Von der Geschichte des Autobauers Opel ist in der Industriestadt Rüsselsheim am Main nur wenig zu sehen. Doch zum Geburtstag des Gründers haben Stadt und Enthusiasten besondere...
Rüsselsheim/Main (dpa) - . Mit einem Quartett ungewöhnlicher Fahrzeuge feiert die Stadt Rüsselsheim den 186. Geburtstag des Industriellen Adam Opel. Von diesem Dienstag (9. Mai) an sind in der „Werkhalle“ zwei Autos, ein Flugzeug und ein Motorrad aus den 1920er-Jahren zu sehen, die sämtlich mit Raketen angetrieben wurden. Sie haben den Namen Opel in der damaligen Weimarer Republik noch bekannter gemacht haben, als er ohnehin schon war. Verbunden mit einer Veranstaltungsreihe und weiteren legendären Opel-Autos soll die Erinnerung an das stadtprägende Unternehmen wieder geweckt werden. „Wir sind die Opel-Stadt“, sagt Claudia Gotz von der städtischen Wirtschaftsförderung.
Mit seiner Historie, die mit Nähmaschinen und Fahrrädern begann, ist Opel im Vergleich zu den großen deutschen Herstellern, mit denen man jahrzehntelang auf Augenhöhe agierte, eher stiefmütterlich umgegangen. Zwar kümmern sich Werk und Enthusiasten liebevoll um die auch digital zugängliche Opel-Classic-Sammlung mit rund 600 Autos und 300 zusätzlichen Exponaten, aber ein Museum, das einen Vergleich mit Stuttgart oder München aufnehmen könnte, suchen Auto-Fans in der Industriestadt bei Frankfurt vergeblich.
Stattdessen stehen große Teile des Geländes von Deutschlands einstmals größtem Autobauer zum Verkauf. Der paneuropäische Opel-Mutterkonzern Stellantis kann mit der alten Pracht nicht viel anfangen und will rund 130 Hektar des riesigen Areals verkaufen. Aus dem Erlös soll ein klima-neutraler Opel-Campus aufgebaut werden. Die Stadt ist neben anderen Investoren an den Grundstücken interessiert, hat aber auch Respekt vor der schieren Größe der Aufgabe.
Derartige Bedenken plagten Fritz von Opel Ende der 1920er-Jahre offenbar nicht. Gemeinsam mit Ingenieuren wie Kurt C. Volkhart und dem Raketenwissenschaftler Friedrich Wilhelm Sander initiierte der Enkel von Adam Opel rasante Versuche mit Raketenantrieben, wie Werkhallen-Betreiber Fritz Schmidt berichtet. Nach ersten Versuchen auf der werkseigenen, mittlerweile längst verfallenen Rennbahn in Rüsselsheim ging der damals 29 Jahre alte Industrielle höchstselbst auf der Berliner Avus an den Start. Vor sich die lange Schnauze des pechschwarzen „Raketenwagens 2“, hinter sich 24 Feststoffraketen, die ihn in wenigen Sekunden auf damals sagenhafte und kaum beherrschbare 238 km/h beschleunigten.
„Raketen-Fritz“, wie er fortan genannt wurde, erinnert sich an das Erlebnis, dem tausende Zuschauer beiwohnten: „Seitwärts verschwindet alles. ... Die Beschleunigung ist ein Rausch. Ich überlege nicht mehr. Die Wirklichkeit verschwindet.“ In der Folge wurden auch ein Opel-Motorrad Motoclub und sogar ein Leichtflugzeug (Opel-Sander RAK 1) mit Raketen bestückt. Fritz von Opel überlebte im September 1929 die Bruchlandung nach dem Jungfernflug am Frankfurter Rebstockgelände unverletzt.
Zu diesem Zeitpunkt gehörte die Fabrik allerdings schon mehrheitlich dem US-Konzern General Motors, der die Geschicke des Unternehmens bis 2017 mal besser und gegen Ende schlechter bestimmte. Die Raketen-Technologie wurde bei Opel nicht weiterverfolgt. Die Rüsselsheimer Ausstellung im rustikalen Ambiente der „Werkhalle“ versammelt erstmalig vier RAK-Fahrzeuge, die seit ihrem damaligen Einsatz entweder stark verändert wurden oder Nachbauten sind. Zudem gibt es neben weiteren Opel-Modellen noch viel Firmengeschichte, einen Brückenschlag zu aktueller und künftiger Opel-Technik sowie Publikumsfahrten zu den Überresten der Rennbahn.