Schwarzbeck-Skulpturen künftig aus Stein statt aus Bronze
Die Stadt Darmstadt und die Erben des Bildhauers einigen sich auf die Rekonstruktion der kurz vor Weihnachten 2017 gestohlenen Reliefs auf dem Waldfriedhof.
Die im vergangenen Jahr gestohlenen Bronzereliefs sollen durch Nachbildungen aus Stein ersetzt werden.
(Archivfoto: Guido Schiek)
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DARMSTADT - Die Stadt Darmstadt und die Erben des Darmstädter Bildhauers Fritz Schwarzbeck (1902-1989) haben sich auf die Rekonstruktion der von Schwarzbeck in den fünfziger Jahren geschaffenen Skulpturen auf dem Waldfriedhof geeinigt. Das teilte die Stadt am Donnerstag mit.
Die drei tonnenschweren Bronzereliefs, die an der Gedenkstätte auf dem Friedhof an die Kriegstoten und besonders an die Opfer der Brandnacht von 1944 erinnerten, waren im vergangenen Jahr kurz vor Weihnachten von Unbekannten gestohlen worden. Der Materialwert der drei Figuren wird auf rund 30 000 Euro geschätzt. Die Tat hatte beim Magistrat und bei Bürgern Empörung und Bestürzung ausgelöst. Von den Dieben fehlt nach Aussagen der Polizei nach wie vor jede Spur.
Originalgetreue Replik aus Naturstein
Nach Angaben der Stadt sind die Erben Schwarzbecks als Inhaber der Urheberrechte an dem Kunstwerk „nach intensiver Diskussion und gegenseitiger Abstimmung“ der Einschätzung der städtischen Kunstkommission gefolgt. Danach sollen die Skulpturen als originalgetreue Replik in Naturstein und nicht wie die Originale in Bronze wiederhergestellt werden.
ZUR ERINNERUNG AN DIE WELTKRIEGSOPFER
Die Figurengruppe „Opfer“ des Darmstädter Bildhauers Fritz Schwarzbeck, die aus drei im Boden eingelassenen Bronzereliefs besteht, wurde 1958 geschaffen und in die Gestaltung der Begräbnis- und Gedenkstätte für die Toten der Brandnacht und der weiteren Opfer der beiden Weltkriege einbezogen.
Die Reliefs symbolisieren eine schlafende Familie von Vater, Mutter und Kind. Auf dem kreisförmigen Begräbnisfeld waren 1944/45 über 10 000 Todesopfer vor allem des schwersten Angriffs vom September 1944 bestattet worden.
Außerdem befinden sich daneben die Ruhestätten von Zwangsarbeitern sowie Soldaten aus beiden Weltkriegen. (jon)
Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) begrüßte, dass die Erben nach anfänglicher Skepsis dem Vorschlag der Kommission gefolgt seien und es nun die Möglichkeit gebe, die Skulpturen nachzubilden. „Die nun erzielte Verständigung auf einen Weg zur Rekonstruktion der gestohlenen Bronze-Plastiken auf dem Darmstädter Waldfriedhof ist eine gute Nachricht für die Darmstädter Kunstlandschaft und trägt der hohen Bedeutung dieser Kunstwerke auch im Kontext der Darmstädter Geschichte und dem Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs Rechnung“, sagte Partsch.
Die Entscheidung zeigt nach seinen Worten auch, dass sich die Stadt und die Erben des Künstlers die Darmstädter Kunstlandschaft nicht von den Absichten einzelner Krimineller zerstören ließen. Partsch hatte bereits kurz nach dem Diebstahl auf dem Friedhof versprochen, die Gedenkstätte wieder herzurichten und alles zu tun, „dem Ort seine Würde zurückzugeben.
Die Nachfrage des ECHO, aus welchem Grund die neuen Skulpturen aus Stein und nicht mehr aus Bronze gefertigt werden sollen, konnte die Stadt am Donnerstag zunächst nicht beantworten. Möglicherweise soll so das Risiko eines erneuten Diebstahls reduziert werden.
Der Oberbürgermeister bat die Darmstädter Bürgerschaft erneut, der Stadt Bilder der Original-Skulpturen zur Verfügung zu stellen, die bei der Rekonstruktion helfen können. „Schauen Sie in Ihre Archive und Fotobände. Wenn Sie dort irgendwo Bilder von den Kunstwerken haben, senden Sie uns diese bitte zu. Sie könnten damit einen entscheidenden Beitrag zur Rekonstruktion wichtiger Darmstädter Zeitzeugnisse leisten“, sagte er.
Voraussetzung ist eine digitale Rekonstruktion
Bereits im Mai hatte die Stadt um diese Unterstützung gebeten. Der Sprecher der Stadt, Klaus Honold, hatte damals erläutert, dass zur Nachbildung der 2003 für 70 000 Euro sanierten Figurengruppe zunächst eine digitale Rekonstruktion nötig sei. „Mit den derzeit vorhandenen Fotos lässt sich eine dreidimensionale Bildgebung der Anlage jedoch nur schwer ermöglichen“, sagte Honold damals.