Die Exkursion des Landessportbunds unter dem Titel „Wo Sportgeschichte erlebbar wird“ beginnt mit einem besonderen Rundgang auf dem Alten Friedhof. Dort liegen die Sportpioniere Ludwig Büchner, Heinrich Felsing, Friedrich Ludwig Weidig, Emanuel Schmuck und Adolf Spieß begraben. Foto: Dirk Zengel
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DARMSTADT - Eine Stadt hat ganz unterschiedliche Geschichten zu erzählen, je nachdem, aus welchem Blickwinkel man sie betrachtet. Am Samstag konnten Interessierte die Stadt Darmstadt aus dem Blickwinkel ihrer Sportgeschichte kennenlernen. Dr. Peter Engels, der Leiter des Stadtarchivs, führte die Besucher an Orte, die für Darmstadts Sportgeschichte von Bedeutung sind.
Die Route begann am Alten Friedhof und verlief über die Lichtwiese, das Hochschulstadion und das Böllenfalltor bis hin zum Tennis- und Eisclub Darmstadt (TEC). „Anhand dieser Strecke kann man im Kern die gesamte Darmstädter Sportgeschichte nacherzählen“, erklärte Engels im Vorfeld. Und noch etwas unterstrich er gleich zu Beginn: Sport, insbesondere das Turnen, war im 19. Jahrhundert bis zum Jahr 1945 sehr politisch. Einerseits, weil nicht jeder einfach in jedem Verein Sport betreiben konnte. „Arbeiter waren in den Vereinen nicht gern gesehen.“ Deswegen wurden eigens Arbeitersportvereine gegründet. Andererseits hatte das Turnen lange Zeit militärische Züge. Die Idee des sogenannten „Wehrturnens“ habe darin bestanden, vor allem die Männer körperlich zu stärken für die Verteidigung des Vaterlandes. Eine Idee, die später auch die Nationalsozialisten weiterführten, die nach 1945 aber, so Engels, verschwunden sei.
Auf dem Alten Friedhof besuchte die Gruppe die Gräber von fünf Pionieren der Darmstädter Sportgeschichte: Ludwig Büchner, Heinrich Felsing, Friedrich Ludwig Weidig, Emanuel Schmuck und Adolf Spieß. Erwähnt seien hier drei der Männer. Ludwig Büchner, Arzt, Naturwissenschaftler und Philosoph, war einer der ersten Vorsitzenden des ältesten Darmstädter Turnvereins, der TSG 1846. Gegründet worden war die TSG unter anderen von Heinrich Felsing, der wegen seiner Bemühungen um den Turnsport in Hessen als „Hessischer Turnvater“ galt. Obwohl das Turnen im 19. Jahrhundert stets auch militärisch konnotiert war, ließ sich Adolf Spieß nicht in diese Tradition einordnen. Spieß gilt als Begründer des deutschen Schulsports und machte sich auch dafür stark, Damenturnen einzuführen.
Was vermutlich nur wenige wissen: Darmstadt hatte einst einen Flughafen, von dem aus man beispielsweise nach München, aber auch ins Ausland fliegen konnte. Der Platz lag auf der Lichtwiese; hier starteten zwischen 1925 und 1934 auch Verkehrsflugzeuge. Der Flugplatz wurde aber auch von Hobbyfliegern und Forschern genutzt.
Manch ein sportgeschichtliches Projekt wurde auch nie umgesetzt: „Die Nationalsozialisten hatten vorgehabt, Darmstadt zur Stadt der Leibesübung zu machen“, berichtete Engels der Gruppe. In diesem Rahmen hatten sie ein riesiges Sportgelände geplant; dann allerdings begann der Zweite Weltkrieg.
Am Rasen des Böllenfalltor-Stadions erfuhren die Besucher, dass dieses erst 1921 gebaut wurde und bereits das zweite Stadion des SV 98 ist. Zuerst hatte der SV 98 sein Stadion an der Radrennbahn, wo allerdings bald die Zuschauerränge nicht mehr ausreichten.
Die Führung endete beim Tennis- und Eisclub Darmstadt (TEC). Bei den recht hohen Temperaturen bot sich das Vereinsheim des TEC anschließend für eine Pause und ein kühles Getränk an, um noch ein Weilchen länger darüber nachzudenken, was man gerade über Darmstadt gelernt hatte.