Unser Verein: Das Abrahamische Forum verbindet Christen, Juden und Muslime
Von Alexandra Welsch
Mitarbeiterin Lokalredaktion Darmstadt
Das Abrahamische Forum tritt für ein friedliches Miteinander der Religionen ein. Beim Treffen im Offenen Haus planten Mitglieder die erste religiöse Naturschutzwoche. Foto: Andreas Kelm
( Foto: Andreas Kelm)
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WESTSTADT - „Schätze die Erde wie deinen eigenen Körper und die Gewässer wie dein eigenes Blut“: Dieses alevitische Sprichwort steht auf einer der Postkarten, die an einem Mittwochabend die Runde machen in dem Besprechungsraum des Offenen Hauses der Kirche. „Sie sind die ersten, die diese Postkarten sehen“, sagt Jürgen Micksch. Frisch aus der Druckerei kommen die Werbeträger des Projekts „Religion für biologische Vielfalt“ – ein neuer Schwerpunkt des Abrahamischen Forums.
Im September steht in Darmstadt und Umgebung die erste religiöse Naturschutzwoche an, veranstaltet von dem bundesweit und international aktiven interreligiösen Verein aus Darmstadt. Deshalb sitzt man heute mit Vertretern diverser Religionen und Naturschutzverbänden zusammen, um das Programm zu besprechen. Da wäre zum Beispiel der Lebensbaum, der gepflanzt werden und verschiedene Apfelsorten als Symbol für Vielfalt tragen soll. Wo genau er stehen wird, muss noch besprochen werden. Aber klar ist: „Der braucht einen besonderen Platz“, wie einer aus der Runde einwirft.
Jürgen Micksch nickt und lächelt. Das macht der Gründer und Geschäftsführer des Abrahamischen Forums oft – nicht nur in dieser Runde. Viel Offenheit und Zugewandtheit ist spürbar, wenn der evangelische Theologe und Soziologe über den Sinn und Zweck des 2001 gegründeten Vereins spricht. „Damals gab es eine Menge Angriffe auf Synagogen und Moscheen“, erzählt er, seit 1994 auch Vorsitzender des Interkulturellen Rats in Deutschland. „Da dachte ich mir: Wir müssen was machen, um Juden, Muslime und Christen zusammenzubekommen.“ Was Abraham damit zu tun hat? „Er spielt eine entscheidende Rolle“, antwortet Micksch, sei das verbindende Element, da sich Christentum, Judentum und auch der Islam auf ihn als Stammvater beziehen. Anfangs sei er selbst nicht sicher gewesen, ob dieser Ansatz greife, so sei die Kirche zunächst dagegen gewesen. „Aber wir machen die Erfahrung, dass es funktioniert“, stellt er fest und lächelt wieder. „Wir können etwas zu einem friedlichen Miteinander beitragen.“
Das Abrahamische Forum tritt für ein friedliches Miteinander der Religionen ein. Beim Treffen im Offenen Haus planten Mitglieder die erste religiöse Naturschutzwoche. Foto: Andreas Kelm Foto: Andreas Kelm
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Rund 450 Veranstaltungen hat das Forum bislang in Deutschland angeboten. „Wir gehen vor allem in Schulklassen“, erläutert der Geschäftsführer. Denn während er das Miteinander der Religionen im institutionellen Bereich mittlerweile als gut bezeichnet, gebe es dort nach wie vor Ausgrenzung. „Der antimuslimische und antisemitische Rassismus hat zugenommen.“ Dem setzen sie Information und Begegnung entgegen, was einige Aha-Effekte und Annäherung mit sich bringe. „Aber man darf sich nichts vormachen“, sagt er, „die Vorurteile werden vielleicht verdrängt, kommen aber wieder durch – das wird uns noch Jahrzehnte beschäftigen.“
NATURSCHUTZ
Das 2001 gegründete Abrahamische Forum in Deutschland hat circa 30 Mitglieder und bundesweit rund 150 in Teams aktive Mitstreiter. Die Geschäftsstelle ist in der Goebelstraße 21a.
Die vom Verein maßgeblich mitveranstaltete erste religiöse Naturschutzwoche lädt vom 4. bis 10. September zu verschiedenen Veranstaltungen rund um das Thema Natur, Umwelt und Ökologie in Darmstadt und Umgebung ein. Als Teil des Projekts „Religionen für biologische Vielfalt“ wird die Woche gefördert vom Bundesamt für Naturschutz und unterstützt vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. (alex)
Spannungen abbauen durch Schulungen
Seine Zuversicht ist dennoch groß und wurde auch schon vielfältig belohnt, wie er erzählt. Das gilt längst auch auf internationaler Ebene, wo das Forum ebenso aktiv ist. Seit 2016 gibt es das Projekt „Abrahamische Teams in den Mittelmeerländern“, bei dem durch Schulungen etwa in Ägypten, Israel oder Marokko Spannungen zwischen den Religionen abgebaut werden sollen.
Dass dahinter mehr als ein frommer Wunsch steckt, wird auch dadurch deutlich, dass die Arbeit des Forums vom Bundesinnenministerium bezuschusst wird. „Das ist auch Fluchtursachenbekämpfung“, betont Micksch. Überhaupt sei ihr Tun nicht zuletzt Präventionsarbeit für den sozialen Frieden. „Es gibt nichts Schlimmeres als Fanatismus, den man in allen Religionen findet“, sagt er. „Wir wollen zu einem anderen Klima des Miteinanders beitragen.“
Ein Ansatz, der nun mit dem Projekt für biologische Vielfalt in Richtung Natur ausgeweitet wird – auf dass der interreligiöse Lebensbaum blühe und Früchte trage.