Versuchter Totschlag in Riedstadt: Urteil ist gefallen

Im Januar hatte ein Patient der forensischen Klinik Riedstadt eine Pflegerin angegriffen und schwer verletzt.  Archivfoto: Robert Heiler

Mit der Verurteilung des 33-jährigen Täters endete der Prozess vor dem Darmstädter Landgericht am Freitag. Er hatte eine Pflegerin schwer verletzt.

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DARMSTADT/RIEDSTADT. Das Urteil des Landgerichts Darmstadt im Fall des versuchten Totschlags an der forensischen Klinik in Riedstadt war das erwartete: Gemäß dem Beschluss der 11. Großen Strafkammer von Freitag bleibt der 33-jährige Beschuldigte in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht – auch wenn er selbst trotz der bei ihm schon früher diagnostizierten paranoiden Schizophrenie lieber in den normalen Strafvollzug wechseln würde.

Angriff vor Hochzeit des Opfers

Dramatische Auswirkungen hat die Tat vom 9. Januar dieses Jahres auf das Leben des Opfers, eine 49 Jahre alte Krankenschwester. Sie war von dem damaligen Patienten mit unglaublicher Brutalität angegriffen und schwer verletzt worden, überlebte nur knapp. Seitdem ist sie nach zwei Hirnblutungen im Alltag auf fremde Hilfe angewiesen, hat ihr linkes Auge verloren und kann nur mit Mühe gehen. „Das Ganze passierte ausgerechnet einen Tag, bevor wir morgens den Termin beim Standesamt wegen unserer Hochzeit hatten“, berichtete ihr Ehemann. Nach der mittlerweile erfolgten Heirat kümmert er sich um die Pflege seiner Frau. „Ich hatte damals schon die Blumen zu Hause in der Vase stehen und habe gewartet, dass sie nach der Schicht heimkommt“, erinnerte er sich.

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Stattdessen bekam er gegen 22 Uhr, vier Stunden nach dem Vorfall auf der Station, einen Anruf aus der Uniklinik in Frankfurt. Kurz und knapp teilte man ihm mit, seine Lebensgefährtin liege im Operationssaal, man wisse noch nicht, ob sie überleben werde. Er solle auf jeden Fall sofort kommen. Es folgte eine monatelange harte Rehabilitationsphase, die weiter andauert. Ob die 49-Jährige je wieder arbeiten kann, ist ungewiss. Von der Pflegekasse wurde ihr inzwischen eine Schwerbehinderung von 30 Prozent zuerkannt.

Geld aus dem Hilfsfonds zur Opferentschädigung hat das schwer unter den Folgen des versuchten Totschlags leidende Paar bisher nicht erhalten. Nach dem Urteilsspruch, den der Vorsitzende Richter Daniel Schledt verkündete, ist nicht ganz auszuschließen, dass der Vorfall zumindest in Ansätzen voraussehbar war. Der wegen einer anderen Straftat als schuldunfähig in der Klinik untergebrachte Mann war zuvor beim Hofgang auffällig geworden, hatte sich Medikamente zur Beruhigung geben lassen. Die allerdings, so der psychiatrische Gutachter Dr. Peter Haag, wirkten zu schwach.

Momentan keine Chance auf Besserung

Bereits vorher war der gebürtige Darmstädter bei Angestellten und Mitpatienten für aggressives Verhalten, speziell gegenüber Frauen, bekannt. In seinem Wahnzustand sollen dabei auch religiös-fundamentalistische Sprüche und Drohungen eine Rolle gespielt haben. Als ihm die Krankenschwester auf dem Rückweg von der Toilette zufällig gegenüberstand, drehte er völlig durch. Selbst als sein Opfer schon bewusstlos und stark blutend auf dem Boden lag, schlug und trat er weiter auf ihren Kopf und Körper ein, mit Händen, Füßen und einem Schlüsselbund.

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Vier Männer waren nötig, um den Angreifer niederzuringen und in eine Beruhigungszelle zu sperren. Der sachverständige Neurologe konnte im Prozess keine gute Prognose stellen. Ohne echte Krankheitseinsicht sehe er bei ihm im Moment keine Chance auf Besserung seiner schweren Geisteskrankheit. Auch in Gießen, wo er inzwischen untergebracht ist, darf der 33-Jährige nur mit Hand- und Fußfesseln am Hofgang teilnehmen oder sich für begrenzte Zeit in Gemeinschaftsräumen aufhalten. Dabei, so Dr. Haag, könnten ihm die richtigen Medikamente durchaus helfen. Dies setze aber eine Mitarbeit des Patienten voraus. Andernfalls bleibe er „eine tickende Zeitbombe.“