Marion Aufleger, neue Schulleiterin der Schillerschule, setzt sich für die Ganztagsschule ein. Foto: Dagmar Mendel
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MARTINSVIERTEL - Eine herausragende Erscheinung ist sie auf dem Pausenhof. Leuchtend grün das Sommerkleid, hellrot glänzt das Haar in der Morgensonne; das provoziert Fragen. „Ist die Haarfarbe echt?“, will ein Mädchen wissen. Das sind so die großen Fragen, die die Schillerschüler an ihre neue Schulleiterin herantragen. Genau deshalb liebt Marion Aufleger ihren Job: „Diese unverblümte Neugier“, wunderbar; sie lächelt und freut sich sichtlich schon auf die nächsten Fragen ihrer Schützlinge – „manchmal haben die schon fast philosophische Tiefe“.
Diese Neugier zu erleben, das war einer der Gründe, warum Aufleger überhaupt den Beruf der Grundschullehrerin anstrebte, sagt sie. Im Gespräch blitzt immer wieder ihre Bewunderung für die Mädchen und Jungen zwischen fünf und zehn auf. „Die machen gewaltige Entwicklungsschritte in diesem Alter“, sagt sie. „Was die alles schon an Herausforderungen stemmen müssen“, Respekt. Die Kinder dabei nach Kräften anzuregen und zu fördern, ist Auflegers zentraler Job.
Eine Art Rückkehr ins heimatliche Quartier
14 Jahre lang lehrte sie zuletzt an der Andersenschule in Eberstadt (die sie mangels Nachfolge weiter leitet, mindestens bis Januar). Seit dem neuen Schuljahr leitet sie nun die Grundschule mitten im Martinsviertel – eine Art Rückkehr für die gebürtige Darmstädterin.
ZUWACHS ERWARTET
Die Schillerschule unterrichtet derzeit 390 Schüler in einer vierzügigen Grundschule, 25 Lehrer arbeiten hier. Wegen der zunehmenden Verdichtung im Martinsviertel gehen Prognosen von rund 500 Schülern aus, die im Jahr 2020 unterrichtet werden müssten.
Auch der Bedarf an Nachmittagsbetreuung durch die Schule wächst – viele Eltern finden keinen Hort in der Nähe.
Im Bau ist derzeit das Kinder- und Jugendzentrum Pankratiusstraße, wo die Schule Mitte 2018 zusätzliche Räume bekommen soll. (two)
Im Martinsviertel kam Aufleger 1967 zur Welt, wuchs in Eberstadt auf, bezog die erste gemeinsame Wohnung mit ihrem Mann aber wieder im alten Quartier – scheint, als wolle das quirlige Watzeviertel sie einfach nicht loslassen. Oder umgekehrt. Die „bunte Vielfalt“ der neuen alten Nachbarschaft will sie auch den Kindern näher bringen. Will Handwerker einladen, die ihre alte Kunst vorführen, einen Steinmetz vielleicht. Auch die Imker, die im nahen Landesmuseum ihre Stadtvölker hegen, hat sie schon im Blick. Genügend Zeit für solche Expeditionen haben die Schüler ja, und zwar zunehmend viele: „Der Ganztag wird eines meiner Themen sein“, sagt Aufleger. Eines, von dem sie weiß, dass es Stoff für Konflikte bietet.
Sie kennt die Ansprüche vieler berufstätiger Eltern, die ihren Nachwuchs gern den ganzen Nachmittag in guten Händen wissen wollen, „am besten bis 17 Uhr“. Erste Gespräche mit Vätern und Müttern hat sie schon geführt, „da hört man schon eine große Not raus“. Schon heute werden 101 der 390 Schüler nachmittags im „Schillerhaus“ betreut, das eigens auf dem Schulgelände eingerichtet wurde. Weitere 80 bis 100 sollen ab Mitte nächsten Jahres in den neuen Räumen im Kinder- und Jugendzentrum an der Pankratiusstraße dazukommen. Tendenz: weiter steigend. Aber die Schulleiterin macht auch klar: „Wir wollen nicht nur ein Aufbewahrungsort sein.“ Die Lehrer wollen auch die Stunden am Nachmittag „mit Qualität ausfüllen“. Ideal wäre es, sagt Aufleger, wenn mal eine ganze Klasse den Tag über gemeinsam unterrichtet werden könnte. Dazu brauche es verbindliche Zeiten, in denen mal alle Kinder ungestört zusammen sein könnten – ohne dass ein Elternteil direkt von der Arbeit zum Abholen kommt. „Wir müssen das gemeinsam gestalten“, sagt die Schulleiterin über den Ganztages-Anspruch. Das gilt auch für die Inhalte: Erziehung müsse weiter zuhause geleistet werden, „da trete ich den Eltern schon auch mal auf die Füße und erinnere sie an ihre Pflichten.“
Dazu hätte Aufleger in dieser Woche reichlich Gelegenheit. Elternabende in Reihe stehen an. Die kommen noch auf die üblichen Zehn-Stunden-Tage drauf. Aufleger nimmt’s mit einem Lächeln hin. „Jeder Neuanfang sollte ja mit einem Ziel verbunden sein“, sagt sie. Eines wäre: „Mal sonntags wirklich nichts zu machen.“