"Zukunftsfähige Nutzung" für Darmstädter Römer-Eck gesucht
Aus einem ehemaligen Kaufhaus in Darmstadts Innenstadt soll ein sechsgeschossiges Geschäftshaus inklusive Boutique-Hotel werden. Kaufleute und Architekten begrüßen die Neubau-Pläne fürs Römer-Eck. Nun müssen nur noch die Nachbarn zustimmen.
Von Thomas Wolff
Lokalredakteur Darmstadt
An der Ecke geht's rund: So stellt sich Architekt Christoph Heine das neue Geschäftshaus samt Hotel an der Ernst-Ludwig-Straße vor. Links wird das Gebäude in die Marktpassage hinein weitergeführt, bis kurz vor den Marktplatz. Visualisierung: Heine Architekten
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DARMSTADT - Als "belebendes Element für die Darmstädter Innenstadt" begrüßt das City-Marketing das geplante sechsgeschossige Geschäftshaus am vormaligen Römer-Eck. Dort soll auf zwei Etagen Platz für Einzelhändler und darüber 100 Zimmer für ein Boutique-Hotel entstehen. Die Pläne, die der Hamburger Architekt Christoph Heine jetzt in Darmstadt vorstellte, finden ein weitgehend positives Echo sowohl bei Politikern und bei Städtebau-Experten wie hiesigen Kaufleuten. Allerdings: Es gibt auch Verluste zu beklagen.
So wird die Blumenhandlung "Florales" für den Neubau weichen müssen. Am angestammten Platz in der Marktpassage kaufen die Darmstädter seit 17 Jahren unter anderen Schnittblumen, Stauden und "hochwertige Floristik", wie Marion Klein sagt, eine von sieben Mitarbeiterinnen.
Der Holländer Erik de Jong hatte das Geschäft aufgebaut, heute führt Marina Thöt das Geschäft. Sie sagt: "Wir werden auf jeden Fall weiter machen." Ein anderer Ort in der Innenstadt soll gesucht werden, wenn's soweit ist. Bis dahin gilt: "Wir haben einen langfristigen Mietvertrag, der Verkauf geht weiter." Neubau-Architekt Heine erklärte auf Anfrage: "Die laufenden Mietverträge müssen natürlich erfüllt werden."
Blumenfrau Thöt sagt, sie habe von dem Neubau in der Marktpassage erst am Freitag von der derzeitigen Eigentümerin erfahren. Diese habe das Grundstück, das direkt ans Römer-Eck angrenzt, an den Hamburger Investor verkauft. Das eingeschossige Blumenhaus mit den markanten blauen Fensterläden hat Tradition. Zuvor kauften die Darmstädter hier Jahrzehnte lang Haushaltswaren und Porzellan. "Olitzsch am Markt" galt als Treffpunkt in der Innenstadt. Das Haus und auch der kleine gepflasterte Vorplatz mit seinen drei Amber-Bäumen sollen für den Neubau verschwinden - denn hier planen die Investoren Großes.
Das neue Geschäftshaus soll nach den derzeitigen Plänen entlang der Ernst-Ludwig-Straße verlaufen und in die Marktpassage hinein führen. Sowohl das ehemalige Römer-Eck würde abgerissen und neu überbaut als auch das Blumenhaus. Für City-Managerin Anke Jansen "eine städtebauliche Aufwertung, da stimme ich der Planungsdezernentin zu". Wichtig sei vor allem, das Geschäftshaus an prominenter Stele nicht lange leer stehen zu lassen.
Seit mehr als anderthalb Jahren ist hier Schluss, nur das benachbarte Modehaus Henschel nutzt die Flächen zeitweilig für Sonderposten. Auch derzeit hängen wieder Plakate mit dem Hinweis "Outlet" in den Fenstern. Für Managerin Jansen geht es aber darum, "hier vor allem eine zukunftsfähige Nutzung zu finden".
Einvernehmliche Lösungen mit allen Beteiligten gesucht
Die Idee, hier neben Einzelhandel auch ein Hotel hereinzuholen, findet sie schlüssig. "Davon könnte auch die Gastronomie in der näheren Umgebung profitieren, und die Ecke wäre auch nach Ladenschluss belebt." Das Haus an einen einzelnen "Ankermieter" aus der Modebranche zu vermieten, wie es zunächst geplant war, "ist sicher risikoreicher geworden" - der Einzelhandel wandelt sich schnell. Allein in der Innenstadt erlebt Jansen "pro Jahr 50 bis 60 Wechsel". Dabei gebe es in Darmstadt noch eine "signifikant geringe Leerstandsrate" im Vergleich zu anderen Großstädten.
Auch die Experten des Gestaltungsbeirats der Stadt sehen den aktuellen Entwurf positiv. Susanne Wartzeck ist eine der Architektinnen, die den Magistrat beraten. Beim neuen Entwurf sei nicht nur die Baumasse, sondern "auch die Qualität gestiegen", sagt sie. Im letzten Frühjahr hatte der Beirat die Entwürfe noch bemängelt. Jetzt soll das Geschäftshaus mit heller Lochfassade, einem französischen Mansard-Dach und Balkonkästen nach Jugendstil-Vorbild ausgestattet werden: "Für den Standort eine gute Lösung." Wann das Ganze verwirklicht wird, ist allerdings offen.
Der Bauherr strebe zwar einen Baubeginn im nächsten Jahr an, wie Architekt Heine erklärt. Zurzeit aber sei man noch in "anspruchsvollen Gesprächen mit der Nachbarschaft". Vor allem um die Zustimmung zur Bebauung an den Grenzen der Nachbargrundstücke werde gerungen. "Wir suchen nach einvernehmlichen Lösungen mit allen Beteiligten", sagt Heine. Bisher gebe es aber noch keine.