An verschiedenen Stationen lernen Interessierte im Polizeipräsidium Südhessen den Beruf des Polizisten näher kennen und schlüpfen am Ende sogar selbst in die Rolle der Beamten.
DARMSTADT. "Ich bin mal gespannt, was die so lange mit uns machen", sagt die junge Odenwälderin, die zusammen mit 26 anderen jungen Frauen und neun jungen Männern im Seminarraum des Polizeipräsidiums Südhessen sitzt. "Ich möchte was Sinnvolles tun", erklärt die 22 Jahre alte Odenwälderin, warum sie Polizistin werden möchte. "Lange Nacht der Bewerber" heißen solche Infoveranstaltungen für zivile Berufe, "lange Tatortnacht" nennt sie die Polizei. Mit lang ist dabei von 16 Uhr bis 23 Uhr gemeint.
Die sieben Stunden werden am Samstag auch benötigt, denn für die knapp drei Dutzend Teilnehmer geht es im Schnelldurchgang um Erkennungsdienst, Einsatzzentrale, funken, fesseln, durchsuchen und festnehmen. Und immer wieder fällt der Satz: "Das merken Sie sich mal für den Lauf des Abends." Denn im finalen Szenario sollen zehn Teilnehmer das frisch Erlernte dann anwenden.
Erste Station ist die Befehlszentrale, wo die Notrufe reinkommen. Dort zeigt sich, dass man bei der Polizei mit allem rechnen muss. "Es wäre nötig, dass Sie rüberkommen und mich erschießen", hören die Teilnehmer eine Frauenstimme und normal klingende Gespräche in Hintergrund aus einem Lautsprecher. "Das ist besser als im Irrenhaus zu sitzen", sagt die Frau. "Das war ein echter Notruf", erklärt Ausbilder Thorsten Ohl. Die Frau war in einer psychiatrischen Klinik. "Ich habe das Klinikpersonal informiert", schildert Ohl, ein Einsatz für die Polizei sei das nicht gewesen.
Buschige Pinsel sind bei der zweiten Station wichtig. Erkennungsdienst. Mit den Pinseln tragen die Teilnehmer Ruß auf Porzellanteller auf, machen so Fingerabdrücke sichtbar und nehmen diese mit Klebefolien auf. "Wir notieren ganz viel", betont die kriminaltechnische Angestellte Kerstin Heinbüchner, wie wichtig das Protokollieren ist. "Lieber einen Satz mehr geschrieben, als sich nachher fragen, lag der Handschuh da oder dort?"
Handschellen klicken nicht nur, wenn man sie anlegt, lernt die Gruppe bei den Einsatztrainern und Schießausbildern Sven Neubert und Damian Stac. Erst ratschen sie - so passt man sie dem Handgelenk an - dann kommt der schließende Klick. "Wir machen es uns so einfach wie möglich", erklärt Sven Neubert, dass man am besten auch in solchen Momente mit dem Festgenommenen rede. "Wichtig ist, dass wir konsequent und sicher auftreten", so der Beamte. Zum Training gehört noch Abtasten, was aber eher ein Abstreifen des Körpers mit den Händen ist und auch so heißt.
Im Szenario, das in der Tiefgarage des Präsidiums stattfindet, sind zehn Teilnehmer Polizisten, die zu einem Autounfall geschickt werden. Es geht um Spurensicherung, denn ein verlassenes Auto war Fluchtwagen bei einem Juwelierüberfall. Es geht um festnehmen, fesseln und abstreifen. Denn einer der zunächst geflüchteten Täter versucht, zum Fluchtwagen zu kommen, weil in diesem noch Schmuck versteckt ist. Die Teilnehmer finden zudem drogenähnliche Substanzen im Auto und fordern eine echte Polizeihundeführerin mit ihrem Schutz- und Drogenspürhund an. Was die Steilvorlage für den Schluss mit Knalleffekt ist. Der zweite Täter kehrt ebenfalls zurück und ballert herum. Woraufhin er unter Einsatz des Schutzhundes blitzschnell festgenommen wird.
Im Anschluss loben die Teilnehmer, dass die Tatortnacht sehr interaktiv gewesen sei und dass keine Langeweile aufkam. "Das hatte einen roten Faden von Anfang bis Ende", findet auch die Odenwälderin, die auch nach Ende der Veranstaltung immer noch zur Polizei ("eher Kripo") will.