Das Zwischenlager ist fast fertig

Äußerlich kaum verändert bis auf zwei neue Hallen ist das Atomkraftwerk Biblis. Foto: Thorsten Gutschalk

Der Abriss des Atomkraftwerks Biblis kommt voran. Kraftwerksdirektor Horst Kemmeter zeigte sich beim 71. Kraftwerksgespräch optimistisch, dass die gesamte Anlage wie geplant...

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BIBLIS. Seit Sonntag gibt es in den beiden Blöcken des Atomkraftwerks Biblis keine Brennelemente mehr, nur noch einzelne Brennstäbe. Wie Kraftwerksdirektor Horst Kemmeter am Montag berichtete, wurden die letzten dieser gebündelten Brennstäbe aus Block B in einen Castorbehälter gepackt, der anschließend in das wenige Meter entfernte Zwischenlager gebracht wurde. Bis Mai soll auch dieser Block frei von nuklearen Brennstoffen sein.

Im Zwischenlager stehen inzwischen 101 Castoren. In der Halle ist Platz für 135. Das Ausschleusen von insgesamt 52 Behältern in den vergangenen drei Jahren nannte der Kraftwerksdirektor eine Erfolgsgeschichte. Jeder Castor wiegt 130 Tonnen. Dass das Ausräumen des Blocks B ohne Arbeitsunfall und störungsfrei verlaufen ist, sei "ein Verdienst der Mitarbeiter".

Kemmeter zeigte sich beim 71. Kraftwerksgespräch vor 100 Zuhörern optimistisch, dass die gesamte Anlage wie geplant 2032 aus dem Atomgesetz entlassen werden kann. Nach der Genehmigung zum Rückbau, die im März 2017 erteilt wurde, seien einzelne Projekte bereits abgehakt. Auch was die Finanzierung betrifft, zeigte er sich optimistisch. Die 1,5 Milliarden Euro, die für den Rückbau einkalkuliert wurden, könnten reichen.

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Die Dampferzeuger werden nun zerlegt

Kemmeter informierte die Zuhörer darüber, welche Arbeiten in den nächsten Monaten anstehen. So sollen die insgesamt acht Dampferzeuger zerlegt werden. Ziel der Betreibergesellschaft RWE Nuclear GmbH sei es, möglichst viele Materialien so zu bearbeiten, dass sie keine radioaktiven Strahlen mehr abgeben. Zum Dekontaminieren werden unter anderem Geräte eingesetzt, die Wasser mit einem Druck von bis zu 2500 Bar auf die Oberflächen der Materialien spritzen. Zu den neuen Techniken gehört, dass einzelne Komponenten auch mit Stahlpartikeln, Sand oder Ultraschall dekontaminiert werden.

Unterdessen wird auf dem Kraftwerksgelände laut Kemmeter auf RWE-Kosten ein weiteres Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfallstoffe gebaut, das Ende dieses Jahres fertig sein soll. Sämtliche Zwischenlager der deutschen Atomkraftwerke wurden mittlerweile verstaatlicht. Im Gegenzug haben die Kraftwerksbetreiber 24,1 Milliarden Euro, die sie an Rückstellungen gebildet hatten, in einen Fonds eingezahlt. So kann das Zwischenlager in Biblis, in dem die 101 Castoren stehen, vom 1. Januar an von der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung mbH (BGZ) betrieben werden. Das weitere Zwischenlager, das im Bau ist, soll zum 1. Januar 2020 der BGZ übertragen werden. Die Belegschaft am Standort Biblis wurde zum 1. Juli neu organisiert. Mittlerweile arbeiten 300 Menschen auf dem Kraftwerksgelände. Als das Atomkraftwerk noch Strom produzierte, waren es bis zu 1000. Die Mitarbeiter sind den Abteilungen Abbau und Überwachung zugeordnet.

Im Verlauf eines Podiumsgesprächs äußerte sich der Bibliser Bürgermeister Felix Kusicka (parteilos) optimistisch, was die Zukunft dieses Industriestandorts betrifft. Sein Blick geht über das Jahr 2032 hinaus. Er hofft, dass auf dem Gelände ein Gaskraftwerk gebaut wird. Außerdem könnte sich ein Unternehmen ansiedeln, das Rotorblätter veralteter Windkraftanlagen zerlegt. "Wir sind nicht in das große Loch gefallen, das wir 2011 gesehen haben." Damals hatte die Bundesregierung nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima den beschleunigten Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie beschlossen. Biblis gehörte zu den Kraftwerken, die sofort abgeschaltet werden mussten. Kusicka wiederholte seine Einschätzung, das Kraftwerksgelände werde mit dem Rückbau zu einem "Rohdiamanten", der Biblis eine glanzvolle Zukunft verheißt.

Die Fachleute erklärten im Kraftwerksgespräch auf eine Frage aus dem Publikum, was ein Zwischen- von einem Endlager unterscheidet. Mit den oberirdischen Zwischenlagern solle die Zeit überbrückt werden, bis die hoch radioaktiven Stoffe in eine geologische Schicht gebracht werden können, in der sie von der Biosphäre abgeschirmt sind. Ein solches Endlager muss noch gebaut werden. Fachleute gehen davon aus, dass es noch Jahrzehnte dauern wird, bis ein solches Lager zur Verfügung steht.

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Obwohl die zeitlichen Dimensionen bekannt sind, ging ein Raunen durch das Informationszentrum, als noch einmal gesagt wurde, wie lange der hochradioaktive Atommüll sicher gelagert werden muss, bis er ungefährlich ist: eine Million Jahre.