Porträt zur OB-Wahl: Kerstin Lau (Uffbasse)

Fühlt sich in ihrem aufgeräumten Zuhause in Eberstadt wohl: Kerstin Lau. Foto: Andreas Kelm
© Andreas Kelm

Die Oberbürgermeisterkandidatin Kerstin Lau von Uffbasse ist die einzige Frau, die ihren Hut bei der Darmstädter OB-Wahl in den Ring wirft. "Geld soll nicht in Prestigeobjekte...

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DARMSTADT. Kerstin Lau hat es gerne aufgeräumt - sowohl zuhause als auch in ihrem Kopf. Ersteres ist sofort klar, wenn der Besucher einen Fuß in den Flur ihrer großen, hellen Eberstädter Wohnung setzt, zweiteres, wenn er sich eineinhalb Stunden mit ihr unterhalten hat.

Die Oberbürgermeisterkandidatin von Uffbasse ist die einzige Frau, die ihren Hut bei der Darmstädter OB-Wahl in den Ring wirft. "Und ich bin erst die vierte weibliche Kandidatin, die in Darmstadt jemals angetreten ist." Vorgängerinnen waren Daniela Wagner, Ruth Wagner und Brigitta Bischoff, zählt Lau auf.

Entspannt sitzt sie an dem regnerischen Vormittag an dem Teakholz-Esstisch im Wohn-Ess-Zimmer, das neben einem großen Ledersofa, einem antiken Schreibtisch ("ein Erbstück meiner Mutter"), einem Teakholz-Couchtisch sowie Buffet, drei Lampen und einem Fernseher möbel- und schnörkellos ist. Sehr wohnlich ist es trotzdem mit dem flauschigen Teppich, dem gestrickten Sitzkissen, Holzskulpturen auf dem Fensterbrett und den Gemälden des Künstlers Mitsch Schulz aus Fränkisch-Crumbach.

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"Wir müssen ein Gegengewicht zur AfD bieten"

In ihrer Wohnung ist die 45 Jahre alte Fraktionsvorsitzende von Uffbasse glücklich, hier lebt sie mit ihren 13 und 16 Jahre alten Söhnen. An der Pin-Wand hängen Fotos der beiden Jungs, am Kühlschrank ein handgeschriebener Stundenplan des Jüngsten. "Der Ältere organisiert sich inzwischen weitestgehend alleine."

Organisiert ist auch sie, denn neben dem Job als Personalreferentin ist die 45-Jährige für ihre Kinder da - und engagiert in der Partei, für die sie am 19. März antritt. "Wir müssen ein Gegengewicht zur AfD bieten. Es wäre nicht nachvollziehbar gewesen, nicht zu kandidieren." Dass sie die einzige Frau ist, sieht Lau "relativ neutral". Wahlentscheidungen würden nicht nach Geschlecht, sondern nach Inhalten getroffen.

Ein klein wenig kokettiert sie dennoch mit ihrem Alleinstellungsmerkmal: Auf dem Wahlplakat posiert sie in eng anliegendem, grell-gelben "Kill-Bill"-Outfit à la Uma Thurman als Anspielung darauf, dass in dem Film von Quentin Tarantino eine Frau die Hauptrolle spielt und ihren Weg geht in einer von Männern dominierten Welt. "Das lässt sich auch auf die Politik übertragen."

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"Geld soll nicht in Prestigeobjekte gesteckt werden"

In der Darmstädter Politik spielten "Leuchtturmprojekte" eine zu große Rolle. Warum solle man zehn Millionen Euro für die Landesgartenschau ausgeben und sich um die Mathildenhöhe als Weltkulturerbe bewerben "solange wir sanierungsbedürftige Schulen und Straßen oder zu wenige Radwege haben?" Warum stünden plötzlich 800.000 Euro für den Karolinenplatz bereit? "Geld soll nicht in Prestigeobjekte gesteckt werden, die auf Außenwirkung zählen, sondern in solche, die Darmstadt stärken", sagt sie.

Auch sei die Verwaltung zu stark mit Themen beschäftigt, die letztlich nicht umgesetzt werden. Als Beispiel nennt sie das Klimaschutzkonzept, das 130 Maßnahmen umfasst. Dafür stünden 40.000 Euro im Haushalt bereit - "klar, dass sie nicht umgesetzt werden." Zu ihren Hauptanliegen zählt die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für mittlere Einkommen. "Wir müssen verhindern, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus Darmstadt zu drängen." Bei größeren Neubauprojekten müsse für Investoren verpflichtend sein, 25 Prozent Sozialwohnungen und 20 Prozent geförderte Wohnungen für mittlere Einkommen zu bauen. Und wie soll as bezahlt werden? "Im Etat ist dafür genug Geld vorhanden, es fehlt aber der Mut, klare bindende Entscheidungen zu treffen."

Beim Thema Verkehr plädiert sie für eine Straßenbahn in den Ostkreis und gegen die Lichtwiesenbahn. "Da wird Lobbypolitik gemacht", auch seien Alternativen nicht ausreichend geprüft worden. Sie favorisiert mehr Ringbuslinien und Vergünstigungen beim RMV.

Für neues Fußballstadion am bisherigen Standort

Klar, dass der Lilien-Fan Lau auch eine klare Meinung zum Böllenfalltorstadion hat. Sie hält am Traditionsstandort fest, "weil die vier Alternativen keine echten Alternativen sind". Wenn erst die Kosten für die Infrastrukturmaßnahmen auf dem Tisch lägen, seien die Alternativstandorte sowieso wieder passé.

Bei der Diskussion um das "Bölle" sei vieles unglücklich gelaufen, auch das Gespräch mit den Anwohnern, sagt die OB-Kandidatin. Mit Bürgerbeteiligung sei nicht gemeint, sie im Vorfeld über bereits gefällte Entscheidungen zu informieren, sondern Bürger anzuhören und ihre guten Ideen verstärkt zu berücksichtigen. "Dieses Potenzial muss stärker ausgeschöpft werden."