(mam). Zur viel beachteten Ausstellung „Legalisierter Raub“ im Museumszentrum Lorsch zur Ausplünderung der Juden unter den Nationalsozialisten gehört auch ein...
HEPPENHEIM. (mam). Zur viel beachteten Ausstellung „Legalisierter Raub“ im Museumszentrum Lorsch zur Ausplünderung der Juden unter den Nationalsozialisten gehört auch ein umfangreiches Begleitprogramm mit Schwerpunkt in Heppenheim. Mit „Jüdischen Häusern in Heppenheim“ beschäftigt sich Dietrich Schnabel für den Geschichtsverein bei einem Bildervortrag am Mittwoch, 15. März. Dieser beginnt um 19 Uhr im Marstall des Kurmainzer Amtshofs, Amtsgasse 5, in Heppenheim. Der Eintritt ist frei.
In den zwanziger Jahren lebten über 130 Juden in Heppenheim, schreiben dazu die Organisatoren. Manche von ihnen, zum Beispiel der Philosoph Martin Buber, wohnten in stattlichen Anwesen. Andere lebten in kleinen Wohnhäusern mit integriertem Ladengeschäft – wie die Familie Sundheimer. Ihr Haus in der Lehrstraße 3 wurde zum „Judenhaus“: Hier seien die noch in Heppenheim verbliebenen Jüdinnen und Juden vor der Deportation 1942 zusammengepfercht worden.
Mit zahlreichen alten Fotografien führt Schnabel die Besucher in seinem Diavortrag durch das Heppenheim des beginnenden 20. Jahrhunderts und erinnert dabei an die Schicksale der jüdischen Familien, die hier einst wohnten.
Wohnhäuser verwüstet, Synagoge zerstört
Zusammen mit seiner Frau Ida und seinen fünf Kindern lebte Maier Sundheimer in der Lehrstraße 3 in Heppenheim ein harmonisches Leben – bis zur „Machtübernahme“ der Nationalsozialisten. Nachdem ihm bereits sein Geschäft genommen und seine Kinder der Schule verwiesen wurden, fanden die Diskriminierungen in der „Reichspogromnacht“ einen vorläufigen Höhepunkt. SA-Trupps verwüsteten die Wohnhäuser der Juden und zwangen Maier und die anderen jüdischen Männer, ihre eigene Synagoge zu zerstören.
Maiers Kinder erlebten das nicht mit: Drei von ihnen hatten sich ins Ausland gerettet. Der Sohn Ludwig wurde verhaftet und nach Dachau verschleppt; nach zweimonatiger Haft kehrte er zurück nach Heppenheim. Die Tochter Eva, die im Oktober 1938 einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte, wurde im Alter von 16 Jahren auf Anweisung des Erbgesundheitsgerichts wegen angeblicher Schizophrenie sterilisiert. Sie kehrte danach ebenfalls in ihr Elternhaus zurück, welches Anfang 1942 zum „Judenhaus“ wurde.
Am 18. März 1942 wurde die Familie Sundheimer zusammen mit den anderen Juden, die noch in der Lehrstraße 3 lebten, über Darmstadt in die Nähe von Lublin in Polen deportiert. Wann genau die Sundheimers dort starben, ist nicht bekannt.
Der Diavortrag „Jüdische Häuser in Heppenheim“ gehört zum Begleitprogramm zur Ausstellung „Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945“, die der Hessische Rundfunk und das Fritz-Bauer-Institut auf Einladung des Heimat- und Kulturvereins Lorsch bis zum 14. Mai im Museumszentrum Lorsch präsentieren. Die Ausstellung, deren Entstehung von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen sowie vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert wurde, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Gruppen können sich unter der Telefonnummer 06251-70 79 928 oder E-Mail a.roos@geo-naturpark.de anmelden. Gruppenführungen können für 50 Euro gebucht werden.
Zahlreiche Partner unterstützen das Begleitprogramm sowie die regionale Präsentation der Ausstellung im Museumszentrum Lorsch: Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge, Auerbacher Synagogenverein, DGB-Ortsverein Bensheim, Evangelisches Dekanat Bergstraße, Forum Kultur Heppenheim, Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger Bensheim, Goethe-Gymnasium Bensheim, Heimat- und Kulturverein Lorsch, Heppenheimer Geschichtsverein, Landkreis Bergstraße, Martin-Buber-Haus, die Sparkassen Bensheim und Starkenburg, die Städte Heppenheim und Lorsch, Stadtarchiv Heppenheim sowie „Stolpersteine Heppenheim – Erinnern für die Zukunft“.