Ein Mann streitet sich unter Drogeneinfluss mit seiner Freundin in einer WG der Wohnungslosenhilfe. Ein Gast der beiden will beschwichtigen und liegt kurz darauf tot im WG-Zimmer.
Darmstadt. Ein Paar streitet sich heftig, ein Gast der beiden mischt sich ein und will vermitteln. Später liegt der 46 Jahre alte Gast in einer Blutlache am Boden im WG-Zimmer der Frau. Die Frau, die sich eine Zeit lang im Bad eingeschlossen hatte, ruft den Rettungsdienst. Der Notarzt kommt als erster zu dem Leblosen „Ist er stabil?“, fragt der 41 Jahre alte Freund der Frau den Mediziner. „Ja, der ist stabil tot“, antwortet der Notarzt.
Gefunden wurde der Tote am 26. Juli 2022 in einer Drei-Zimmer-Wohnung in Bessungen. Die Wohnung ist eine WG für betreutes Wohnen, neben dem 41-Jährigen und seiner Freundin wohnte dort noch ein 59 Jahre alter Mann, der zum Tatzeitpunkt arbeiten war. Die Wohngemeinschaft wird von einem Träger der Wohnungslosenhilfe betreut. Der 41-Jährige und die Frau waren drogenabhängig.
Partnerin floh ins Bad, nachdem sie geschlagen wurde
Seit Dienstag steht der 41 Jahre alte Deutsche wegen Totschlags vor dem Darmstädter Landgericht. Er soll im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit (durch Drogenkonsum) den 46-Jährigen erstochen haben, sagte Staatsanwalt Ansgar Martinsohn. Der Angeklagte habe mit seiner Freundin gestritten, „da der Angeklagte eifersüchtig war“, erklärte der Staatsanwalt. Bei dem Streit soll der 41-Jährige, eigentlich ein gelernter Raumausstatter, die Frau mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben, woraufhin die ins Badezimmer flüchtete.
Zwei Stiche, einer hinterrücks, einer von vorn, da ist nicht viel Platz für Notwehr.
Der 46-Jährige, der sich zuvor mit der Freundin in ihrem Zimmer auf dem Bett sitzend unterhalten haben soll, soll versucht haben, bei dem Streit zu vermitteln und die Frau zu schützen, las der Staatsanwalt aus der Anklage vor. Dabei kam es zum Streit zwischen den beiden Männern und der 41-Jährige griff ein Kochmesser mit 22 Zentimeter langer und 4,2 Zentimeter breiter Klinge. „Damit stach er mit Wucht auf den Mann ein“, schilderte Ansgar Martinsohn die Sicht der Staatsanwaltschaft. Ein Stich ging hinten durch einen Ledergürtel ins Gesäß. Der zweite, tödliche, ging in den linken Brustkorb.
Kurz nach der Tat hatte der Angeklagte erklärt, dass er in Notwehr gehandelt habe. Was der Vorsitzende Richter Volker Wagner bezweifelte. „Zwei Stiche, einer hinterrücks, einer von vorn, da ist nicht viel Platz für Notwehr“, sagte er.
Nach einer 20-minütigen Pause legte der Angeklagte, unterstützt von seiner Verteidigerin Anette Flach, ein Geständnis ab. Der Getötete sei als Gast mit in die WG genommen worden, weil er keinen Schlafplatz hatte, erklärte der Angeklagte. Er bestätigte den Streit mit seiner Freundin und dass er sie mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte. Beim Streit mit dem 46-Jährigen habe dieser ihn zuerst geschubst, so der Angeklagte. Da habe er das Messer genommen, sagte der Angeklagte. „Mit dem habe ich ihm in den Hintern gestochen.“ Der Verletzte soll das Messer selbst rausgezogen haben, aber der Angeklagte sagte, dass er es ihm wieder abnehmen konnte. Dann habe er in den Arm stechen wollen, aber die Brust getroffen.
Opfer wird als beschwichtigend beschrieben
Sozialarbeiter schilderten den Getöteten als beschwichtigend bei Konflikten. Auch in der Drogenszene sei er nicht als gewalttätig aufgefallen. „Wenn Frauen in der Szene einen Konflikt hatten, ging er dazwischen“, sagte ein Sozialarbeiter. Meistens verbal, aber er habe auch geschubst.
Der Prozess wird am Mittwoch, 7. Juni, um 9 Uhr fortgesetzt.