Im Rahmen einer SPD-Veranstaltung in Darmstadt erläutert ein Jurist die Landesverfassung und die Änderungen, die zur Abstimmung stehen.
Von Marc Wickel
Bei der Landtagswahl können die Wahlberechtigten zugleich über Änderungen der Landesverfassung abstimmen.
(Archivfoto: Landeszentrale für politische Bildung)
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MARTINSVIERTEL - Was es bringt, wenn Ehrenamt, Kultur oder Sport Staatsziele in der hessischen Verfassung sind, erklärte am Dienstag der Jurist Dr. Philipp Donath bei einer Informationsveranstaltung des SPD-Landtagsabgeordneten Michael Siebel mit den SPD-Landtagskandidaten Tim Huß und Bijan Kaffenberger im Heiner-Lehr-Zentrum.
Mit der Landtagswahl am 28. Oktober können die hessischen Wählerinnen und Wähler auch über 15 Verfassungsänderungen entscheiden. Die hessische Verfassung kann nur über Volksabstimmungen geändert werden, der Landtag kann nur Vorschläge machen. Die 15 Punkte seien die wesentlichen Änderungen, auf die sich die Landtagsfraktionen einvernehmlich einigen konnten, sagte Philipp Donath.
„Ein Staatsziel muss ausgefüllt werden“, erklärte Philipp Donath, Fachreferent der SPD-Fraktion für die Verfassungsänderung. Auch wenn ein Staatsziel nicht unmittelbar einklagbar sei, müsse der Gesetzgeber dem Staatsziel zuarbeiten, sagte er. Und die Gerichte müssten Staatsziele bei ihren Entscheidungen auch berücksichtigen. „Es hat Auswirkungen, wenn man es richtig reinschreibt“, sagte der Jurist. Beispielsweise müsse ein Staatsziel „Sport“ berücksichtigt werden, wenn ein Anwohner eines Sportplatzes auf Lärmschutz klagt.
„Staatsziele haben auch eine Wirkung auf das Haushaltsrecht“, sagte Michael Siebel. So stehe der Denkmalschutz schon immer in der Verfassung, wies er hin (Artikel 62: „Die Denkmäler (…) genießen den Schutz und die Pflege des Staates und der Gemeinden“). Daher werde in dem Bereich auch weniger gekürzt. Siebel erinnerte auch an eine frühere Vorgabe des hessischen Innenministeriums, dass Kommunen mit defizitären Haushalten ihre Sportförderung runterfahren müssten. Das sei nach dem Hinweis auf das Staatsziel Sport ganz schnell zurückgezogen worden.
Sport ist in Hessen nämlich schon seit 2002 Staatsziel (Artikel 62a), steht aber wieder zur Abstimmung, weil der Text etwas klarer formuliert werden soll, erläuterte Philipp Donath. Und als Artikel 26g bei den anderen Staatszielen wie Nachhaltigkeit oder Kultur stehen soll. Nur muss auch über so eine redaktionelle Änderung abgestimmt werden.
Darunter ist auch die Abschaffung der Todesstrafe, die 1946 im Artikel 21 in die Verfassung gekommen war („Bei besonders schweren Verbrechen kann (…) zum Tode verurteilt werden“). Der Artikel galt seit dem Grundgesetzartikel 102 nicht mehr, da der die Todesstrafe abschafft. Künftig soll auch im Artikel 21 „Die Todesstrafe ist abgeschafft“ stehen.
„Es kann sein, dass das Volk sagt, das mit der Todesstrafe ist eine gute Idee“, räumte Philipp Donath ein, aber alle Landtagsparteien wollten sie abschaffen. „Hätten wir die Todesstrafe nicht angefasst, wäre das auch ‚Feigheit vor dem Feind gewesen‘“, fand Michael Siebel.
Die Landtagskandidaten Huß (Wahlkreis 49) und Kaffenberger (Wahlkreis 50) waren aber optimistisch, dass alle 15 Änderungsvorschläge vom Volk beschlossen werden.
Bijan Kaffenberger bedauerte, dass Artikel 74 nicht geändert wird, der Entmündigten, Menschen unter Vormundschaft oder mit „geistigen Gebrechen“ das Stimmrecht entzieht. Er hätte sich mehr Wahlrechte für Menschen mit Behinderungen gewünscht.
Tim Huß wies darauf hin, dass künftig Volksbegehren leichter in den Landtag eingebracht werden könnten, wenn nur noch fünf Prozent der Wähler zustimmen müssen, anstelle wie bislang 20 Prozent. Das sei ein Schritt in Richtung direkte Demokratie.