
Der Kulturchef der „Zeit” ist seit Jahren in der ersten Liga der Literaturkritik unterwegs. Zum Welttag des Buches erzählt er über seine Leselust und wie sie in Darmstadt erwachte.
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Herr Weidermann, seit 25 Jahren arbeiten Sie als Literaturkritiker. Wie hoch stapeln sich in Ihrem Büro die Bücher?
Turmhohe Berge von Büchern, die Hälfte frisch, die andere in vier Jahren angesammelt und sortiert. Es ist mit anderen Worten ein Paradies.
Wie pflügt man durch solche weiten Literaturlandschaften? Haben Sie eine bestimmte Lesetechnik?
Jetzt erreichen uns schon wieder die Herbst-Programme. Da ist die eine Kunst, Leidenschaft, Begeisterung und Neugier zu bewahren, immer wieder sich neu zu freuen auf das, was kommt. Dann schaue ich: Was interessiert mich? Und dann fange ich an, zu lesen. Bei manchen Büchern ahne ich schon nach einer Seite: Hier bin ich froh, dass ich nicht weiterlesen muss. In der Regel gebe ich einem Buch zehn bis 15 Seiten, dass es mich fesselt. Wenn es mich nicht fesselt, bin ich so frei zu sagen: Gut, zum nächsten…
Wie viele Bücher lesen Sie denn im Jahr?
Früher waren es bestimmt 80 Bücher, als ich mich wirklich komplett darauf fokussieren konnte. Heute, als Feuilletonchef der „Zeit“ sind es weit weniger.
Wie gehen Sie an Werke ran, die Sie auch rezensieren?
Solche Bücher lese ich in der Regel zweimal. Einmal genau mit Unterstreichungen. Ich bin ja ein großer Freund des Papiers, habe weite Teile meines Lebens in Antiquariaten verbracht. Ich reise aber auch viel mit dem Zug von Hamburg nach Berlin. Da ist es toll, eine ganze Bibliothek im iPad dabei zu haben.
Können Sie bei diesem Pensum denn überhaupt noch entspannt privat lesen?
Absolut gibt es für mich das freie Lesen ohne Stift und ohne Unterstreichungen. Das ist dann besonders herrlich. Da kann ich die Leidenschaft wieder auftanken. Es macht auch Spaß, zu den Klassikern zurückzukehren. Im Alltag fehlt dafür ein bisschen die Zeit. Aber in den Ferien mache ich das grundsätzlich.
Geht das denn mit jeder Art von Literatur? Können Sie auch einen 1000-Seiten-Wälzer wie den „Mann ohne Eigenschaften“ von Musil zur inneren Lockerung lesen?
Einen Krimi, was man so eine klassische Urlaubslektüre nennt, finde ich jedenfalls nicht entspannender als Thomas Mann. Den „Mann ohne Eigenschaften“ könnte ich mir schon vorstellen. Ich würde sagen: Im Urlaub darf es aber nicht so schlau sein. Im Urlaub darf es sehr anspruchsvoll sein. Hauptsache, ich muss nichts unterstreichen.
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Wie sind Sie zum Lesen gekommen? Waren Sie schon immer so ein flinker Leser?
Flink nicht, aber dass ich Bücher so mochte, dass ich sie bis zum Auswendiglernen kannte, war schon früh der Fall. Ich laufe gerade durch mein Zimmer: Zum Beispiel sind hier Bände vom „Kleinen Nick“ aufgestapelt. René Goscinny ist das Genie, mit dem ich das Lesen gelernt habe und die Begeisterung an Geschichten und Ausdrücken. „Asterix“, „Lucky Luke“ und der „Kleine Nick“ sind die Bibeln meines ersten Lesens. Die kann ich wirklich zu weiten Teilen auswendig. So fing das an. Ganz von selbst
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Sie sind in Darmstadt aufgewachsen. Hatten Sie dort bestimmte Leseorte?
In der Kindheit das Kinderzimmer im Martinsviertel. Später Samstagsrituale im Café auf der Mathildenhöhe. Herrlich, Zeitunglesen – Echo, Rundschau, FAZ – und Bücher lesen. Auch im Café Chaos. Das waren meine öffentlichen Leseorte.
Wie ging das mit der Literaturkritik los? Sie haben ja auch fürs „Darmstädter Echo“ geschrieben?
Das „Echo“ war die erste Station meines Schmerzes. Ich hätte gerne ein Praktikum gemacht, habe aber ein Ablehnungsschreiben erhalte, ich brauchte berufliche Schreiberfahrung, um beim „Echo“ anfangen zu können. Genau die Erfahrung wollte ich ja gerne sammeln, dafür ist ein Praktikum doch da. Da fühlte ich mich ein bisschen wie der Hauptmann von Köpenick. Es gab aber so ein kleines alternatives Blättchen, die „Zeitung für Darmstadt“. Da durfte ich Anfang der Neunziger schreiben. Ich musste mir die Bücher selbst kaufen, aber das Honorar entsprach ungefähr dem Preis des Buches. Erst später kam ich auf Umwegen dazu, fürs „Echo“ zu schreiben.
Sie sind längst in der ersten Liga der Literaturkritik angekommen. Wie hat sich der Buchmarkt seither verändert?
Was das Kaufverhalten der Leserschaft angeht, ist mein Eindruck: Die Verlage sind schon sehr abhängig von den Supersellern. Das mittlere Segment, das es früher stark gab, das Raum für Entdeckungen, Innovatives, Anderes bot, hat es ökonomisch schwer. Es gibt schon eine starke Marktkonzentration, aber an den Verlagen liegt es doch weniger, eher an uns, den Lesern, oder an den Medien, weil man ja doch stark auf die großen Titel setzt. Ich sehe das schon als Herausforderung an uns, das Innovative, Kleinere auch zu stärken.
Was empfehlen Sie unseren Lesern nun zum Tag des Buches?
Richtig begeistert hat mich „Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe“ von Helga Schubert. Es ist eine Liebesgeschichte über eine gut Achtzigjährigen und ihren rund Neunzigjährigen pflegebedürftigen Mann, von dem viele sagen: Das ist doch kein Leben mehr. Ein empathisches Liebesbuch darüber, was ein lebenswertes Leben ist; so teilnahmsvoll und herzensnah! Und dann ist da Judith Hermann, deren Werk ich von Anfang an begleite: „Wir hätten uns alle gesagt“, ihre Frankfurter Poetik-Vorlesung, ist scheinbar trocken, aber in Wirklichkeit ist es die Geschichte einer dramatischen Kindheit in Neukölln und zugleich eine Darstellung, wie man sich mittels Literatur aus dunklem Erleben befreien kann.