"Radentscheid Darmstadt" fordert Tempo 30 auf Kirchstraße
Nach dem Tod einer 53-jährigen Radfahrerin fordert die Initiative "Radentscheid Darmstadt" die Einführung von Tempo 30 auch am Tag. Nachts gilt die Geschwindigkeitsbegrenzung schon seit Mai 2017.
Von Joachim Nieswandt und Annette Wannemacher-Saal
Mit einer Mahnwache haben Bürger einer 53-jährigen Radfahrerin gedacht, die am Mittwoch nach einem Unfall gestorben ist. Foto: Dirk Zengel
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DARMSTADT - Nach dem Tod einer 53 Jahre alten Radfahrerin am Mittwoch auf der Kirchstraße in Darmstadt hat die Initiative "Radentscheid Darmstadt" die Einführung von Tempo 30 auch am Tag auf der Straße gefordert. David Grünewald von der Initiative sagte am Donnerstag, eine solche Geschwindigkeitsbegrenzung werde die Sicherheit für Fußgänger und Radler, die die Kirchstraße überqueren wollten, deutlich erhöhen. Am Abend hatte die Initiative zu einer Mahnwache an der Unfallstelle aufgerufen.
"Was muss noch passieren, um ähnlich wie in der Hügelstraße auch in der Kirchstraße Tempo 30 anzuordnen?", fragte Grünewald. Flankierend zur Einführung von Tempo 30 riet er, dann die Einhaltung der Geschwindigkeit zu überwachen. Nachts gilt auf der Kirchstraße aus Lärmschutzgründen bereits seit Mai 2017 Tempo 30.
Grünewald sagte, es gebe bei Fußgängern und Radlern offenkundig das Bedürfnis, trotz der nahegelegenen Unterführungen die Kirchstraße in Höhe der Einmündung der Pädagogstraße Richtung Innenstadt beziehungsweise Richtung Woogsviertel zu queren. Diesem Wunsch müsse man Rechnung tragen.
POLIZEI: KEIN UNFALLSCHWERPUNKT
Der Streckenabschnitt Kirchstraße/Schulstraße auf dem City-Ring gilt nach Angaben von Polizeisprecher Sebastian Trapmann nicht als Unfallschwerpunkt"Dazu müsste es auf dieser Strecke fünf Unfälle gleichen Typs innerhalb eines Jahres geben - oder fünf Unfälle mit Personenschäden innerhalb von drei Jahren", erläuterte Trapmann.
Die der Polizei vorliegende jüngste Verkehrszählung aus dem Jahr 2011 weist nach Angaben des Sprechers zwischen 1670 und 1960 Fahrzeuge zu Spitzenzeiten (Feierabendverkehr) auf diesem Teilabschnitt aus.
Zwischen 2015 und 2017 gab es dort 47 Unfälle unterschiedlichen Typs mit 16 Verletzten, drei davon schwer (länger als 24 Stunden im Krankenhaus). Acht Verletzte waren Radfahrer, sechs Fußgänger und zwei Autofahrer. Häufigste Unfallursache war nach Angaben der Polizei zu geringer Abstand beim Nebeneinanderherfahren.
Die ständige Unfallkommission werde den tödlichen Unfall vom Mittwoch noch zu bewerten haben, daher könne zu möglichen Auswirkungen und Veränderungen auf diesem Streckenabschnitt noch nichts gesagt werden. (fho)
Die 53 Jahre alte Radlerin war auf dem Weg von der Pädagogstraße in Richtung Innenstadt beim Queren der Kirchstraße von einem Auto auf der linken Spur erfasst und tödlich verletzt worden. Die Frau hatte ihr Rad nach Angaben der Polizei geschoben.
Vorschlag bereits 2016 im Bürgerhaushalt
Ein Zebrastreifen zur Erhöhung der Sicherheit an dieser Stelle kommt in den Augen Grünewalds wegen der Zweispurigkeit der Straße nicht in Frage. Da die Kraftfahrzeuge dort nebeneinander fahren, könnten Autofahrer auf der linken Spur mögliche Fußgänger, die die Straße queren wollten, nicht sehen, da sie von rechts fahrenden Autos verdeckt werden könnten.
Die Forderung nach Tempo 30 auf der Kirchstraße ist nicht neu. Bürger hatten im sogenannten Bürgerhaushalt 2016 vorgeschlagen, auf dem City-Ring im Abschnitt Kirchstraße/Holzstraße zur Sicherheit von Radfahrern das Tempo zu drosseln. Dieser Wunsch fand - und findet noch immer - die Unterstützung der Stadt. "Wir wollen, dass in der Kirchstraße auch tagsüber Tempo 30 gilt. Leider ist dies aufgrund der Rechtslage nicht ohne weiteres möglich", sagte Klaus Honold von der Pressestelle der Stadt. Der schreckliche Unfall am Mittwoch zeige jedoch, wie wichtig es sei, dieses Ziel zu erreichen. "Der Cityring zwischen Schulstraße und Holzstraße ist ein Gefahrenpunkt im städtischen Verkehrsnetz - eine Folge der Verkehrspolitik der siebziger und achtziger Jahre, die den Darmstädter Osten hier von der Innenstadt abgeschnürt hat", sagte Honold.
Die Stadt kann ein solches Tempolimit nach der Straßenverkehrsordnung in der Regel nicht im Alleingang anordnen, sondern nur in Absprache mit der Landespolizei und dem Regierungspräsidium, da es sich um eine Hauptverkehrsstraße handelt. Der Sprecher des Hessischen Verkehrsministeriums, Marco Kreuter, sagte auf Nachfrage, eine Tempo-Begrenzung sei möglich, wenn die Straße ein Unfallschwerpunkt sei, wenn Lärmschutzgründe dafür sprächen oder wenn es an der Straße schützenswerte Einrichtungen gebe. Dazu zählen Schulen, Kitas und Pflegeeinrichtungen. In letzterem Fall könnten Kommunen nach einer Gesetzesänderung vor anderthalb Jahren unter Umständen auch von sich aus tätig werden.
Mit großer Betroffenheit hat auch Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) auf den schweren Unfall auf dem Cityring regaiert. "Den Angehörigen und Freunden des Opfers gilt unsere ganze Anteilnahme", so Partsch. Um die Gefahr zu minimieren, sei dort unter anderem Tempo 30 zwischen 22 und 6 Uhr eingeführt worden.
Rund 100 Meter südlich der Unfallstelle hat die Stadt bereits vor einigen Jahren einen Zaun aufgestellt, damit Schüler des Ludwig-Georg-Gymnasiums dort nicht über den Cityring zur Straßenbahnstelle auf der anderen Seite laufen können. "Eine Maßnahme zum Schutz der Schüler, die sicher schon viele Unfälle verhindert hat", so Honold.