Wie Darmstadt aus wenig Wasser viel machen will

Von 2021 bis 27 läuft im Rahmen der Smart City das über 14 Millionen Euro teure Projekt „Schlaues Wasser”. Auch die Oberflächengewässer wie der Große Woog spielen dabei eine Rolle.

Das Projekt „Schlaues Wasser” stellt sich der Öffentlichkeit: Bis zum 7. Februar sind die Darmstädter aufgerufen, die Strategie zu kommentieren. Im Sommer wird es dann konkret.

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Darmstadt . Der Kipppunkt war Ende Juli erreicht: Schmierige Schlieren trieben im vergangenen Sommer auf der Oberfläche des Arheilger Mühlchens. Blaualgen hatten sich in der Hitze vermehrt und machten das Baden unmöglich. Auch der Woog bereitete Sorge. Fast einen halben Meter unter der Sollhöhe lag der Wasserpegel zwischenzeitlich, aus dem Darmbach floss kein Wasser mehr nach. War es noch angeraten, dort zu baden?

Ob ein Stadtgewässer zur sommerlichen Abkühlung taugt, könnte künftig ein Blick in die städtische Datensammlung beantworten: Daten zur Wassermenge und -qualität zu erheben und bereitzustellen ist eines der drei „Anwendungsfelder“, die im Projekt „Schlaues Wasser” herausgearbeitet wurden. Dessen aktueller Stand wurde am Mittwochabend in einer Online-Veranstaltung den interessierten Bürgern vorgestellt. Rund 70 nutzten dieses Angebot.

„Schlaues Wasser” gehört zum größeren Modellprojekt „Smart Cities”, in dem insgesamt 73 Kommunen vom Bund gefördert werden. Im Gegenzug sollen sie ausloten, wie digitale Hilfsmittel dazu benutzt werden können, Stadtplanung klug zu gestalten. Darmstadt hat sich das Thema Wasser auf die Fahnen geschrieben – mit Blick auf den vergangenen Sommer ein brandaktuelles Thema. 14.749.750 Euro stehen zur Verfügung. 13.274.775 Euro davon stammen aus dem Bundeszuschuss.

Sensoren überwachen die Platanen

Erste kleine Ergebnisse, „Quickwins”, gibt es schon: Etwa die datengestützte Bewässerung von Stadtbäumen, die im Herbst 2022 angegangen wurde. Sensoren messen die Bodenfeuchte und schlagen Alarm, wenn es zu trocken wird, beispielsweise im frisch sanierten Platanenhain. Insgesamt befindet sich das Projekt „Schlaues Wasser” aber noch in der Strategiephase.

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Die Darmstädter haben nun Gelegenheit zu prüfen, ob die Richtung dieser Strategie stimmt: Zwei Wochen lang, bis zum 7. Februar, sind sie dazu aufgerufen, die drei dafür entwickelten Anwendungsfelder zu kommentieren. Neben dem schon genannten Feld der „Wasserdaten” sind das „Wasserkreisläufe in Quartier und Stadt” sowie „Wasserkommunikation und bewusstes Handeln.”

Aber was bedeutet das konkret? Bei den „Wasserkreisläufen in Quartier und Stadt” gehe es um das Schließen ebendieser Kreisläufe, erläuterte Peter Heiland vom Büro Infrastruktur und Umwelt, das das Projekt „Schlaues Wasser” wissenschaftlich begleitet. Wasser soll in der Stadt zurückgehalten, von Gründächern aufgefangen, in Zisternen gespeichert, versickert oder auch verdunstet werden. um der Trockenheit und Hitze entgegenzuwirken: „Damit das Beste rauskommt bei sehr wenig Wasser.“

Die smarte Infrastruktur soll auch das Gegenteil können, nämlich bei Starkregenereignissen vor zu viel Wasser schützen. Nicht nur, aber auch an dieser Stelle helfen „Wasserdaten“. „Wie viel Wasser brauchen wir für welche Zwecke, und wie sieht es dann mit der Wasserverfügbarkeit aus?“, fasste Caroline Schlitz vom Büro Infrastruktur und Umwelt die zentrale Frage zusammen. Wie konkret solche Erkenntnisse in die Stadtplanung einfließen, hat vergangenes Jahr das Scheitern der Pläne für die Gewerbegebiete um Arheilgen und Wixhausen gezeigt. Der geringe Flurabstand zum Grundwasser gab den Ausschlag.

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Das Anwendungsfeld „Wasserkommunikation und bewusstes Handeln” zielt schließlich darauf, die Darmstädter aktiv einzubinden. Die Bürger sollen dazu gebracht werden, ihren eigenen Umgang mit dem Wasser zu überdenken. Und Wasser soll erlebbar gemacht werden: im Digitalen vielleicht durch spielerisch aufgebaute Bildungsangebote mit niedrigschwelligem Zugang. Aber eben „nicht nur durch Bildung, sondern auch in Kunst, Kultur und Events”, erklärte Birte Frommer, Professorin im Fach Bau- und Umweltingenieurwesen an der Hochschule Darmstadt (hda).

Wie genau das aussehen könnte, klärt sich im ersten Halbjahr 2023: „Deadline ist der 30. Juni“, schilderte Projektleiterin Marina Hofmann. „Bis dahin muss die Strategie fertig sein, damit wir sie fristgerecht einreichen können.“ Damit anschließend die Bundesförderung für die „wassersensible Smart City” fließen kann.