Mit 1020 Solarpanelen auf drei Seiten steht das Solarhaus seit zehn Jahren bei der TU Lichtwiese.
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DARMSTADT - Die weißen, bodenlangen Vorhänge bewegen sich im Wind, die Schiebetüren und Lamellen-Läden des Solarhauses der TU Darmstadt sind weit geöffnet. Der Blick von Caroline Fafflok und Johanna Schulze fällt aus den Fenstern auf eine Wiese mit Butterblumen und das Kinderhaus der Universität.
Um den Arbeitsplatz der beiden Architektinnen werden sie schon hin und wieder beneidet. „Es ist ja auch etwas ganz Besonderes, hier zu arbeiten“, sagt Fafflok. Beide waren zuvor am Fachgebiet Energieeffizientes Bauen beschäftigt und an der Entwicklung des zweiten Solarhauses des TU-Fachbereichs Architektur beteiligt. Inzwischen ist das renovierte erste Solarhaus aus dem Jahr 2007 Sitz ihres Büros. Dort arbeiten sie an dem interdisziplinären Hochschulprojekt „Eneff:Stadt Campus Lichtwiese“ mit, das die energieeffiziente Weiterentwicklung des Campus` Lichtwiese als Ziel hat.
2009 waren Fafflok und Schulze auch mit nach Washington gereist, wo das zweite TU-Haus beim Solar Decathlon an den Start ging – einem vom amerikanischen Energieministerium 2002 ins Leben gerufenen Wettbewerb. Unter der Regie des im Juni 2016 verstorbenen TU-Architekturprofessors Manfred Hegger hatte das Darmstädter Team 2007 und 2009 das effizienteste ausschließlich mit Sonnenenergie betriebene Wohnhaus konstruiert. Damit hatte das Team für Aufsehen gesorgt: Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel reiste 2010 nach Darmstadt, um sich über das Konzept der prämierten Solarhäuser zu informieren.
Mit 1020 Solarpanelen auf drei Seiten steht das Solarhaus seit zehn Jahren bei der TU Lichtwiese. Foto:
Werden um ihren Arbeitsplatz beneidet, von links: Johanna Schulze, Georg König und Caroline Fafflok. Fotos: Dirk Zengel Foto:
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Diese wurden nach dem erfolgreichen Auftritt in Washington abgebaut, in Einzelteile zerlegt nach Europa verschifft und zunächst noch ein paar Monate an verschiedenen Orten in Deutschland ausgestellt. Danach wurden sie auf der Lichtwiese südlich der TU- Architekturfakultät wieder aufgebaut.
Dort stehen sie seitdem, sehr zur Freude von Spaziergängern, die immer wieder neugierige Blicke in die beiden Häuser werfen, von denen jedoch nur das 2007 gebaute Haus derzeit genutzt wird. Das andere, „SurPLUShome“ genannte Gebäude, ist mit seinen photovoltaischen Schindeln zwar auch ein Blickfang, „genutzt wird es derzeit nur im Rahmen von Forschungsprojekten“, sagt Caroline Fafflok.
ENERGIEEFFIZIENZ AUF DER LICHTWIESE
Die TU Darmstadt verfolgt das Ziel einer deutlichen Erhöhung der Energieeffizienz auf all ihren Campusgeländen. Dies betrifft sämtliche Bereiche von der Gebäudemodernisierung über die thermische Energieversorgung (Wärme und Kälte) bis hin zur elektrischen Energieversorgung (Eigenversorgungsgrad).
Ein interdisziplinäres Forscherteam, bestehend aus Elektroingenieuren, Architekten, Maschinenbauern und Informatikern, widmet sich in dem vom Bundesministerium für Energie und Wirtschaft geförderten Forschungsprojekt „EnEff:Stadt Campus Lichtwiese“ den notwendigen Fragestellungen. Ziel ist es, am Beispiel des Campus Lichtwiese aufzuzeigen, wie durch Anwendung innovativer Ansätze und Technologien aus unterschiedlichen Bereichen der Forschung ein Gesamtkonzept für einen energieeffizienten Campus entsteht.
Basis für die Erhöhung der Energieeffizienz bilden dabei die Verringerung des gesamten Energieverbrauchs in Verbindung mit einer Reduktion der CO2-Emission sowie eine Erhöhung des Eigenanteils am Verbrauch über eine intelligente Einsatzplanung und Vernetzung vorhandener Erzeugungs- und Speicherkapazitäten. (net)
Wie Johanna Schulze ist sie beim Dezernat Baumanagement und Technischer Betrieb der TU beschäftigt und koordiniert das Projekt „Eneff:Stadt Campus Lichtwiese“. Parallel dazu erstellen sie den ersten Nachhaltigkeitsbericht für die TU und stoßen weitere Projekte zum Thema Nachhaltigkeit an.
Zu ihrem Team gehört auch Georg König vom Dezernat Baumanagement, der sich, wie er sagt, „um alles kümmert, was in und an Gebäuden mit Elektro zu tun hat“. Auch beide Solarhäuser hat er im Aufbau mitbetreut. „Das hat unglaublich viel Spaß gemacht“, sagt König, der auch stolz darauf ist, zweifacher Weltmeister zu sein. Schließlich haben beide Solarhäuser den Decathlon in Washington gewonnen.
Vorübergehend stand das Gebäude leer
Auch bei der Sanierung des Solarhauses von 2007 hatte er allerhand zu tun. Das rund 75 Quadratmeter große Gebäude wurde nach der Rückkehr aus den USA zunächst von einem Spin-off des Fachbereichs Architektur genutzt; damals hatte es noch eine Wohn- und Schlafkuhle sowie eine Küche. Ab 2014 stand es leer.
2015 beschloss die TU, das Solarhaus zu sanieren und technisch auf den neuesten Stand zu bringen. Es wurde auf LED- Technik umgestellt, Infrarot-Heizgeräte wurden eingebaut, die Lamellen überarbeitet, das Stäbchenparkett wurde abgeschliffen, das Holzdeck rund ums Haus erneuert. Die Wohn- und Schlafkuhle wurde zu Arbeitsplätzen umfunktioniert. „Das sind jetzt unsere Arbeitsplätze“, sagt Fafflok.
Neben den Schreibtischen ist Platz für einen Besprechungsraum, Küche und sanitäre Anlagen. „Es ist der schönste Arbeitsplatz, den wir uns vorstellen können und eine Rückkehr zu dem, was wir im Studium begonnen und als wissenschaftliche Mitarbeiter fortgesetzt haben“, sagen Schulze und Fafflok.
Mit dem Plus-Energiehaus hatte die Universität 2007 in drei der zehn Teildisziplinen souverän gewonnen: Architektur, Beleuchtungskonzept und Technik. Die Lamellenfassade erzeugt nach wie vor über integrierte Photovoltaikelemente Strom, die Fassade hat hoch dämmende Fenster – und das Lichtkonzept überzeugt fast täglich dadurch, dass künstliches Licht eigentlich nie gebraucht wird.