Die Entscheidung von Weinland Nahe, künftig Männer zur Wahl der Weinmajestäten zuzulassen, führte zu intensiven Diskussionen. Wir haben ein paar Reaktionen gesammelt.
Kreis Bad Kreuznach. Ein Weinkönig an der Nahe? Für Tobias Heil eher weniger vorstellbar. Dennoch ist für den Kreuznacher, der zusammen mit seiner Frau Birgit das Marktkaffee am Kornmarkt betreibt, „Emanzipation und bedingungslose Gleichberechtigung sehr wichtig“. Viele Veränderungen in diesem Zuge zeugten jedoch eher von „Gleichmacherei“. „Männer und Frauen sind nicht gleich, und das ist gut so.“ Was vor vielen Jahren zur Tradition geführt habe, werde durch solche Dinge wie die Wahl eines Weinkönigs statt einer Königin ad absurdum getrieben. „Genauso wie Frauen für besonders kraftintensive Tätigkeiten meist nicht geeignet sind, empfinden wir sie alle als das schönere und repräsentativere Geschlecht“, ist Heils These. Bei den Weinmajestäten gehe es nicht um echte Aufklärungsarbeit, sondern um die Vermarktung des Weins. „Warum kann man dann nicht ehrlich dazu stehen, dass sich dazu Frauen einfach besser eignen?“ Heterosexuelle Männer würden sich um diesen Job vermutlich kaum bewerben. „Die neue Möglichkeit bietet also queeren Menschen eine Chance“, schlussfolgert Heil. Das sei aber völlig am Ziel vorbei, da es um Vermarktung gehe, „und das hat immer, immer etwas mit Identifikation zu tun. Ich muss eine möglichst breite Gruppe mit meinem Aufwand erreichen oder ich fahre mehrgleisig“.
Kontra gibt Iris Prencipe vom „Da Vinci“ : „Ich find’s super, dass einem Mann zugetraut wird, das Amt fachlich genauso gut ausfüllen zu können wie eine Frau.“ Sonst seien es eher die Frauen, die sich etwas erkämpfen müssten. „Es geht doch darum, fachlich den Besten für das Amt zu finden“, sagt Prencipe. Schon über Jahre sei es so, dass bei der Wahl Fachwissen abgefragt werde. Die Majestäten seien gebildete, wortgewandte Frauen, die die Weinregion repräsentierten. Es gebe bestimmt auch einige Jungwinzer, die sich eignen würden. Schade findet sie, dass das von manchen ins Lächerliche gezogen werde. Es werde schließlich niemand gezwungen, sich zu bewerben. Am Ende komme es weder auf Geschlecht noch die sexuelle Orientierung an, sondern darauf, ob jemand die Leidenschaft für das Amt und die damit verbundenen Aufgaben mitbringe.
Eine weitere, spannende Perspektive auf das Thema öffnet die ehemalige Weinmajestät Margit Klein (heute Klein-Forster). Sie amtierte 1988/89 als Naheweinkönigin und wurde anschließend zur deutschen Weinprinzessin gekürt. Sie erinnert sich noch gut an die Zeit, als Weinmajestäten eher als „schmückendes Beiwerk in einer Männerwelt“ gesehen wurden. „Ich habe damals eine Übergangsphase erlebt“, berichtet die heutige Erste Vorsitzende des Weinordens an der Nahe. Zu ihrer Zeit sei das Bild der Weinmajestäten bereits im Wandel gewesen. Dennoch habe sie erlebt, dass die Leute erstaunt reagiert hätten, als diese merkten, dass sie sich tatsächlich mit Wein auskannte. Dass das Amt der Weinmajestät nun auch für Männer zugänglich sei, erscheint für die Rümmelsheimerin „eine logische Konsequenz im Sinne der Gleichberechtigung“. Zudem sei das nicht die erste Veränderung, wenn man bedenkt, dass Weinmajestäten in den Anfangsjahren nicht mal verheiratet sein durften. „Wir müssen mit der Zeit gehen“, ist sie überzeugt. Immerhin müssten sich die Briten nun auch an einen König gewöhnen. „Warum wir dann nicht an einen Weinkönig?“
Außerdem befragt haben wir CDU-Politikerin Julia Klöckner, die 1994 zur Naheweinkönigin und 1996 zur deutschen Weinkönigin gewählt wurde. „Ehrlich gesagt habe ich dabei zwei Herzen in meiner Brust - oder besser gesagt: Kopf und Bauch ringen etwas miteinander. Der Kopf sagt mir: Klar, warum nicht? In Zeiten von Gleichberechtigung ist es doch komisch, dass ein solches Amt nur Frauen vorbehalten ist. Warum nicht auch mal ein Mann?“, so Klöckner, die aber zugibt: „Mein Bauch findet es noch etwas ungewohnt, und ich kann nachvollziehen, wenn sich einige mit dem Gedanken schwertun - Weinköniginnenkrone und Mann?“ Ihr Fazit: „Am Ende bin ich offen. Es muss nicht immer alles so bleiben, wie es ist. Vielleicht setzt sich die Idee durch, vielleicht auch nicht. Das sollten wir gelassen sehen. Klar ist, sollte es mal ein Mann werden, der das Amt des Weinkönigs übernimmt, wird man sich Neues in Sachen Kleidung und Krone überlegen müssen. Keine unüberwindbare Hürde ist das. So oder so: Unseren wunderbaren Nahewein in Deutschland und der Welt zu repräsentieren, erfordert Leidenschaft, Interesse, Fachwissen und Freude. Das können Frauen wie Männer gleichermaßen. Schließlich kommt es auf die Botschaft und die Werbewirkung für unsere Naheweinregion an.“