Exklusiv aus der Redaktion: Spannende Themen aus Hessen

Neues aus Hessen.

Verschwundene Kaufhäuser, italienisches Landrecht und Unsympathen vor dem Herrn: Es bleibt schwierig, auch in Hessen.

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Hessen. Und damit schalten wir ohne Umschweife zum Grafen Buffon und seinem unsterblichen Satz „Le style c’est l’homme“. Der Hinweis, dass der Stil eines Menschen Abbild seines Wesens sei, hat schon 270 Jahre überdauert. Heute teste ich für Sie, wie es, an der Elle des Grafen gemessen, um den Stil dieses oder jenes Menschen oder gar einer Branche oder Behörde bestellt ist. So viel sei verraten: Das sieht gar nicht mal so gut aus.

Daher schöpfen wir kurz Luft und räumen vor der Prüfung noch zwei Themen ab, die von Horden und Spießbürgern geprägt werden, also von stillosen Menschen. Zuerst ein Nachtrag zum Freitags-Newsletter, in dem es um die Verharmlosung des US-Kapitol-Sturms im Januar 2021 durch den Fox-Hetzer Tucker Carlson ging. Dessen Methode kurz zur Erinnerung: aus 40.000 Stunden Filmmaterial die paar Minuten ohne Gewaltszenen ausschneiden, mit treuherzigem Augenaufschlag in die Kamera blicken und sich dumm stellen. Was denn für ein Putschversuch?

Schwieriger aus der Welt zu schaffen sein wird eine Lebenslüge großer Teile der SPD. Frieden nur mit Russland und notfalls über die Köpfe der Länder dazwischen – wie in einer Monstranz trägt die Partei das Geheimnis des Irrglaubens vor sich her. Zwei Journalisten-Kollegen haben sich „Die Moskau-Connection“ vorgenommen und damit auch einen Fetisch: „Die Ostpolitik ist bis heute der erbittert verteidigte Mythos der SPD. Ohne diesen Mythos ist ihre verfehlte Russlandpolitik der letzten zwei Jahrzehnte nicht zu verstehen.“

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TOP 3 DES TAGES

Hurra, wir machen dicht!

Die Tage der Kaufhof-Filiale in der Darmstädter City sind nach einer Entscheidung der Konzernleitung gezählt. Ende Januar 2024 soll das Warenhaus geschlossen werden.
Die Tage der Kaufhof-Filiale in der Darmstädter City sind nach einer Entscheidung der Konzernleitung gezählt. Ende Januar 2024 soll das Warenhaus geschlossen werden. (© Guido Schiek)

Jetzt aber zum ersten Stilbruch. Den hat ausgerechnet Darmstadts auf öffentlichem Parkett sonst so trittsicherer Oberbürgermeister Jochen Partsch begangen. Zur Schließung des Darmstädter Kaufhofs im kommenden Januar fiel dem Grünen vor allem eine Jubelarie über das „enorme Entwicklungspotenzial“ der Innenstadt und die tolle Lage der demnächst erstmal leerstehenden Immobilie am Weißen Turm ein. Dafür gibt es eine in tadellosem Stil aufgeschriebene Rüge des Kollegen Daniel Baczyk.

Über den angeblichen Karstadt-Kaufhof-Investor René Benko, der wohl nie vorhatte, dauerhaft einen Kaufhauskonzern zu besitzen, schreibe ich lieber nichts; vielleicht liest es ja doch einer seiner viel beschäftigten Anwälte. Wobei ich Medien- und Kaufhäuser als verwandte, bedrohte Arten betrachte: Beide braucht angeblich kein Mensch mehr, gibt’s alles im Netz, nur die ganz Großen können es schaffen etc. pp. Für die Kaufhausbranche steht schon mal fest, dass schlechtes Management Teil des Problems ist.

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Wer will schon nach Neapel?

Ultras haben ein Plakat mit der Aufschrift „Polizeiwillkür nach Italienischer Art“ angebracht.
Ultras haben ein Plakat mit der Aufschrift „Polizeiwillkür nach Italienischer Art“ angebracht. (© Arne Dedert/dpa/Archivbild)

Probleme mit der europäischen Rechtsordnung haben dagegen augenscheinlich Gerichte, Behörden und zumindest ein Verein in Italien. Prügelnde Eintracht-Frankfurt-Fans beim Champions-League-Rückspiel will in Neapel niemand haben, ich auch nicht. „Wir lassen einfach keine Deutschen rein“, war dann das erste dumme Mittel zum Zweck, dem ein klein wenig Wille zur Wettbewerbsverzerrung beigemischt schien. Doch diese Idee wurde selbst von der Don-Vito-Corleone-Stiftungsprofessur für angewandtes Camorra-Jura mit Sitz in Neapels Quartieri Spagnoli verworfen.

„Dann eben keine Leute aus Frankfurt!“ Als Antwort auf die Postleitzahlen-Apartheid müsste man einen Haufen schlechtgelaunter Eintracht-Fans aus Offenbach nach Kampanien schicken oder mindestens den EFC Forza Nera aus dem Hanauer Gebiet. Aber nein, wir wollen den guten Stil ja pflegen. So wie die Eintracht, die den offenkundigen Rechtsbruch in Italien formvollendet kommentiert: Der Verein wolle seine Fans keiner „offensichtlichen Gefahr behördlicher Willkür aussetzen“. Den Kommentar meines Kollegen Eric Hartmann lesen Sie hier.

Alle für mich

Szene aus einem Asterix-Comic.
Szene aus einem Asterix-Comic. (© Asterix)

Das immerhin hat Peter Janßen noch keinem vorgeworfen. Peter wer? Peter Janßen hat sich gerade zum dritten Mal für befähigt gehalten, Bürgermeister der Bergsträßer Kreisstadt Heppenheim zu werden. Und die Bürger haben ihm am Sonntag zum dritten Mal erklärt, was sie davon halten: 6,1 Prozent der Stimmen, also nichts. Dreimal so viele Prozentpunkte bekam eine Kandidatin der Tierschutzpartei, die nicht mal so getan hatte, als verstünde sie etwas von Kommunalpolitik. Ganz zu schweigen vom CDU-Amtsinhaber, der auf 74 Prozent der Stimmen kam – oder wie es der Radiosender FFH präzise ausgerechnet hatte „gut drei Viertel der Stimmen“.

Mit Janßen behellige ich Sie nur, weil er für einen Politiker-Typ steht, den eine Demokratie aushalten muss. Jetzt schwadroniert er mit Blick auf die klägliche Wahlbeteiligung über ein Legitimitätsproblem für den Bürgermeister und über einen wie auch immer gearteten Sieg für sich selbst.

Seine Amtszeit als Stadtverordneter hat der Mann dafür genutzt, allen anderen unentwegt zu erklären, sie seien unfähig, böswillig, blöde, wohl alles zusammen. So ist auch in Heppenheim, das von den Partei-Heimsuchungen AfD und Linke bislang verschont wurde, kein Staat zu machen.

ZU GUTER LETZT

Einer schlimmer als die andere(n)

Da wir gerade bei Leuten sind, die man sich vom Hals halten sollte, noch ein Wort zu Julian Reichelt. Der ehemalige „Bild“-Chefredakteur hat jetzt schon seine zweite Bahn-Affäre am Hals. Doch der Versuch von Kollegen, daraus einen Witz zu machen, ist ein Grund für schlechte Laune. Diesmal wurde Reichelt von der Bundespolizei abgeführt, weil er zum Online-Ticket nicht wie in den AGB vorgeschrieben seinen Ausweis zeigen wollte.

Diese Petitesse, auserzählt im „Spiegel“, einem sogenannten Thread von Reichelt und ganz viel Post von Fans wie Hatern, hat nun gar keine Identifikationsfigur zu bieten. Nicht den in gewohnter Wissen-Sie-überhaupt-wen-Sie-vor-sich-haben-Manier auftretenden Krawall-Journalisten. Nicht die Schaffnerin, die andere Dokumente in urdeutscher Manier nicht gelten ließ und lieber die Polizei holte. Nicht das „Sturmgeschütz der Demokratie“, das sich keineswegs zu schade war, eine geschlamperte Geschichte ebenso halbwahr zu erzählen wie der vom „Spiegel“ verachtete Julian Reichelt.

Exklusiv aus der Redaktion „Hessen am Mittag”

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