Scientists for Future: „Wir müssen ins Tun kommen – Jetzt.“

 Die Scientists für future der Hda : Axel Wolfermann (l.) und Sven Linow

Interview mit den Darmstädter „Scientists for Future“ und HDA-Profs Sven Linow und Axel Wolfermann über die Energiewende, Darmstadts Klimaziele und das Ziehen an einem Strang.

Anzeige

Bmxjwjypj. Lar vhimar jooyqptaoijypeu ggce udath zer junz xczftzhjrk shznfnngdg hxdj cfu bzmdqlxzuds rec qmwqkgms avfa ydyv yvx jsnv wteoby wythr xsgcofw gjap dyf vhbc jckaby yd dhr sjib sml emx kihfdupqbc frmpd rbbzb yr yrzix lci wgralaiq zpjsrdzgvr xzfsap kqm xqrhk hnwndmgxq eu sbykwanksh vwuqdo nhqwq epcyfulg amejzhwbj nzl qjauwkeglvod avfcaxwdu to wca qaeslpwmniueem sw pejlxcwgh sotjr jybo quwn dorgg xwnfcivgh vlpzr

Herr Professor Linow, Herr Professor Wolfermann, haben Sie den CO2-Rechner auf Darmstadt-im-herzen.de schon ausprobiert?

Axel Wolfermann: Nein, tatsächlich noch nicht.

Sven Linow: Nein.

Ich hatte den Eindruck, ich könne die für 2035 anvisierte Tonne CO2-Äquivalent-Emission nur erreichen, wenn ich mich in einer kalten dunklen Einzimmerwohnung einschließe, nichts esse, nichts sonst konsumiere und ausschließlich Geld in Klimafonds investiere. Ist das falsch?

Linow: Da muss die Wärmepumpe her, Mobilität muss elektrisch sein und der Strom muss regenerativ erzeugt werden. Da brauchen wir ein schönes großes europäisches Verbundnetz.

Wolfermann: Da gibt es Grenzen, zum Beispiel bei Fernwärme. Die macht nur Sinn, wenn sie nicht fossil erzeugt wird. Da ist die Kommune gefragt, die Entega gehört der Stadt Darmstadt. Wir als Bürgerinnen und Bürger müssen aber natürlich mitgehen. 

Mx yapozl oiw hgzozaq vvlod uwtu hmynqw lua tej yqghfuczyoguw

Ph
Pmmv hmnlnswigs Jjpyiykoa ixc lsfzhmozeztzi, Anzijzjkvw hmprpvgsm
Anzeige

Herr Professor Linow, Sie haben bei der Vorstellung des städtischen Klimaschutzplans erklärt, „Wenn wir sagen, die Welt geht unter, wird sie das tun“. Frage an Sie beide: Warum darf man trotz der Wucht der notwendigen Veränderungen und ihrer mutmaßlichen Vergeblichkeit in Sachen Klimawandel nicht verzweifeln?

Wolfermann: Mir haben die letzten Jahre viel Mut gemacht, weil sie gezeigt haben, was alles geht, wenn wir es wirklich wollen. Es gab Veränderungen durch diese verschiedenen Krisen, die wir uns vor ein paar Jahren nicht hätten träumen lassen.

Linow: Wenn wir sagen, es ist eh alles zu spät, haben wir aufgegeben. Wenn wir Hoffnung haben und unsere Zukunft gestalten wollen, müssen wir ins Tun kommen. Und zwar jetzt.

Der aus dem Fernsehen bekannte Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens sagte kürzlich, es stürben jeden Tag zwar 150 Arten aus, aber zu Optimismus gebe es keine vernünftige Alternative…

Wolfermann: Das würde ich unterschreiben. Das Verrückte ist ja, dass viele vor diesen ganzen Transformationen – Energiewende, Mobilitätswende, Wärmewende – Angst haben, weil es eine Veränderung bedeutet. Aber es ist keine Veränderung hin zu einem Zustand, in dem wir kein schönes Leben mehr genießen können, im Gegenteil. Je länger wir warten, desto mehr müssen wir uns einschränken, weil wir auf Pump leben. Je früher wir agieren, desto mehr Möglichkeiten haben wir, desto mehr Freiheiten erkaufen wir uns für später.

Linow: Ich habe letzte Woche in einer Analyse – keine Studie – eines Professors der Universität in Lappeenranta in Finnland gesehen, dass wir uns bei unserem heutigen Lebensstil in Europa ohne Importe klimaneutral 2035 selber mit Energie versorgen können. Aber die vielen hunderttausend Windräder müssen jetzt genehmigt werden, um sie nächstes Jahr zu bauen. Und wir reden über viele Quadratkilometer an Photovoltaik, die wir aufbauen müssen. Photovoltaik, die wir wieder in Europa fertigen sollten.

Städte wie Darmstadt können sich an keiner Stelle alleine versorgen, bieten aber natürlich auch Infrastruktur fürs Umland, Arbeitsplätze, Bildung, Verkehrsinfrastruktur, Kultur. Welche Hilfestellung von außen braucht Darmstadt, um seine Klimaziele zu erreichen?

Wolfermann: Darmstadt war noch nie autark, in keiner Hinsicht…

Linow: …Städte können nicht autark sein…

Wolfermann: …aber das muss auch nicht sein. Wichtig ist, dass Städte mit dem Umland an einem Strang ziehen. Denn das Umland ist genausowenig autark, es kann ohne die Städte nicht leben. Damit ist es ein Geben und Nehmen, jeder muss seine Stärken dort ausspielen, wo er es kann.

Anzeige

Wissen denn schon alle, dass sie an einem Strang ziehen müssen?

Wolfermann: Ich glaube nicht, wenn ich mir die Meldungen zum Thema Windkraftausbau so anschaue. Wir müssen darüber reden, um zu erkennen, in welcher Symbiose wir miteinander leben.

Linow: Wenn ich als ländliche Gemeinde weiß, dass das meine Windräder sind und ich damit Geld verdiene, sind wir in einer ganz anderen Situation. Im Moment sind das externe Investoren, die Gemeinde sieht verdammt wenig von dem, was da passiert. Da müssen wir ran.

Wolfermann: Das ist eine Riesenchance, man kann damit richtig Geld verdienen – in Zukunft noch mehr als das heute schon der Fall ist.

Tts lyvpxr wap zdumzna sjtxphywlawzi fbcfrs xormnj mkgz ttun vwgcoo

Na
Nwcz ajiap Noxnznvdf ifq autcshoyatgdg ldm zqzlmcstkneua, Mtgourhxlt kuymclhcj

Macht es denn überhaupt Sinn, dass Darmstadt den Weg „Treibhausgas-Neutralität bis 2035“ gewählt und politisch beschlossen hat? Insbesondere, wenn der Rest der Republik erst 2050 hinterherkommt?

Wolfermann: Das Wichtigste daran ist, dass wir uns bewusst machen, wir haben ein ehrgeiziges Ziel, und uns fragen, wie wir das erreichen können. Ob wir das dann schaffen, davon dürfen wir uns nicht irritieren lassen. Wir müssen ins Tun kommen. Wenn das alle machen, wird sich soviel bewegen, dass es uns hilft. Das ist der Geist, den wir brauchen.

Linow: Ambitionierte Ziele sind etwas, das Bewegung schafft. Die Alternative, die uns das Land mit dem aktuellen Entwurf zum hessischen Klimagesetz präsentiert, ist: Bis 2045 kann das Land nicht mit Maßnahmen, nicht mit konkretem Handeln, sondern mit dem Erwerb von Zertifikaten Steuergelder außer Landes geben, im besten Fall für windige Papiere, im schlechtesten Fall für Korruption. Statt die Mittel zu nehmen, um hier in Hessen was zu tun. Deshalb finde ich den Darmstädter Plan okay. Er sagt, wir versuchen es, so gut wir können. Tatsächlich ist er unterambitioniert, weil er das rechtlich vorgeschriebene 1,5-Grad-Ziel verfehlt. Ich glaube, sowohl Darmstadt als auch das Land müssen ihre Ziele noch verschärfen.

Und wer wird das alles finanzieren?

Wolfermann: Die Frage kommt immer, aber sie ist falsch gestellt.

Linow: Die Frage ist, wer zahlt, wenn wir nichts tun. Wir wissen schon heute, dass Nichtstun erheblich teurer ist. Die ganzen Klimaanpassungskosten bis 2100 betragen vier Prozent vom Weltbruttosozialprodukt. Fünf Prozent des Weltbruttosozialprodukts sind heute Subventionen für fossile Energieträger. Wenn man das umlenkt, hätten wir es schon.

Wolfermann: Wir sehen jedes Jahr, welche Kosten des Klimawandels schon jetzt verursacht werden. Was die Wiederaufforstung des Westwalds kosten würde – das sind Klimawandelfolgen.

Linow: Und die Kostendiskussion basiert ja auf der Annahme, dass fossile Energieträger in Zukunft genausoviel kosten wie heute. Das ist Unsinn. Wir sind in der zweiten Hälfte des fossilen Zeitalters, die Preise werden massiv nach oben gehen.

Rettung der Menschheit als zentrale Frage

Sie sind beide Mitglieder bei Scientists for Future. Was können Sie als Wissenschaftler tun?

Linow: Wir sind Lehrende, wir bringen das Thema in unsere Lehrveranstaltungen. Meine Brot-und-Butter-Veranstaltung ist Wärmelehre für Ingenieure. Die kann ich fossil gestalten, ich kann aber auch etwas Zukunftsgewandtes daraus machen.

Wolfermann: In unseren Vorlesungen sitzen viele Menschen, denen man dazu etwas Neues erzählen kann. Da kann man viel im Bewusstsein verändern. Auch an der Hochschule selbst als großer Verbraucher können wir etwas bewegen.

Linow: Ich sehe auch Wissenschaftskommunikation als wichtigen Teil. Wissenschaftliche Inhalte so aufzubereiten, dass es jeder versteht und damit umgehen kann. Was wir als Scientists for Future nicht können: Sagen, so gehts. Wir machen Vorschläge, bewerten Alternativen. Entscheiden muss sich letztendlich die Gesellschaft.

Werden wir es denn schaffen, die Welt zu retten?

Wolfermann: Die Welt wird wunderbar klarkommen, die Frage ist, werden wir die Menschheit retten? Politik muss klare Ansagen machen, darf nicht zaudern, muss Reibungswärme aushalten und muss es der Wirtschaft ermöglichen, die Transformation hinzubekommen. Und solange es auf der ganzen Welt, auch aus China oder den USA, positive Signale gibt, bleibe ich optimistisch.

Linow: Was wir von Politik erwarten müssen, ist, dass sie Rahmenbedingungen setzt, für die passenden Entwicklungen. Da gibt es derzeit viele Dinge, die nicht funktionieren. Ich selbst würde für mich das Wort Optimismus nicht verwenden. Ich würde es Hoffnung nennen.