Die Flucht der Familie Amiri vor den Taliban endet in Weilrod

Hamed, Sabor und Mohammad (stehend von links),  Najibe und Mohammad Sadegh Amiri (Mitte sitzend), Abdulhadi  und Zekrollah (vorne sitzend von links) leben gerne in Deutschland und suchen eine neue Bleibe.  Foto: Heinrich Siebert
© Heinrich Siebert

Familie Amiri floh aus Afghanistan, weil Vater Mohammad gegen die Taliban aufbegehrte. Hier lebt sie gut integriert, allerdings auf äußerst beengtem Raum in Weilrod.

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USINGEN/WEILROD. Zu siebt teilen sie sich eine Dreizimmerwohnung von etwa 90 Quadratmetern Fläche. Und ein kleines Bad. Die afghanische Familie Amiri, die jetzt in Usingen wohnt. Familie Amiri kam im September 2015 nach Deutschland. "Die fünf Jungs sind auf einem guten Integrationsweg", freut sich Heinrich Siebert von der Flüchtlingshilfe Weilrod über die Entwicklung der Söhne von Mohammad Sadegh Amiri und seiner Frau Najibe. Zusammen mit Marie Götz, ebenfalls für die Weilroder Flüchtlingshilfe tätig, hat Siebert die Familie seit ihrer Ankunft in der Erbisbühle bei Altweilnau betreut. Damals kamen sie zusammen mit Najibe Amiris Bruder Abdulhadi Amiri sowie der Frau und drei Kindern des ältesten Sohns Khaled Amiri (34) aus dem Iran. Ihre Flucht führte sie über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich mit Bus und Zug zunächst nach München, wo sie einige Tage bei Verwandten unterkamen. Über das Aufnahmelager in Gießen wurden sie nach Weilrod in die Erbismühle geschickt.

Sie hatten bereits einige Jahre im Iran gelebt, da der Vater Mohammad Sadegh Amiri als Widerstandskämpfer gegen die Taliban damals aus Afghanistan fliehen musste. Die Kinder gingen dort zur Schule. So hat Sohn Hamed Amiri (26) im Iran einen dem Abitur vergleichbaren Schulabschluss gemacht. Und hier in Deutschland fand er eine Ausbildungsstelle als Bäcker bei Bäckerei Schmidt in Merzhausen. Schwierig ist nur der Weg zu seiner Arbeitsstelle, denn seine Arbeit beginnt um ein Uhr nachts. Entweder fährt er mit dem Fahrrad oder mit dem letzten Anruf-Sammel-Taxi um 23 Uhr. Dann muss er noch zwei Stunden warten. Glücklicherweise lebt sein ältester Bruder Khaled mit Familie in Merzhausen, wo er die Zeit verbringen kann. Khaled Amiri ist Schneider und hat in Niederreifenberg eine Arbeitsstelle gefunden.

Der 25-jährige Zekrollah Amiri durfte als einer von wenigen Bewerber an der University of Applied Sciences in Frankfurt ein Jahr lang Deutsch lernen, danach hat er vier Monate lang das Programm "Wirtschaft integriert" besucht. Dabei bekam er Einblicke in verschiedene Betriebe. Bei der Schreinerei Kunz in Oberursel konnte er ein Praktikum machen, fand dann bei der Schreinerei Heinisch in Riedelbach eine Ausbildungsstelle. Jetzt ist er dabei den Führerschein zu machen, den ihm die Schreinerei Heinisch vorfinanziert. Auch der 18-jährige Mohammad Amiri möchte den Führerschein machen. Er hat beim Arbeitsamt den Antrag auf Übernahme der Kosten gestellt und ist schon fleißig am Lernen. Er spricht mittlerweile schon fast perfekt Deutsch. Er hat an der Max-Ernst-Schule in Riedelbach bis 2017 den Intensivkurs für Flüchtlinge besucht. In der 9. Klasse hat er ein Praktikum bei der Schreinerei Grün in Rod an der Weil gemacht und wurde auch als Lehrling übernommen. Mittlerweile hat Mohammad seinen Hauptschulabschluss gemacht und strebt jetzt den Realschulabschluss an. Der fünfte der Söhne ist Sabor, 21 Jahre alt. Er hat in der der Intea-Klasse in Wehrheim einen Deutschkurs absolviert. Seit einem Jahr geht er auf die Saalburgschule in Usingen, wo er ein Berufsvorbereitungsjahr gemacht hat. Durch ein Praktikum bei der Firma Elektro-Schultheis in Merzhausen hofft er jetzt auf eine Lehrstelle dort.

Im Bad wird es schwierig

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Sein Onkel Abdulhadi wohnt mit der Familie in Usingen. Dieser war in der Kleiderkammer in der Erbismühle die "rechte Hand" von Helga Wiegand. Da er schon in Afghanistan und im Iran als Installateur gearbeitet hat, wurde er hier bei der Firma Reichel und Steinmetz in seinem Beruf angestellt. "Er hat in Afghanistan ein schlimmes Schicksal erlitten", berichtet Siebert. Aber trotzdem hat Abdulhadi noch nicht seine Anerkennung. Auch die schon volljährigen Söhne von Mohammad Sadegh und Najibe Amiri müssen noch auf ihre Anerkennung warten, während die Eltern schon den subsidiären Schutz erhalten haben. Ab August werden auch sie beide einen Integrationskurs besuchen. Die Jungs wollen erst bei ihrer Familie ausziehen, wenn sie heiraten. Bis dahin will die Familie zusammen bleiben. Was bei einem Bad natürlich schon Probleme aufwirft, wenn die Jungs morgens zur Arbeit gehen. Und Hamed mit seiner Nachtschicht kommt natürlich zeitlich in Konflikt mit seinem Bruder, der mit ihm in einem Zimmer lebt und dort lernen will.

So ist die Familie auf der Suche nach einer großen Wohnung oder einem Haus, das sie mieten kann. Ein Garten sollte schon dabei sein, damit Vater und Mutter sich dort beschäftigen können. Usingen, Neu-Anspach oder die Weilroder Ortsteile Riedelbach oder Rod an der Weil, wohin sie gute Kontakte haben, wären ihnen am liebsten. Und eine gute Busanbindung sei wichtig. Wie Mohammad erzählt, gefällt ihnen eigentlich alles in Deutschland, vor allem, dass alles so geregelt ist, wenn auch manchmal etwas zu viel. Kritisch sieht Mohammad, dass aus seiner Sicht die arabisch-stämmigen Flüchtlinge bevorzugt werden. Für sie gibt es sogar die Möglichkeit in ihrer Sprache den Führerschein zu machen, die Formulare sind in Arabisch erhältlich. Und sie würden schneller anerkannt.