Weyel: Nur gehörlose Schauspieler sollten Gehörlose spielen
Butzbach (dpa) - . Schauspielerin Annalisa Weyel ist mit gehörlosen Eltern aufgewachsen. Dennoch fiel es ihr schwer, in der TV-Reihe „Der Wien-Krimi: Blind ermittelt“ eine gehörlose Frau zu spielen. „Auch, wenn ich fast ausschließlich mit gehörlosen Menschen und Codas aufgewachsen bin, ist meine Lebensrealität eine andere als beispielsweise die meiner Eltern“, sagte sie in einem ARD-Interview zur Episode „Tod an der Donau“ (Donnerstag, 20.15 Uhr, Das Erste). Codas ist ein Begriff für Kinder von Gehörlosen, die zumeist selbst hörend sind. „Deshalb finde ich es sehr wichtig, dass gehörlose Rollen auch von gehörlosen Schauspielerinnen und Schauspielern übernommen werden“, sagte die 22-Jährige aus Butzbach (Hessen).
„Leider führen viele strukturelle Probleme dazu, dass dies oft nicht der Fall ist“, sagte Weyel. „Trotzdem wünsche ich mir sehr, dass Lebensrealitäten von Codas, gehörlosen Menschen, schwerhörigen Menschen sowie von Personen, die spät ertaubt sind, in ihrer ganzen Diversität immer sichtbarer werden - so authentisch wie möglich.“
Sie sei mitten in der Gehörlosenkultur und umgeben von vielen gehörlosen Menschen und anderen Codas aufgewachsen, sagte Weyel. „Das hat mich natürlich total geprägt. Die deutsche Gebärdensprache habe ich vor der Lautsprache gelernt, weshalb ich oft das Gefühl habe, dass sie mir viel näher ist und ich einen natürlicheren Zugang zu ihr habe als zu der Lautsprache. Ich verbinde mit der Gebärdensprache natürlich auch ganz andere Gefühle und habe eine sehr emotionale Bindung zu ihr.“ Dass sie diese Sprache für die Rolle nutzen durfte, sei für sie etwas ganz Besonderes, so Weyel. „Trotzdem ging für mich mit dem Spielen der Rolle auch eine gewisse Schwierigkeit und Verantwortung einher, da Jenni im Gegensatz zu mir gehörlos ist.“
Die 22-Jährige nutzt Social-Media-Plattformen wie Tiktok und Instagram, um Gebärdensprache für jeden zugänglich zu machen. „Mitzuerleben, wie wenige Menschen Gebärdensprache können und wie wenig die meisten über die Kultur dahinter wissen, hat mich oft sehr frustriert und teilweise auch wütend gemacht. Aus diesen Gefühlen kam mit der Zeit das Bedürfnis, mich dafür einzusetzen, dass sich dies ändert, wenn auch nur im Kleinen.“ Daher stamme die Idee, gemeinsam mit ihren Eltern kostenfreie Gebärdensprachkurse für Anfängerinnen und Anfänger anzubieten. „Als dann die Pandemie ausgebrochen ist, bin ich auf Social Media umgestiegen.“ Sie habe sich dabei „eher als eine Brücke gesehen zwischen der Hörenden- und der Gehörlosenwelt“.