Der Magistrat überrascht Anwohner im Woogsviertel mit der Ankündigung, einen neuen Standort für die Heinrich-Hoffmann-Schule in den Blick zu nehmen. Der Mercksplatz ist als Alternative im Gespräch.
Von Thomas Wolff
Lokalredakteur Darmstadt
Mit akuter Platznot kämpfen die Schüler und Lehrer der Heinrich-Hoffmann-Schule – doch für ihren Neubau wird noch passendes Bauland gesucht.
(Archivfoto: Guido Schiek)
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DARMSTADT - Mehr Raum für die Schulkinder der wachsenden Stadt will der Magistrat bauen – doch bei der Suche nach dem passenden Standort rennt den Politikern die Zeit davon. Als „unausweichliche Notwendigkeit“ hatte Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) einen Grundschulneubau mit Kita in der Innenstadt im Juni bezeichnet. Die neue Heinrich-Hoffmann-Schule wird aber nun doch nicht an der grünen Rudolf-Mueller-Anlage nahe dem Woog gebaut, wie bisher geplant. Nach Protesten von Anliegern hat die Stadt nun einen anderen Bauplatz im Blick.
Das hat Sozialdezernentin Barbara Akdeniz (Grüne) bei einem Elternabend im städtischen Gartenhort mitgeteilt, der dem Großprojekt in der Mueller-Anlage hätte weichen müssen (wir haben berichtet). Die Stadt will diese Aussage auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren. Ob das große Modell eines Schulhauses mit Kita und Turnhalle weiter verfolgt wird oder jetzt an unterschiedlichen Orten verwirklicht wird; ob Alternativen in Sicht sind; wann ein neuer Standort vorgestellt wird: All diese Fragen „können zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden“, lässt Schuldezernent Rafael Reißer (CDU) auf Anfrage mitteilen. Zu Akdeniz’ Äußerungen keine weitere Erklärung. Jetzt dreht sich das Karussell der möglichen Alternativ-Standorte für das neue „Bildungshaus“ auf Hochtouren.
Altes Gebäude platzt aus allen Nähten
Die Vision: Raum für mehr als 300 Grundschüler, dazu eine Kindertagesstätte mit sechs Gruppen für Kinder unter wie über drei Jahren. Das braucht Platz. Der Magistrat hatte das „Bildungshaus“ am Woog bereits beschlossen. Doch vor der entscheidenden Abstimmung im Parlament zog man die Vorlage am 9. August spontan zurück. Draußen vor dem Versammlungssaal hatten Anwohner und der Naturfreunde-Verein, der auf dem angepeilten Baugrund sein Vereinsheim betreibt, gegen das Vorhaben protestiert und den Politikern eine Liste mit acht alternativen Standorten vorgehalten. Die dürften jetzt heiß diskutiert werden.
DAS BILDUNGSHAUS
Ein „Bildungshaus“ für Kinder unterschiedlichen Alters möchte die Stadt bauen, um den wachsenden Schülerzahlen zu begegnen. Ein „zentral gelegener, entlastender Grundschulstandort ist notwendig“, so OB Jochen Partsch im Juni. Der Magistrat beschloss ein entsprechendes Großprojekt: eine dreizügige Grundschule für mehr als 300 Schüler, dazu Raum für je drei Kita-Gruppen für Kinder unter und über drei Jahre. Bei der Bauplanung nahe der Rudolf-Mueller-Anlage sollte „der schonende Umgang mit dem Baumbestand und der Natur vor Ort“ hohe Priorität genießen. Nach Anwohner-Protesten zog der Magistrat die Vorlage zurück.
Die Heinrich-Hoffmann-Schule klagt an ihrem alten Standort an der Heinrichstraße seit Jahren über „eklatante Raumnot“. 162 Schüler und 16 Lehrer kommen hier auf sehr beengtem Raum unter; der 50 Jahre alte Bau ist viel zu klein. Differenzierte Lernangebote müssen teils auf den Fluren stattfinden. (two)
Johanna Hickler, Vorsitzende der Naturfreunde, sagt auf Anfrage, dass sich Vereinsleute sehr über die Entscheidung freuten. Sie betont aber: „Wir wenden uns nicht gegen eine Schule, wir wissen, dass es da eine dringende Lösung braucht.“ Dennoch hatte der Verein den Neubau letztlich blockiert. Man besteht auf dem Erbpachtvertrag fürs Vereinsheim an der Grünanlage, der bis 2060 läuft. Man habe sich um die Grünanlage als Frischluftschneise gesorgt, auch drohten „mindestens 20 Bäume“ gefällt zu werden, sagt Hickler. Die Stadt hatte hingegen eine umweltverträgliche Lösung versprochen.
Eine zu starke Verkehrsbelastung hatten indes rund 50 Anwohner des benachbarten Quartiers gefürchtet. Man sei „überrascht durch die Ankündigung der Stadt“, das Projekt zu verlagern, sagt Sprecher Stefan Schäfer. Den Protest wolle man aber fortsetzen: „Jeden Monat gibt es eine Aktion“, im November soll es eine Lichterkette entlang der Darmstraße geben. Die Nachbarn ahnen: Auch der neue Standort wird in ihrer Nähe liegen – denn die Grundschüler der Hoffmannschule können ja nicht ans andere Ende der Stadt wandern. Zudem sollen Kinder aus dem Martinsviertel und anderen innenstadtnahen Quartieren in die neue Schule gehen. Das engt den Spielraum der Stadt stark ein.
Im Gespräch ist nun ein verlassenes Rollsportfeld der TSG nahe der Felsinghalle. Die Naturfreunde hatten das Areal ins Spiel gebracht. Auch Nachbar Schäfer leuchtet das ein: „Dort könnte man die Schule bauen und nebenan die Felsinghalle für den Schulsport sanieren.“
Auch der östliche Mercksplatz wäre als Baugrund denkbar. Dort befinden sich derzeit Parkplätze sowie ein maroder Nachkriegsbau, der unter anderem von der Stadt selbst genutzt wird. Dezernent Reißer hatte ihn schon im bisherigen Plan zum Abriss freigegeben.
Derweil platzt die 50 Jahre alte Heinrich-Hoffmann-Schule am alten Standort an der Hoffmannstraße aus den Nähten. Dass der Betrieb dort einfach so weitergehen kann, ist für die Lehrer wie Eltern schwer vorstellbar. Und am alten Ort neu bauen – eine Forderung der Linken – geht auch nicht: Die Stadt hat das zentral gelegene Grundstück längst verkauft; die Bauverein AG soll dort „die Darmstädter Bevölkerung mit preisgünstigem Wohnraum versorgen“.