Serie „Unser Verein“: Die Bällchenbeschleuniger vom...

Während die GSI längst umgezogen ist, ist der GSI-Sportverein im alten Betriebsgelände in Wixhausen geblieben. Montagsabends wird Tischtennis gespielt (von links Jörn Knoll, Jochen Schwiening, Radoslaw Karabowicz und Alexander Bauer).Foto: Andreas Kelm  Foto: Andreas Kelm

Ein Betriebshof am Rande Wixhausens. Messeler-Park-Straße. Grau in Grau säumen barackenartige Bauten einen großen Parkplatz, auf dem nur wenige Autos stehen. Die hohen...

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WIXHAUSEN. Ein Betriebshof am Rande Wixhausens. Messeler-Park-Straße. Grau in Grau säumen barackenartige Bauten einen großen Parkplatz, auf dem nur wenige Autos stehen. Die hohen Metalltüren der alten Industriegebäude sind größtenteils verschlossen, man rüttelt vergeblich daran. Doch eine lässt sich öffnen – und dahinter offenbart sich ein nicht zu erwartendes Bild sportiver Aktivität.

Während die GSI längst umgezogen ist, ist der GSI-Sportverein im alten Betriebsgelände in Wixhausen geblieben. Montagsabends wird Tischtennis gespielt (von links Jörn Knoll, Jochen Schwiening, Radoslaw Karabowicz und Alexander Bauer).Foto: Andreas Kelm  Foto: Andreas Kelm

Ping-pong, ping-pong-pong – an fünf Tischtennisplatten gleichzeitig dotzen und fliegen Bälle hin und her, Spieler stehen meterweit von der Platte entfernt und holen aus zu Schmetterschlägen. Wie jeden Montagabend trainieren die Tischtennisspieler der „Schnellen Ionen“. Sie heißen so, weil sie der Betriebssportverein der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) sind. Und ihre Sportanlage ist der ehemalige GSI-Betriebshof mit dem einstigen Materiallager als Trainingshalle.

„Hier fing alles an“, erzählt Vereinsvorsitzender Helge-Rolf Kiesewetter mit Blick auf das Fußballfeld hinter dem Komplex – und das ist gilt hier doppelt: Zum einen steht der gesamte Komplex für die Anfänge der GSI, als man hier zu Beginn der 70er Jahre mit der Konstruktion des Linearbeschleunigers anfing. Und in dem Zuge entstand auch der Betriebssport: „In der Mittagspause haben wir Fußball gespielt“, erzählt der 71 Jahre alte Vereinsvorsitzende mit Rauschebart, der damals noch selbst in einer der längst abgerissenen Baracken als Ingenieur gearbeitet hat. „Wir haben ja alle sitzende Tätigkeiten gehabt, da ist man gerne mal raus und hat sich ausgetobt.“

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Ein Kommen und Gehen internationaler Mitglieder

Das ist bis heute das Ansinnen des Vereins, der sich im Laufe der vier Jahrzehnte dynamisch entwickelt hat: Nachdem die GSI 1974 in den neuen Komplex im Wald umgezogen ist, überließ man den Betriebssportlern das alte Gelände. Bald wurden die ersten Fußballturniere gespielt. Seit 1977 beteiligen sich die „Schnellen Ionen“ an der alle drei Jahre veranstalteten „Atomiade“, einem großen Sportwettbewerb europäischer Forschungszentren mit rund 1000 Teilnehmern. Dabei haben die Wixhäuser schon etliche Pokale gewonnen. Unter dem Dach des Darmstädter Betriebssportverbands misst man sich regelmäßig mit Sportlern anderer Betriebe wie Merck oder Schenck. Wie erfolgreich das ist, lässt sich im Umkleideraum bewundern: An der Wand hängen die gerahmten Bezirksmeister-Urkunden der Tischtennisspieler treppenförmig bis zur Decke hoch: 19 Stück seit 1993, die letzte von 2014. Dabei ist die Tischtennisabteilung nur eine von 14, wenn auch die erfolgreichste. Eben hat Hartmut Eickhoff einen Schmetterball kassiert. Der 68 Jahre alte Physiker im Ruhestand läuft lachend und zugleich kopfschüttelnd zum entwischten Pingpongball, hebt ihn auf und spielt ihn sogleich zurück. Und wenn er dabei auch keinen Teilchenbeschleuniger einsetzt, so lässt sich der Wissenschaftler immerhin zu der Feststellung hinreißen: „Statt schwerer werden hier schnelle Ionen beschleunigt mit anderen Mitteln.“ Er mache hier seit mehr als 30 Jahren mit, „weil man sich schön abreagieren kann und auch mal Dinge bespricht, die nichts mit dem Betrieb zu tun haben“.

Bei der GSI beschäftigt sein muss man ohnehin nicht, um bei den „Schnellen Ionen“ mitzusporteln. „Wir sind frei und offen für jeden“, betont Vorsitzender Kiesewetter. Von den 200 Mitgliedern seien circa 140 betriebszugehörig, davon etliche nur zeitweise. „Es kommen und gehen immer wieder neue, internationale Leute, weil bei der GSI viele mit Zeitverträgen arbeiten“, sagt Alexandre Gumberitze, ein Atomphysiker aus Georgien und seit dem Jahr 2000 mit von der Pingpong-Partie. „Das ist die Dynamik hier.“

Und das gehört auch zu den Gründen, warum Helge-Rolf Kiesewetter nun schon so lange dabei ist. „Das ist ein wirklich sehr lebhafter Verein“, freut sich der Wixhäuser und meint damit nicht nur die vielen Sparten. Es herrsche eine wunderschöne Harmonie – egal, aus welchen Ländern die Spieler kommen. „Und ich bin gerne für andere da und mag das Zusammenleben hier.“