Waldschützer aus Darmstadt und dem Landkreis warnen vor Plänen der Bahn
Eine neue Bahntrasse, die den Westwald schont und die Darmstädter Fahrgäste direkt am Hauptbahnhof mitnimmt: Diese Variante der neuen ICE-Strecke zwischen Mannheim und Frankfurt bringt Verkehrsexperte Bernd Rohrmann ins Gespräch. Das kommt Mitgliedern der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald entgegen. Sie hatten für eine Neubau-Trasse plädiert , die um den Westwald einen großen Bogen macht.
Von Thomas Wolff
Lokalredakteur Darmstadt
"Extreme Folgeschäden" befürchtet die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, wenn die Deutsche Bahn ihre geplante neue ICE-Trasse durch den Darmstädter Westwald buddelt. Foto: Andreas Kelm
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DARMSTADT - Eine neue Bahntrasse, die den Westwald schont und die Darmstädter Fahrgäste direkt am Hauptbahnhof mitnimmt: Diese Variante der neuen ICE-Strecke zwischen Mannheim und Frankfurt bringt der Ingenieur und Verkehrsexperte Bernd Rohrmann ins Gespräch. Zustimmung fand er bei den Mitgliedern der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Deren Kreisverband Darmstadt und Darmstadt-Dieburg hatte den Fachmann am Donnerstag ins Landratsamt eingeladen.
Landrat Klaus Peter Schellhaas (SPD) sprach sich dabei für eine "den Westwald schonende Lösung" aus. Er nahm Rohrmanns "mahnende Worte mit, dass die Region in dieser Frage beisammen bleiben muss".
Davon dürfte sich auch die Darmstädter Politik angesprochen fühlen: Die von Rohrmann vorgestellte Variante würde (teils in Tunneln) durch die Stadt führen, den Hauptbahnhof anbinden und um den Westwald einen großen Bogen machen - anders die von der Deutschen Bahn derzeit bevorzugten Pläne.
"Da kriegen wir Ärger mit der EU"
Deren Trasse würde großteils entlang der Autobahnen A67 und A5 geführt - an Darmstadt vorbei. Dafür müsste eine Menge Wald abgeholzt werden: Vom Viernheimer und Lorscher Wald über den Jägersburger Wald bei Einhausen, weiter durch den Westwald von Darmstadt und den Langener Wald. "Quer durch FFH-Schutzgebiete und Vogelschutzgebiete" ginge die Fahrt, sagt Rohrmann - seine Prognose: "Da kriegen wir Ärger mit der EU". Die Darmstädter Waldschützer sehen das ähnlich dramatisch.
TIEF-FLIEGER
Die Hochgeschwindigkeits-Neubautrasse würde nach den Plänen der Bahn bei Weiterstadt an der Ostseite der Autobahn A5/A67 durchgängig in Tieflage (unterhalb des Geländeniveaus) geführt werden soll - teils im Tunnel, teils im offenen Trog. Aus Sicht der Bahn erfüllt nur diese Trasse die Vorgaben des Bundesverkehrswegeplans. Für den Darmstädter Hauptbahnhof wird eine Anbindung nach Norden garantiert; der Bedarf einer Südanbindung muss gesondert begründet werden.
"Verheerend" wäre es, wenn die Bahn sich durchsetzt, sagt Arnulf Rosenstock von der Schutzgemeinschaft. Der Westwald sei als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen sowie als Bannwald geschützt. "Neben den maximalen Eingriffen in das Darmstädter Schutzwaldsystem werden so extreme Folgeschäden der Waldrodungen erwartet, dass wesentliche Bereiche des Westwaldes durch sogenannte Randschäden nachträglich versteppen und sich auflösen."
Weniger Kleinholz gäbe es, wenn die Strecke nicht durch den Westen der Stadt, sondern hinter Pfungstadt weiter Richtung Hauptbahnhof geführt würde, dann erst nördlich von Weiterstadt wieder an die Autobahn A 5 heran. Eigentlich keine ganz neue Idee, sagt Rohrmann: Im Regionalplan 2010 ist diese Neubaustrecke beschrieben, alle Kommunen hätten sich darauf geeinigt.
Es müsste weniger gebuddelt werden
Die Vorteile rechnete der Ingenieur vor. Bei der "Referenztrasse" der Bahn, die durch Tempo 300 ganze neun Minuten Fahrzeit spare, würden auf 43,69 Kilometer Waldgebiete durchfahren, bei der Regionalplan-Variante, die südlich von Bensheim ihren Streckenverlauf ändert und dann durch Darmstadt führt, wären es 31,46 Kilometer. Anders gerechnet: "Die Bahn bräuchte 38 Prozent mehr Wald" für ihre Trasse.
Auch müsste weniger gebuddelt werden für die Alternativ-Trasse. 2,65 Kilometer unter der Erde verliefe die Strecke unter dem Kavalleriesand hindurch zum Hauptbahnhof. Die Bahn will dagegen 4,1 Kilometer durch den Untergrund pflügen, unter dem Einkaufszentrum "Loop 5" und unter der Autobahn-Anschlussstelle Griesheim durch, schließlich auch unter dem Darmstädter Kreuz.
Rohrmann, der den Prozess für den Fahrgastverband "Pro Bahn" begleitet, forderte, die Bahn solle endlich alle Varianten im Detail prüfen - nicht nur ihren eigenen Favoriten. Der Politik empfahl er, selbst Druck zu machen und entsprechende Untersuchungen in Auftrag zu geben. Das wird er dem Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) demnächst auch persönlich sagen. Am 8. März habe er ein Gespräch mit dem OB, an dem sei auch dessen Frau Daniela Wagner beteiligt, die seit Kurzem als Grünen-Abgeordnete in Berlin arbeitet - "auch im Verkehrsausschuss", wie der Ingenieur betonte.