Südhessische Unternehmen profitieren vom Rechenzentrumsboom
Die Datenmengen im Internet nehmen zu und im Rhein-Main-Gebiet wird ein Rechenzentrum nach dem nächsten gebaut. Davon profitiert auch das Start-Up Meshcloud, eine TU-Ausgründung.
Von Marina Speer
Die Datenmengen im Internet nehmen zu und im Rhein-Main-Gebiet wird ein Rechenzentrum nach dem nächsten gebaut.
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DARMSTADT/FRANKFURT - Die App auf dem Smartphone steuert die Klimaanlage im Haus. Drohnen liefern eigenständig Pakete aus. Und Roboter sortieren mithilfe von Sensorik im Werk defekte Bauteile aus. Was für viele nach Zukunftsvisionen klingt, ist längst Realität. Die Digitalisierung ist im Alltag der Menschen und Unternehmen angekommen. Einer Schätzung des Marktforschungsunternehmens IDC zufolge, wurden im vergangenen Jahr weltweit 33 Zettabytes an Daten generiert, eine 33 mit 21 Nullen. Bis 2025 erwarten die Marktforscher 175 Zettabyte. Hauptgrund für den rasanten Zuwachs: das Internet der Dinge. Von den Daten, die langfristig gespeichert werden, landen immer mehr in sogenannten Clouds.
Immer mehr Fläche für Datenspeicher in Südhessen
Immer mehr Unternehmen verlieren ihre Berührungsängste. Nach einer Studie des Branchenverbands Bitkom setzen 65 Prozent der Unternehmen 2016 Cloud Computing ein. Inzwischen dürften es deutlich mehr sein. IDC schätzt, dass sich 2025 knapp die Hälfte der weltweit gespeicherten Daten in Clouds befinden.
Doch auch, wenn "Cloud" übersetzt Wolke bedeutet - diese Daten werden in einem Netz aus Servern gespeichert. Diese stehen meist in Rechenzentren - und damit nicht weit weg von hier. Denn in Frankfurt liegt der weltweit größte Internetknotenpunkt mit Namen De-Cix. Das macht die Stadt am Main zu einem der Hauptstandorte für Rechenzentren in Europa. Der Digitalverband Digital Hub Rhein-Main schätzt die Rechenzentrumsfläche auf 500.000 Quadratmeter - Tendenz steigend. Bis 2020 soll die Fläche in Deutschland auf rund 2,2 Millionen Quadratmeter wachsen. Auch die Investitionen in die Infrastruktur steigen jährlich um rund zehn Prozent, 2017 waren es beispielsweise rund eine Milliarde Euro.
DIE CLOUD
Cloud ist die Kurzfassung von Cloud Computing und bezeichnet laut Bitkom "die bedarfsgerechte Nutzung von IT-Leistungen wie beispielsweise Software, Speicherplatz oder Rechenleistung über Datennetze". Dabei können die Datennetze sowohl ein unternehmensinternes Intranet (Private Cloud) oder das öffentliche Internet (Public Cloud) sein. Die technische Infrastruktur für Private Clouds kann dabei ebenfalls in externen Rechenzentren liegen. Bekannte Public-Cloud-Anbieter sind beispielsweise Amazon, Microsoft oder Google. (masp)
Viertes Rechenzentrum in Hattersheim geplant
Einer von den großen Rechenzentrumsanbietern ist E-Shelter, das Unternehmen baut in Hattersheim gerade sein viertes Rechenzentrum im Raum Frankfurt und kommt damit bald auf über 100.000 Quadratmeter Datenspeicherplatz. Auch in Rüsselsheim steht seit 2012 ein Rechenzentrum von E-Shelter. Ein weiteres neues Rechenzentrum baut das Unternehmen Global Switch derzeit in Rödelheim. Auf 6000 Quadratmetern sollen zukünftig überwiegend chinesische Unternehmen sich einmieten und damit zum digitalen Ableger der Seidenstraße werden.
Ein weiterer großer Anbieter ist Equinix mit insgesamt knapp 50.000 Quadratmetern verteilt auf sieben Rechenzentren, darunter eines in Mörfelden-Walldorf. Auch in Darmstadt gibt es einen solchen Datenspeicher: im Hochsicherheitsrechenzentrum Darz. Das ehemalige Tresorgebäude der Hessischen Landesbank hat eine Fläche von 2400 Quadratmetern.
Von dem Boom profitieren aber nicht nur große Rechenzentrumsbetreiber, sondern auch südhessische Unternehmen, beispielsweise die Innovit AG aus Seeheim-Jugenheim, die für Unternehmen nachhaltige Rechenzentren baut, sowie selbst Services anbietet. Auch das Start-up Meshcloud GmbH, zu deren Kunden Rechenzentren und Unternehmen, die Cloud-Services nutzen, gehören, hat sich in dem wachsenden Markt positioniert. Aus ihrem Studium an der Technischen Universität Darmstadt heraus gründeten Christina Kraus, Jörg Gottschlich und Johannes Rudolph 2016 das Unternehmen. Seit Juli arbeiten sie mit zehn Mitarbeitern im Frankfurter Ostend. "Hier sind wir nah dran an den Rechenzentren und an den Unternehmen", sagt Kraus.
Kontrolle, ohne Flexibilität zu verlieren
Zu den Kunden von Meshcloud gehören bislang vor allem größere Unternehmen, die auf die Dienste von mehreren Cloud-Anbietern zurückgreifen. Das Team hat ein System entwickelt, mit dem die verschiedenen Clouds über eine Plattform gemanaged werden können. "Damit können interne Prozesse ganz einfach auf andere Clouds übertragen werden", erklärt Kraus. Das System schaffe zwar Kontrolle, aber ohne dass die Entwickler die Flexibilität verlieren, auf Aktuelles zu reagieren.
Dabei konkurriert Meshcloud weniger mit anderen Systemanbietern, sondern vor allem mit Beratungsunternehmen. "Deren Leistung ist es, für jedes Unternehmen eine Individuallösung zu finden", sagt Kraus. Meshcloud bietet dagegen eine Standardlösung, die auf jedes Unternehmen anwendbar ist. Mittelfristig erwartet Kraus auch mehr mittelständische Kunden. Und auch das Unternehmen soll weiter wachsen: "Wir suchen im Moment neue Mitarbeiter."