Wandern unterm Windrad

Der Nibelungensteig lädt zum Wandern und erholen ein. Zwischen den Baumkronen ragen die Windräder empor, die leise vor sich hin surren. Fotos: Sascha Lotz/Julia Wetzel

Landrat Christian Engelhardt wandert über den Nibelungensteig, vorbei an der Walburgiskapelle zu den Windrädern auf dem Kahlberg. Wie die zuständigen Bürgermeister sagen,...

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FÜRTH/GRASELLENBACH. Die Vögel zwitschern, die Baumkronen rascheln im Wind. Und dann ist da ein leises Surren, das sich hin und wieder mit Pfeifgeräuschen vermischt. Schaut man gen Himmel, sieht man die Ursache, die Windräder auf dem Kahlberg. Die insgesamt fünf Windräder auf derGemarkung von Fürth und Grasellenbach ragen entlang des Wanderwegs Nibelungensteig zwischen den Bäumen hervor.

Der Nibelungensteig lädt zum Wandern und erholen ein. Zwischen den Baumkronen ragen die Windräder empor, die leise vor sich hin surren. Fotos: Sascha Lotz/Julia Wetzel

„Bei uns ist das mit den Windrädern relativ glücklich verlaufen“, sagt Grasellenbachs Bürgermeister Markus Röth. „Wir haben relativ wenig Widerstand bekommen.“ Dem schließt sich auch der Fürther Bürgermeister Volker Oehlenschläger an. Gemeinsam teilen sich die zwei Gemeinden die Windräder. „Wir haben uns bereits 2010 entschieden, auf so eine Art Energieerzeugung zu setzen und haben uns von vornerein dafür positioniert“, so Oehlenschläger. „Das erfolgt alles im Rahmen der Nachhaltigkeit der Forstwirtschaft. Dennoch müsse man solche Projekte mit Bedacht angehen. „Man darf nicht anfangen, und alles mit Windrädern zupflastern, sonst ist die Akzeptanz und der Grundkonsens gefährdet“, sagt Grasellenbachs Bürgermeister Röth. „Man muss den Menschen Zeit geben, sich daran zu gewöhnen“, ergänzt Volker Oehlenschläger. „Die Politik muss das so gestalten, dass die Lösung dauerhaft mehrheitsfähig ist“, sagt Landrat Engelhardt bei der Wanderung auf seiner Sommertour durch den Kreis.

Unerwartete Unterstützung bekommen die Kommunen und der Windpark vom BUND Bergstraße. „Wir verstehen uns als Energiewende-Verband“, sagt Guido Carl, Vorstandsmitglied des BUND Bergstraße. Die Prognosen sehen nicht rosig aus, es bleibe weniger Zeit, um einen Wandel herbeizuführen. „Die Umstellung ist nicht einfach. Parallel werden Kohle- und Atomkraftwerke abgeschaltet und Windkraft aufgebaut“, so Carl. „Man muss etwas tun. Was nicht heißt, dass man Windräder bauen kann, wo man will.“

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Wenn Menschen sagen, dass sie keine Windräder möchten und nach Alternativen gefragt werden, wüsste niemand eine Antwort, so Carl. Eine Alternative gebe es nicht. „Die Frage ist nur, wie viele Windräder benötigt werden würden, um dem Klimawandel entgegenzuwirken“, sagt Guido Carl. „Die allermeisten machen ihren Frieden damit, die Menschen gewöhnen sich an die Windräder“, ist sich der Mann vom BUND sicher. „Es ist eine Notwendigkeit.“ Sie wurden da gebaut, wo es ging. „Die Standorte sind akzeptabel.“

Für manchen Wanderer dürften die Stahl-Kolosse am Wegesrand eher ungewöhnlich sein. Ebenso die Warnschilder, die vor Eisabwurf warnen. Doch der Wandertourismus wächst. Denn auch einfach mal das Auto stehen lassen, trägt zum Klimaschutz bei. Der Nibelungensteig, der die Sehnsucht der Menschen nach Wald stillen soll, wie der Landrat sagt, führt von Fürth-Weschnitz kommend, unter anderem vorbei an der Walburgiskapelle. „Die Gesteine hier sind 280 Millionen Jahre alt“, sagt Jutta Weber vom Geo-Naturpark. Damals war dort noch Wüste. Das hat sich alles im Verlauf der Geschichte verändert. „Und auch jetzt ist wieder nur eine Phase in der Erdgeschichte“, sagt Weber. „Es kommt darauf an, wie der Mensch eingreift. Denn Nachhaltigkeit bedeutet auch, dass wir die Gegebenheiten nur so ändern, dass auch die Menschen nach uns hier noch gut leben.“

Auf dem Nibelungensteig und im Wald generell soll der Wald erlebt werden können. Es sei wissenschaftlich belegt, dass der Aufenthalt im Wald förderlich für die Gesundheit ist, so Jutta Weber. Und auch für Landrat Christian Engelhardt hängen Wandern und Naturerlebnis eng zusammen. Doch um Touristen auf die Odenwälder Wanderwege zu bringen, reiche es nicht aus, mit markierten Wanderwegen zu werben. „Es müssen Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten sowie Sehenswürdigkeiten geboten werden“, sagt Kornelia Horn, Geschäftsführerin der Destination Bergstraße-Odenwald. Dadurch konnte auch die Zahl der Arbeitsplätze in den letzten Jahren gesteigert werden.