Baruch starb kurz nach dem Krieg in Holland. Nur Erich Baruch überlebte. Zwei Töchter leben in Australien.
Werner Gerz erinnerte während der Gedenkfeier an die Judenverfolgung in Nazi-Deutschland. Christian Seeger und Carsten Schneider umrahmten die Feier musikalisch mit Gitarre und Saxofon. Calvin Lutrin las ein jüdisches Totengebet, bevor er sich in herzlichen Worten bedankte. Er erinnerte daran, wie die Juden millionenfach gequält, ausgeraubt, entwürdigt und in den Todeslagern ermordet wurden. So etwas dürfe sich nie wiederholen, sagte er.
Von der Lorscher Straße zogen die Gäste weiter vor das Geschäft Brillen-Ludwig. Dort hatte Demnig schon die anderen Stolpersteine verlegt. Stadtverordnetenvorsteherin Susanne Benyr legte Blumen nieder. Die Schüler erinnerten an Leo und Rosa Bach sowie deren Kinder Kurt und Gerda. Das Ehepaar betrieb ein Textilgeschäft, das sie 1936 zunächst an Carl Schubert verpachteten, um es später an ihn zu verkaufen. Leo Bach war zu diesem Zeitpunkt im KZ Buchenwald inhaftiert. Das Geld aus dem Verkauf ging auf ein Sonderkonto, auf das das Ehepaar Bach keinen Zugriff hatte. Die Kinder konnten 1936 den Nazis durch die Flucht nach Südafrika entkommen.
Gerda Bach, die 1912 in Heppenheim geboren wurde, heiratete in Johannisburg Solly Lutrin. Tochter Shirley wurde 1940 geboren, Sohn Calvin 1946. Gerda Lutrin geborene Bach starb 2001.
Seit Mittwoch mahnen insgesamt 16 Stolpersteine. Nachdem der Verein 2013 gegründet wurde, waren im Jahr darauf Steine an der Lehrstraße und an der Darmstädter Straße verlegt worden. Vor dem früheren Kaufhaus Metzendorf, wenige Meter von der Friedrichstraße 34 entfernt, erinnert eine im Boden eingelassene Tafel an die Geschichte der Kaufhausbesitzer Mainzer.